Blutvertrag
beruhigte ihn und machte seinen Kopf klar. Krait fühlte sich bemerkenswert hellsichtig.
Mit der linken Hand ergriff er das Fahrrad am Lenker und zog es beiseite.
Auf dem Rasen befanden sich dort, wo das Rad gelegen hatte, zwei helle Flecke. Als er sich hinhockte, um sich die Sache genauer anzuschauen, entdeckte er zwei Kreise aus abgestorbenem Gras mit etwa zehn Zentimetern Durchmesser.
Im Zentrum jedes Kreises war ein dunklerer Fleck. Als er einen davon mit den Fingern betastete, entdeckte er ein Loch im Boden. Die beiden Löcher waren etwa so weit auseinander wie die beiden Stäbe des Schildes im Nachbargarten.
Timothy Carrier hatte gewusst, dass Krait sofort dieses Haus da durchsucht hätte, wenn es offensichtlich unbewohnt gewesen wäre. Für einen Maurer besaß er ungewöhnlich scharfe Instinkte.
Als Krait vom Rasen wieder rückwärts auf den Gehsteig trat, spürte er etwas, das versuchte, unter seiner Schuhsohle wegzurollen.
Das gezackte Licht am Himmel züngelte durch das über den Gehsteig laufende Wasser und liebkoste ein gelbliches Metallobjekt, das sich kurz in Silber verwandelte.
Krait hatte sich gerade gebückt, um es aufzuheben, als ihm der nächste Blitzstrahl ganz in der Nähe einen identischen Gegenstand zeigte. Zwei Neun-Millimeter-Patronen.
Hier erlebte er wieder einen jener Momente, in denen er wusste, dass er sich nicht nur von der Menschheit unterschied, sondern ihr auch überlegen war. Er war tatsächlich insgeheim ein Fürst, und das Schicksal bestätigte seinen Adel, indem es ihm diese unverbrauchten Geschosse präsentierte, als Beweis dafür, dass seine Beute sich an dieser Stelle auf den Boden gekniet hatte.
Damit nicht genug: Womöglich enthielten die beiden verlorenen Patronen ja genau die Kugeln, die Krait verwundet oder gar getötet hätten, nachdem Carrier seine gesamte übrige Munition verbraucht hatte. Vielleicht wies ihm das
Schicksal also nicht nur den Weg zur erfolgreichen Erfüllung dieser Mission, sondern versicherte ihm auch, dass er – zumindest in dieser Nacht – unverwundbar war. Eventuell war er sogar unsterblich, aber das musste sich erst noch herausstellen.
Blitz und Donner schienen ihn zu verherrlichen.
Er steckte die Patronen in seine Hosentasche.
Wenn alles glatt ging und er genügend Zeit hatte, wollte er die Frau zwingen, die Kugeln zu schlucken, bevor er ihr das dämliche Poster in den Schlund stopfte.
Carrier lebendig dingfest zu machen, konnte er nicht riskieren. Der Maurer war zu groß und außerdem unerwartet gefährlich.
Hatte Krait jedoch Glück und konnte Carrier mit einem Schuss ins Rückgrat kampfunfähig machen, dann würde er den Kerl mit Vergnügen zwingen, ebenfalls etwas zu schlucken. Eine Möglichkeit bestand darin, dem Maurer ein ausgesuchtes Stück seiner eigenen Anatomie zu servieren, auf eine Gabel aufgespießt.
28
Da Carrier und die Frau nur wenig Zeit und kein raffiniertes Einbruchswerkzeug zur Verfügung hatten, waren sie bestimmt hinters Haus gegangen, wo man sie von der Straße aus nicht sehen konnte. Dort hatten sie ein Fenster oder eine Glastür eingeschlagen.
Erfolgreich ins Innere gelangt, waren sie entweder ins Obergeschoss gegangen, um sich im Flur zu postieren und von dieser vermeintlich überlegenen Position aus die Treppe zu verteidigen.
Oder sie behielten den Weg – Fenster oder Tür –, durch den sie eingedrungen waren, im Blick, weil sie hofften, Krait erschießen zu können, wenn er ihnen folgte. Als ob er je so durchschaubar vorgegangen wäre!
An der seitlichen Garagentür setzte Krait leise seine geliebte Schlüsselpistole ein.
Drinnen schaltete er das Licht an. Drei Fahrzeuge passten in die Garage, aber momentan stand kein einziges darin.
Hochwertige Wandschränke aus Schichtholz sorgten für Ordnung. Krait zog ein paar Türen auf. Sämtliche Fächer waren leer.
Beweise zur Genüge. Hier wohnte derzeit niemand.
Die Tür zwischen Garage und Haus führte wahrscheinlich in eine Waschküche oder einen ähnlichen Raum. Dort hatten Carrier und die Frau wohl kaum Schutz gesucht.
Krait setzte erneut die Schlüsselpistole an. Das Schnappen und Klicken verlor sich im Lärm des Unwetters. Er steckte das Werkzeug ins Halfter zurück.
Im von der Garage her eindringenden Licht sah er eine Waschküche, die so großzügig gestaltet war, dass sie auch Platz für eine Nähmaschine und einen speziellen Tisch zum Verpacken von Geschenken bot. An die Wand waren mehrere Rollen mit schickem Einwickelpapier
Weitere Kostenlose Bücher