Bluttrinker (German Edition)
für Etienne immerhin
noch eine störende Irritation, hatten die meisten seiner Kameraden kaum zur
Kenntnis genommen. Überraschen konnte ihn das nicht. So war es immer gewesen.
Alle Bluttrinker besaßen die Fähigkeit, die Gedanken und
Gefühle ihrer Beute, der Menschen, zu lesen. Lukas schien der Einzige zu sein,
der sich nicht dagegen wehren konnte. Während seine Kameraden sich anstrengen
und konzentrieren mussten, um die Empfindungen der Sterblichen zu erkennen,
stürmten diese Wahrnehmungen ununterbrochen auf ihn ein, wenn er sich nicht
bewusst abschirmte. Was ihm besonders bei negativen Gefühlen, wie Schmerz und
Angst, nur selten vollständig gelang.
Die Bezeichnung, die seine Lehrer für diese spezielle Begabung parat
hatten, erschien ihm wie ein übles Schimpfwort .
Hypersensitiver Telepath!
Sina rückte näher an Lukas heran und ihre sehnsüchtige
Berührung riss ihn aus seiner Grübelei. Über seine Schwäche konnte er ein
andermal nachdenken. Dieses Mädchen war wirklich ein Leckerbissen und er war
noch lange nicht mit ihr fertig.
Lukas schlang den Arm um Sinas Schulter, beugte sich über
sie – und keuchte gequält.
Rot glühender Schmerz, schlimmer als beim ersten Mal. Und diesmal hörte die
Qual nicht auf! Sie zuckte durch seine Nerven, brannte sich in seinen Geist.
Er schnappte nach Luft, kämpfte mit seinen Barrieren. Unmittelbar nach einem so
intimen Moment fiel es ihm besonders schwer, sich zu verschließen.
Der Schmerz nahm kontinuierlich an Intensität zu.
Was, zur Hölle, geht da vor?
Lukas hatte keine Ahnung, was er tun wollte, als er über die Rückenlehne des
Sofas sprang. Er wusste nur, er musste es beenden.
Innerhalb einer Sekunde stand er vor der Matratze, auf der sich Peter mit einer
der Prostituierten niedergelassen hatte.
Peter hockte auf der Kante, die Hosen auf Halbmast. Seine
Blutwirtin kniete vor ihm, den Kopf in seinen Schoß gesenkt.
Das war es nicht, weswegen Lukas mitten in der Bewegung erstarrte. Ungläubig fixierte
er das Feuerzeug in Peters Hand.
Es war eines dieser Sturmfeuerzeuge, die erst ausgingen, wenn das Benzin zu
Ende war. Auch verbrannte man sich nicht so leicht die Finger, wenn man sie
lange brennen ließ. Und das tat Peter.
Die Sterbliche zwischen seinen Beinen gab keinen Mucks von sich, machte
keinerlei Anstalten zu entkommen. Daran hinderte sie die Kontrolle, die Peter
über ihren Körper und Geist ausübte.
Woran er sie nicht hinderte, war den Schmerz zu empfinden, während er die
Flamme des Feuerzeugs über ihren Oberarm lecken ließ.
Lukas Blick wanderte von dem feuchten, roten Fleck
verbrannter Haut zu Peters verschwitztem Gesicht. Peter war kein starker
Telepath, doch durch den Körperkontakt musste er den Schmerz der Sterblichen
ebenso intensiv fühlen wie Lukas.
Peter hob den Kopf. Die ungenierte Mischung aus Lust und Verschlagenheit, mit
der er Lukas angrinste, gab diesem den Rest. Lukas wusste nicht mehr, dass er
von anderen Bluttrinkern und einer ganzen Reihe Sterblicher beobachtet wurde,
hatte seine Umgebung vollständig vergessen. Seinen Schädel füllte ein Summen
wie von einem Hochspannungsmast.
Er packte die Frau an der Schulter, zog sie von Peter herunter und schubste sie
auf das Ende der Matratze, wo sie willenlos liegen blieb.
Seine Hände schienen ein Eigenleben zu entwickeln, umklammerten Peters Nacken
und hoben ihn hoch. Er zappelte in Lukas Griff. Seine Erektion erschlaffte in
Rekordzeit.
Peter kam auf der Matratze zu stehen, dennoch überragte Lukas ihn. Die weit
aufgerissenen Augen heizten seinen Zorn nur noch stärker an. Lukas erkannte
seine eigene Stimme nicht wieder.
„Was glaubst du, was du da tust?“ Er hielt Peter im Würgegriff. Es war nicht
möglich, einen Bluttrinker durch Erwürgen zu töten, aber das Gefühl des
Erstickens wirkte verdammt echt.
Nur am Rande bemerkte Lukas, dass Josh, splitternackt wie er
war, aufsprang, um nach dem Feuerzeug zu grapschen. Es war bedenklich nah bei
einem Häufchen Kleidung gelandet, als Peter es fallen ließ.
„Du willst wissen, was Schmerz ist? Komm das nächste Mal zu
mir! Ich zeige dir, wie Schmerz sich anfühlt, du miese Ratte.“
Etienne traf den richtigen Ton. Autoritär genug, um Lukas zu
erreichen, aber so ruhig, dass seine Aggressionen sich nicht gegen ihn
richteten.
„Es ist in Ordnung. Lass ihn los.“ Die Stimme des Freundes übertönte das Summen
in Lukas Schädel. Erst jetzt registrierte er, wie der Freund ihn an den
Schultern festhielt und er bemerkte Marek, der
Weitere Kostenlose Bücher