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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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Verliese und die Zimmer in den Obergeschossen der Villa.
    „Wir haben Peter?“, knurrte Jeremias. Seine Stimme klang rau
durch die Schmerzen der Verbrennungen. „Ich will ihn sofort sehen. Verdammt
noch mal, was ist hier eigentlich los?“
     
    Sie fanden Etienne mit Ketten gefesselt, die tiefe, durch
das Heilen und wieder Aufreißen verschorfte Male an seinen Hand- und
Fußgelenken hinterlassen hatten. Der junge Bluttrinker lag bewusstlos auf dem
Fußboden eines ansonsten leeren Zimmers im ersten Stock. Jemand hatte das Hemd
über seinem Rücken zerrissen und ihn gefoltert, indem tagsüber die Jalousien
geöffnet wurden. Sein Rücken und seine Arme zeigten Verbrennungen, die
nächtlich teilweise verheilt waren, um sie dann aufs Neue der UV-Strahlung
auszusetzen.
Sein Gesicht war wachsbleich und eingefallen, sein ganzer Körper abgemagert. Um
zu heilen, hätte er zusätzliche Blutmengen benötigt. Aber er hatte
offensichtlich während der ganzen Zeit seiner Gefangenschaft nicht getrunken.
    Arne kniete neben dem geschundenen jungen Mann nieder,
prüfte die Beschaffenheit der pergamentenen Haut auf Etiennes Gesicht und Hals.
„Er ist hochgradig ausgehungert. Wir können ihn nicht losbinden, bevor er nicht
ausreichend getrunken hat. Wenn er uns in diesem Zustand entwischt, könnte er
in der Nachbarschaft ein Gemetzel veranstalten.“
Er blickte zu Johann, der in der Tür stehen geblieben war.
    „Er muss bei Verstand sein, bevor wir ihn befreien“, stimmte
der deutsche Jäger zu. Er drehte sich um und spähte in den breiten, mit
dunkelroten Läufern ausgelegten Flur hinaus.
„Wie viele Wirte habt ihr gefunden?“
    Matthias kam näher, betrachtete scheinbar unbewegt die
erbärmliche Gestalt auf dem Fußboden.
„Wir haben elf Menschen befreit. Vier von ihnen, darunter seine beiden Mädchen,
sind durch Blutverlust geschwächt, aber am Leben. Die übrigen sieben sind
Blutsklaven.“
    Arne verzog das Gesicht. Johann hingegen war kaum
überrascht. Er erinnerte sich noch lebhaft an Zeiten, als es zum guten Ton
gehörte, sich Sklaven zu erschaffen.
    „Drei von ihnen haben durch den Schock, dass ihre Meister
gefallen sind, das Bewusstsein verloren.“
Johann betrachtete Etienne nachdenklich.
„Das trifft sich günstig“, meinte er zu Matthias. „Lass sie herbringen. Eine
weitere Spende wird ihnen keinen Schaden zufügen.“
Matthias nickte zustimmend. Ein Sklave, der bei Bewusstsein war, würde sich mit
Klauen und Zähnen dagegen wehren, einen anderen als seinen Meister zu nähren.
Die Alternative wäre, bisher gänzlich unbeteiligte Menschen aus der
Nachbarschaft zu entführen. Auch Arne hielt Johanns Entschluss für die bessere
Lösung. Die Sklaven würden den Tod ihrer Herren ohnehin nicht lange überleben.
    „Sehen wir uns weiter um“, schlug der Holländer vor und
deutete auf die letzte Tür, auf der gegenüberliegenden Seite des Flurs.
     
    Da Arne die Tür verschlossen vorfand, warf er sich gegen das
massive Eichenholz. Das altmodische Schloss brach aus dem Türblatt heraus.
Dahinter verbarg sich kein Zimmer, sondern eine Treppe, die ins Dachgeschoss
führte. Der Jäger verharrte kurz am Fuß der Stiege und lauschte in die
Dunkelheit über ihm.
„Ein Bluttrinker und ein Mensch.“
Arne nickte seinem Kollegen zu. Dicht gefolgt von Johann stieg er geräuschlos
die steilen Stufen hinauf.
    In früheren Zeiten hatten sich hier oben vermutlich Räume
der Dienerschaft befunden. In den leeren Kammern war es eisig und klamm. Der
altmodische Kohleofen, den sie entdeckten, war kalt. Ohne Nahrung konnte Kälte
auf Dauer sogar einem Bluttrinker gefährlich werden, da seinem Körper die
Energie fehlte, sich zu wärmen. Sie öffneten mehrere Türen. Teilweise waren die
Zimmer dahinter noch mit einfachen, wurmstichigen Möbeln ausgestattet. Andere
hatte man im Laufe der Jahre mit dem verschiedensten Gerümpel vollgestopft.
    Schließlich öffnete Johann eine fensterlose Kammer. Ein
erstickter Schreckenslaut klang ihm entgegen. In der Dunkelheit konnte er den
Menschen deutlich ausmachen. Die Hände und Füße waren mit Stricken an ein
hölzernes Bettgestell gefesselt. Die fleckige Matratze sah aus und roch, als
hätten seine Gefängniswärter sich nicht die Mühe gemacht, ihn regelmäßig auf
die Toilette zu lassen. Hose und Hemd waren schmutzig und zerrissen. Das zuvor
sorgfältig gepflegte, halblange Haar hing ihm als wirrer Filz ins Gesicht. Ohne
auf seine blutig gescheuerten Handgelenke zu achten, versuchte er, sich so

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