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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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er
ihn bewusst auflaufen?“ Lukas schüttelte ratlos den Kopf.
„Nein. So darfst du dir das nicht vorstellen. Natürlich konnte Peter am Anfang
nicht wissen, dass aus Ricardo ein Junkie würde. Das ist ganz unterschiedlich.
Manche scheinen geradezu immun gegen die Blutgier zu sein. Und ich habe noch
nie gehört, dass es jemanden so schnell erwischt hat. Aber die Alten Götter
haben Verwendung für arme Schweine wie ihn.“
„Jan, es läuft mir eiskalt den Rücken runter, wenn ich höre, dass du einen
Abtrünnigen als armes Schwein bezeichnest!“
Lukas hatte Etienne noch nie so blass um die Nase gesehen und er vermutete,
dass er selbst nicht besser aussah.
„Wie soll ich ihn sonst nennen? Einer wie Ricardo ist schon tot, er weiß es nur
noch nicht. Ricardo ist in Abwesenheit zum Tod im Sonnenlicht verurteilt
worden, nicht wahr?“ Die Frage war an Johann gerichtet, der bedächtig nickte.
„Sobald er seine Nase sehen lässt, schnappen ihn die Jäger. Und dabei ist er
seit über drei Jahren spurlos von der Bildfläche verschwunden. Hast du dich nie
gefragt, wie er das schafft?“
„Er könnte überall stecken, oder?“, entgegnete Etienne. „Irgendwo im Süden zum
Beispiel. In einer von diesen Städten, um die Slums wie Pilze aus dem Boden
schießen. Oder in irgendeinem Krisengebiet, in dem sowieso ständig Menschen
sterben und keiner weis warum.“
„Nein, Etienne“, widersprach Jeremias entschieden. „Das ist nicht so einfach,
wie du dir das vorstellst. Es ist wahr, dass wir in solchen Gegenden nicht die
gleiche Arbeit leisten können wie hier in Europa. Trotzdem würden den Jägern
dort die unkontrollierten Attacken eines Abtrünnigen nicht entgehen. Jemand
hilft Ricardo, wo auch immer er sich aufhält. Und die Alten Götter gehören in
einem solchen Fall zu den üblichen Verdächtigen.
Jan hat recht. Sie haben Verwendung für eine von Gier geschüttelte Marionette,
wie Ricardo eine geworden ist. Und sie haben keine Hemmungen ihn zu benutzen.
Für sie ist er ein Schwächling. Er kann mit dem, was ihrer Meinung nach unsere
eigentliche Bestimmung ist, nicht umgehen. Sie versorgen ihn, solange sie ihn
brauchen können.“
„Aber wofür?“
Jeremias blickte von dem fassungslosen Etienne zu Jan. „Das ist genau die
Frage.“
Jan schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, Jeremias. Darauf weiß ich keine
Antwort. Ich würde es euch sagen, dir und Johann, wenn ich es wüsste. Und sei
es nur, weil ich hoffe, dass ihr uns irgendwie aus diesem Schlamassel
raushelfen könnt.
Tut mir leid, Etienne. Es ist meine Schuld. Helmar hat sich offenbar
entschlossen, Sorge zu tragen, dass ich keinen Erfolg habe, wenn ich mich
außerhalb seiner Clique stelle.“
„Wir werden tun, was wir können, Jan. Ich werde mir das nicht so schnell
verzeihen!“ Jeremias ließ sich neben Etienne in ein Plüschsofa sinken. Er
wirkte bestürzt. „Das alles hat sich direkt vor meiner Nase abgespielt. Es ist
nicht zu fassen.“
„Nicht einmal du kannst ständig in unsere Köpfe sehen.“ Jan zögerte, bevor er
dumpf fortfuhr: „Vielleicht wäre es in Zukunft klüger, Leute wie mich oder
Peter nicht mehr aufzunehmen.“
Jeremias schüttelte entschieden den Kopf. „Aber genau deswegen habe ich euch
aufgenommen! Oder glaubst du, es wäre dir alleine gelungen, dich vom Einfluss
deines Vaters zu befreien?“
„Ich bin dir dankbar für jede Nacht, die ich nicht zu Hause verbringen musste.
Das kannst du getrost glauben.“
    „Ich verstehe, dass du dir Vorwürfe machst, Jeremias“, bemerkte
Johann. „Aber es war klar, dass du dir mit dieser Schule eine undankbare
Aufgabe aufhalst. Wir können alle froh sein, dass es nie so weit kam, wie
einige dir zu Anfang prophezeit haben.“
Gegen seinen Willen musste Jeremias grinsen, nahm Johanns Ablenkung an. Er
fühlte die fragenden Blicke seiner ehemaligen Schüler auf sich ruhen.
„Damals hielten viele es für eine sehr gefährliche Idee, an die fünfzig
halbstarke Bluttrinker in einem Gebäude unterzubringen. Die meisten glaubten,
meine Schüler würden sich nur gegenseitig an die Gurgel gehen, statt etwas zu
lernen. Mir wurde sogar vorausgesagt, die ganze Bande würde sich eines Tages
zusammenrotten und mich in Stücke reißen.“
„Ich schätze es hilft, dass du älter als die Pyramiden bist“, sinnierte
Etienne. „Autoritätstechnisch, meine ich.“
    „Kann ich mich darauf verlassen, dass ihr mich nicht ans
Messer liefern werdet?“ Jans Stimme klang, als hätte ein Teil von ihm mit
seinem Leben

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