Blutträume
Dani bekam Kopfschmerzen. Sehr starke. Nie zuvor war sie ohne Pause derart an ihre Grenzen gegangen, und vor allem nicht mit solcher Intensität.
Marc tauchte genauso unvermittelt aus dem Rauch auf wie die anderen beiden und griff nach ihrer Hand. In der anderen hielt er eine automatische Pistole.
Moment. Die Leute vom Sheriffdepartment tragen Revolver, oder nicht?
»Wohin jetzt?«, fragte er. »Bei dem Rauch kann ich überhaupt nichts sehen.«
Und wieso stört mich das, wo Marc doch gar nicht hier sein sollte? Was zum Teufel macht Marc hier?
Hollis beantwortete seine Frage. »Dani führt uns.«
Er blickte mit absolut professioneller Miene auf sie herunter, doch seine Augen waren besorgt und sanft. »Mir war schon immer klar, dass die schöne Assistentin der wahre Magier ist«, stellte er fest. »Wie der Mann hinter dem Vorhang des Zauberers. Wohin, Dani?«
Eine Woge von Benommenheit, von nahezu verzweifelter Verunsicherung schwappte über sie hinweg. Hier stimmte etwas nicht, stimmte in so vieler Hinsicht nicht.
So sollte es überhaupt nicht ablaufen!
Dann fragte Bishop: »Sie wissen nicht, auf welcher Seite sie sind?«
»Nein. Tut mir leid.« Ihr war, als würde sie sich ständig bei diesem Mann entschuldigen, seit sie ihn kannte. Zum Teufel, das tat sie ja auch.
Hollis runzelte die Stirn. An Bishop gewandt, sagte sie: »Na toll. Wunderbar. Du bist paragnostisch blind, der Sturm hat alle meine Sinne verwirrt, und wir befinden uns in einem riesigen, brennenden Gebäude ohne einen verdammten Grundriss.«
»Deswegen ist Dani ja hier.« Seine bleichen, wachsamen Augen waren auf ihr Gesicht gerichtet.
Dani kam sich absolut unzulänglich und schrecklich verwirrt vor. »Ich – ich weiß nicht – Ich weiß nur, dass er irgendwo da unten ist.«
»Und Miranda?«
Der Name versetzte ihr einen seltsamen kleinen Schock, und einen Herzschlag lang hatte sie das wirre Gefühl, dass etwas nicht stimmte, nicht zusammenpasste.
Wieso sollte Miranda dort sein? Ich habe sie gewarnt. Ich habe sie gewarnt, und sie ist nach Boston zurückgekehrt, um bei Bishop zu sein. Er ist aber hier, er gehörte schon immer dazu. Nur sie sollte nicht dazugehören.
Und … wo ist Paris?
Wo ist Paris, und wieso besitze ich ihre Fähigkeiten?
»Dani?« Bishops Gesichtsausdruck wirkte noch gequälter.
Miranda. Er hat nach Miranda gefragt.
Und sie hatte eine Antwort für ihn. Gewissermaßen. »Sie ist nicht – tot. Noch nicht. Sie ist der Köder, das wissen Sie. Sie war schon immer der Köder, um Sie in die Falle zu locken.«
»Und Sie«, ergänzte Bishop.
Darüber wollte Dani nicht nachdenken. Brachte es aus Gründen, die sie nicht erklären konnte, auch nicht fertig.
Wieso kann ich nicht darüber nachdenken? Was habe ich getan, dass sich so viel geändert hat – und auch noch die falschen Dinge?
»Wir müssen gehen. Sofort«, hörte sie sich drängen. »Er wird nicht warten, diesmal nicht.« Und er ist nicht der Einzige.
Das Gespräch hatte nur ein paar Minuten gedauert, dennoch war der Rauch dichter geworden, das Knistern des Feuers lauter, und die Hitze noch intensiver.
»Uns läuft die Zeit davon, in jeder Hinsicht.« Marcs Finger schlossen sich fester um Danis. »Seit Wochen ist es knochentrocken, und dieses Gebäude wird lichterloh brennen. Ich habe es durchgegeben.«
Bishop fluchte leise. »Marc …«
»Keine Bange, sie wissen, dass es sich um eine Geiselnahme handelt, und werden nicht stürmen. Aber sie können ihre Schläuche auf die Außenseite richten und versuchen, andere Häuser in der Nähe zu retten.« Er hielt inne und fügte dann hinzu: »Bin ich der Einzige, der den Verdacht hegt, dieser Schweinehund hat das Ganze bis ins letzte Detail geplant, einschließlich der Tatsache, dass diese Bude eine Zunderbüchse ist?«
Voller Bitterkeit erwiderte Hollis: »Nein, Sie sind nicht der Einzige. Wir richten uns nach seinem Zeitplan, wie früher auch schon, wie immer. Wir machen alles, was er von uns erwartet, wie brave kleine Soldaten.«
Hat sie das vorher auch gesagt? Ich glaube nicht, dass sie das gesagt hat.
Bishop machte kehrt und ging in Richtung der südlichen Ecke des Gebäudes. »Ich übernehme diese Seite. Ihr drei geht zur östlichen Ecke.«
Dani überlegte, ob auch er sich vom Instinkt leiten ließ, fragte Hollis jedoch nur: »Ihn kümmert es nicht, nach wessen Zeitplan wir uns richten, nicht wahr?«
»Falls dagegen anzugehen hieße, eine Minute auf dem Weg zu Miranda zu verlieren? Nie im Leben. Das
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