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Blutvertrag

Blutvertrag

Titel: Blutvertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Ihnen den Tod wünscht«, sagte er, »und trotzdem sind Sie nicht überrascht.«
    »Es gibt Leute, die jedermann den Tod wünschen. Wenn man so weit ist, sich darüber nicht mehr zu wundern, dann kann einen kaum mehr etwas überraschen.«
    Der Blick ihrer grünen Augen war so direkt und intensiv, dass er Tims verborgene Gedanken aufzutrennen und auseinanderzufalten schien wie auf einem Seziertisch liegende Gewebeschichten. Dennoch wirkte er nicht wie ein kaltes Starren, sondern freundlich.
    »Ich frage mich, weshalb Sie so mit der Sache umgegangen sind.«
    Da Tim diesen Kommentar als Missbilligung oder Argwohn deutete, sagte er: »Ich wüsste nicht, welche Alternativen ich gehabt hätte.«
    »Sie hätten die Zehntausend behalten können.«
    »Dann hätte jemand nach mir gesucht.«
    »Vielleicht auch nicht. Aber jetzt wird das sicher jemand tun. Außerdem hätten Sie dem Killer einfach mein Foto samt dem Geld geben und sich aus der Sache heraushalten können. Dann hätte sich alles so entwickelt, als wären Sie nie da gewesen.«
    »Und dann … wo wäre ich dann hingegangen?«
    »Zum Abendessen. Ins Kino. Nach Hause, um sich ins Bett zu legen.«
    »Hätten Sie das getan?«, fragte Tim.
    »Das interessiert mich jetzt nicht. Was mich interessiert, sind Sie.«
    »Ich bin kein interessanter Typ.«
    »Nicht so, wie Sie sich darstellen, nein. Was sie interessant macht, ist das, was Sie verstecken.«
    »Ich habe Ihnen alles gesagt.«

    »Über das, was in der Kneipe vorgefallen ist. Aber … über sich selbst?«
    Der Rückspiegel war auf Tim gerichtet. Bisher hatte er es vermieden, sich selbst in die Augen zu blicken, indem er in die Augen seiner Gastgeberin geblickt hatte. Nun warf er einen Blick auf sein schmales Spiegelbild, schaute jedoch gleich wieder weg und betrachtete den Keramikpapagei, den er mit der rechten Hand umklammerte.
    »Mein Kaffee ist kalt«, sagte er.
    »Meiner auch. Übrigens: Als der Killer die Kneipe verlassen hatte, hätten Sie die Polizei rufen können.«
    »Nicht, nachdem ich gesehen hatte, dass er ein Cop ist.«
    »Die Kneipe liegt in Huntington Beach. Ich wohne in Laguna Beach. Er arbeitet also in einem anderen Bezirk.«
    »Ich weiß nicht, in welchem Bezirk er arbeitet. Sein Wagen war ein Zivilfahrzeug. Er könnte also durchaus hier in Laguna Beach arbeiten.«
    »Aha. Und was nun, Tim?«
    Er musste sie anschauen, und er hatte Angst davor. Dabei wusste er nicht, weshalb und wie sie innerhalb weniger Minuten, nachdem er sie zum ersten Mal gesehen hatte, für ihn zu etwas geworden war, nach dem er sich sehnte oder das er fürchtete. So hatte er sich noch nie gefühlt, und obwohl tausend Songs und Filme ihn darauf programmiert hatten, es Liebe zu nennen, wusste er, dass es keine Liebe war. Er war nicht der Typ, der auf den ersten Blick Liebe empfand. Außerdem gehörte zu Liebe kein tödlicher Schrecken, wie er ihn wahrnahm.
    »Der einzige Beweis, den ich der Polizei hätte geben können, ist das Foto von Ihnen«, sagte er. »Und das ist kein Beweis. «
    »Das Nummernschild des Zivilfahrzeugs«, erinnerte sie ihn.
    »Das ist auch kein Beweis, sondern nur eine Spur. Ich kenne allerdings jemand, der nachforschen und mir den
Namen des Fahrers besorgen kann. Jemand, dem ich vertraue. «
    »Und dann?«
    »Das weiß ich noch nicht. Ich werde mir schon was ausdenken. «
    Ihr Blick, den sie kein einziges Mal von ihm abgewandt hatte, besaß die Anziehungskraft eines Doppelmonds und fesselte unweigerlich seine Aufmerksamkeit.
    Während er ihr wieder in die Augen blickte, nahm er sich vor, sich an diesen Moment zu erinnern, an dieses Gefühl des Schreckens, das sich in ihm verknotete und das zugleich aus wilder Begeisterung bestand. Wenn er irgendwann einen Namen dafür fand, würde er begreifen, wieso er plötzlich aus dem Leben, das er kannte – und bewusst angestrebt hatte –, in ein neues eintrat, das er nicht kennen konnte. Womöglich würde er diesen Schritt irgendwann bitter bereuen.
    »Sie sollten dieses Haus noch heute Abend verlassen«, sagte er. »Verkriechen Sie sich irgendwo, wo Sie noch nie gewesen sind. Also nicht bei Freunden oder Verwandten.«
    »Meinen Sie, der Killer kommt hierher?«
    »Morgen oder übermorgen, früher oder später, wenn ihm und dem Kerl, der ihn angeheuert hat, klar wird, was geschehen ist.«
    Sie sah nicht aus, als ob sie Angst hätte. »Einverstanden«, sagte sie.
    Ihr Gleichmut verblüffte ihn.
    Sein Handy läutete.
    Nachdem Linda ihm seinen Kaffeebecher abgenommen

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