Bluttrinker (German Edition)
auf seinem Stuhl herum. „Es stinkt mir,
hier mit eingeklemmtem Schwanz herumzusitzen, Lukas, es stinkt mir gewaltig.
Und den anderen geht es genauso. Wenn wir wenigstens vernünftig ermitteln
könnten!
Ich spreche für uns alle, wenn ich dich bitte, deinem Vater auszurichten, dass
seine Jäger geschlossen hinter ihm stehen. Verstanden? Was auch immer er zu tun
entscheidet. Die Wächter sind auch dabei. Hier gibt es niemanden, der nicht
wüsste, dass es zum Himmel stinkt.“
„Ich werd´ ihm das ausrichten. Aber er will vor allem, dass ihr jetzt die
Nerven behaltet!“
Lukas wusste, sein Vater vertraute darauf, dass seine Leute
sich zusammenrissen und auf ihn hörten. Solange Johann auch nur die Spur einer
anderen Möglichkeit sah, würde er die direkte Konfrontation mit dem Rat meiden.
Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass der Rat
Abtrünnige deckte und versuchte die Jäger zu schwächen, stand die Welt am
Beginn eines Vampirkrieges, wie es ihn seit dem Mittelalter nicht gegeben
hatte. Die Gefahr für das gesamte Volk der Bluttrinker wäre größer als je zuvor
in der Geschichte.
Zwar waren die Menschen vergangener Jahrhunderte eher bereit gewesen, an
Vampire zu glauben. Aber sie waren kaum in der Lage, die in vielfältiger Weise
überlegenen Unsterblichen zu bedrohen. Genau das war heute, aufgrund des
technischen Fortschritts, anders geworden.
Das beinahe unhörbare Geräusch der sich senkenden Türklinke
war kaum an Matthias Ohr gelangt, als der Laborbericht vom Bildschirm
verschwand und der Archivdatenbank Platz machte.
„Akten die, sagen wir mal, älter sind als 1950 sollten generell einen Stock
tiefer untergebracht werden. Wenn wir das durchziehen, haben wir wieder für die
nächsten Jahre Platz.“
Matthias beherrschte seine Gesichtszüge perfekt, aber in seinen Augen brannte
Wut. Ohne anzuklopfen betrat Marius sein Büro und baute sich vor dem
Schreibtisch auf. Im Schlepptau hatte er einen schlaksigen jungen Burschen,
jünger als Lukas, in der schwarzen Montur der Ratsgardisten.
Marius bedachte Lukas mit einem missbilligenden Blick. „Was
macht dieser junge Mann hier?“
„Ich bin grade dabei, ihm eine Archivarbeit zuzuweisen. Du hattest angeordnet,
dass die Anwärter uns nicht im Weg rumstehen sollen.“
„Du bist ...?“
„Mein Name ist Lukas Trautmann, Marius. Ich bin jetzt in meinem dritten Monat
hier.“
„Hast du in dieser Zeit bereits Urlaub gehabt?“
„Die vergangen drei Tage, Marius.“
„Hast du noch irgendwelche Urlaubsansprüche?“
„Den Anwärtern steht ein Tag pro Monat zu“, schaltete Matthias sich ein.
„Na schön“, Marius wedelte mit der Hand herum, als wollte er Lukas verscheuchen
wie eine lästige Fliege. „Du erhältst zwei Wochen bezahlten Sonderurlaub, der
nicht von deiner Ausbildungszeit abgezogen wird.
Vermerke das, Matthias!
Ich erwarte, dass du das Hauptquartier innerhalb der nächsten Stunde verlässt.
Wir haben im Augenblick keine Zeit für Schulungsmaßnahmen. Dein Kollege erhält
ebenfalls Urlaub. Unterrichte ihn entsprechend, bevor du dich selbst auf den
Weg machst.“
Obwohl er damit gerechnet hatte, dass Marius ihn früher oder
später aus dem Weg haben wollte, hätte er nicht erwartet, dass der Mann derartig
zielstrebig vorging. Immerhin war seine Rechnung aufgegangen. Marius hatte
keine Ahnung, dass Trautmann der Name von Johanns Gefährtin war. Aber Nachnamen
spielten in der Welt der Bluttrinker ohnehin keine große Rolle.
Es gelang Lukas ein Lächeln auf seine Lippen zu heften und
respektvoll den Kopf zu neigen.
„Verstanden, Marius. Ich danke dir“, fügte er hinzu, bemüht, seine Stimme
erfreut klingen zu lassen, als wäre er tatsächlich naiv genug, von der
unverhofften Freizeit begeistert zu sein. Bevor er den Raum verließ und die Tür
hinter sich schloss, hörte er noch Marius nächsten Satz.
„Quentin ist ab sofort dein persönlicher Sekretär ... „
Da seine Aufklärungsmission im Hauptquartier ein abruptes
Ende gefunden hatte, beeilte sich Lukas, seine wenigen Habseligkeiten
einzusammeln. Sergej schaffte es dennoch, sich vor ihm aus dem Staub zu machen.
Lukas sah die Rücklichter seines Wagens auf der schmalen Zufahrt verschwinden,
als er grade im Begriff war, das Gebäude zu verlassen.
Unvermutet trat ihm ein hünenhafter Ratsgardist in den Weg.
„Das Ding bleibt hier!“, knurrte der Mann und griff nach der
Mappe, in der sich Lukas Notebook befand.
Lukas beherrschte sich mühsam.
In der Regel achteten Bluttrinker peinlich
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