Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
Vom Netzwerk:
Jäger-Hauptquartier erleichterte Tonys Leben
erheblich. Zwei Tage lang hatte sie sich wie eine Laus im Pelz fremder Menschen
gefühlt. Das kleinere Schlafzimmer in Johanns Unterkunft kam ihr, damit
verglichen, wie ein Zuhause vor. Sie fand sogar im Nachttisch den Satz
Tarotkarten wieder, den sie bei ihrem ersten Aufenthalt liegen gelassen hatte.
Außerdem gelang es ihr ein paar Kleidungsstücke aufzutreiben, die alles andere
als chic, aber zumindest nicht gestohlen waren.
    Es beruhigte sie, dass die Menschen, die sie im Verlauf
ihrer Flucht bestehlen mussten, Entschädigungen erhielten. So bekam die
Familie, die ihnen an Heiligabend unfreiwillig Unterschlupf gewährt hatte,
ihren Van generalüberholt und professionell gereinigt zurück. Zusätzlich ließ
Johann den Sterblichen eine großzügig bemessene Summe zukommen. Sie würden
glauben, das Geld in einer Lotterie gewonnen zu haben.
    Die Gefahr war noch lange nicht ausgestanden. Zwar stand die
Organisation der Jäger geschlossen hinter Johann, doch die Position des Rates
war unversöhnlicher denn je. Und das, obgleich Johann alle zwanzig Gardisten,
die Zeuge von Marius Geständnis geworden waren, freiließ und zu ihrem
Dienstherrn zurückschickte. Marius erklärte sich sogar bereit, persönlich mit
Antonius Enrique zu sprechen. Der Ratsvorsitzende lehnte das allerdings kategorisch
ab.
Auch gegenüber Jeremias, der sich mittlerweile ebenfalls in Frankfurt aufhielt,
verweigerte Antonius jedes Entgegenkommen. Er bezichtigte ihn sogar, Marius
einer Gehirnwäsche unterzogen zu haben.
Jetzt, zwei Nächte nach ihrer Ankunft, wimmelte das Hauptquartier förmlich von
Bluttrinkern und einer ganzen Reihe Gefährtinnen. Aus mehreren europäischen
Ländern waren Jägergruppen angereist, als hätten sie nur auf einen Startschuss
gewartet. Vermutlich war das sogar der Fall. Die Anfeindungen des Rates gegen
Johann werteten seine Kollegen, ebenso wie Jeremias, als Angriff auf ihre
Organisation. Und sie hatten weit mehr als moralische Unterstützung im Sinn.
Die Vampire waren bis an die Zähne bewaffnet eingetroffen.
Dass sie sich auf einen längeren Aufenthalt einrichteten, bewies die
Anwesenheit der Gefährtinnen.
     
    Als Tony Lukas in einem der labyrinthischen Flure des
Hauptquartiers begegnete, lief sie bereits eine ganze Weile ziellos umher. Sie
fiel ihm um den Hals.
„Ich hab mich doch tatsächlich verlaufen!“
Sie versuchte ein Lachen, hörte aber selbst, dass es nicht sehr überzeugend
klang. Lukas hob ihr Kinn, betrachtete ihr Gesicht.
„Hast du geweint?“
Tony schüttelte den Kopf und wich seinem Blick aus.
„Komm mit!“
Lukas zog Tony drei Türen weiter in einen gediegen ausgestatteten Büroraum.
Dort schob er sie in einen Besuchersessel und ließ sich auf der Tischkante
nieder.
„Was ist los?“
„Es ist nichts.“ Sie breitete die Hände aus. Jedenfalls war da nichts, was
Lukas ändern könnte.
„Den ganzen Tag habe ich von Blutlachen im Schnee geträumt. Dann wache ich auf
und bilde mit ein, ich hätte Gina schreien gehört. Deswegen bin ich früh
aufgestanden. Jetzt bin ich müde, was es auch nicht besser macht. – Mach dir
keine Sorgen. In ein paar Tagen bin ich drüber weg. Bestimmt!“
Lukas wirkte betroffen, gab sich zweifellos wieder die Schuld an dem, was ihr
widerfahren war.
„Erzähl mir lieber, was ihr jetzt vorhabt“, lenkte Tony ab. „Gibt es eine Spur
von Etienne und den anderen?“
Lukas schüttelte den Kopf. Seine Besorgnis war ihm deutlich ins Gesicht
geschrieben.
„Wir müssen damit rechnen, dass sie tot sind. Diegos Leute konnten nur
feststellen, dass die Alten Götter das Raven am Abend des
Vierundzwanzigsten verlassen haben.“
Nach dem Rauswurf der Gardisten standen alle deutschen Jäger und Wächter auf
der Fahndungsliste des Rates. Deshalb hatten die Spanier es übernommen, die
Lage in Köln zu sondieren.
„Wahrscheinlich kurz nachdem sie die Nachricht von unserer Flucht erhielten.
Wir können nicht einmal sagen, ob die Gefangenen zu diesem Zeitpunkt noch
lebten.“
„Das tut mir so leid, Lukas!“
Er beugte sich vor, um behutsam ihre Wange zu streicheln.
„Das sollte dir alles nicht so zusetzen.“
Tony lachte leise, ein wenig irritiert.
„Darauf hat niemand Einfluss, weder du noch ich selbst. Ich finde eigentlich,
dass ich die letzten Tage ganz gut weggesteckt habe.“
„Für eine Sterbliche, ja.“
    Tony wusste genau, dass jetzt der richtige Moment wäre, um
Lukas die Antwort auf seine Frage zu geben. Die Frage, die im

Weitere Kostenlose Bücher