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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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Hand in die Jackentasche und zog das Foto heraus, faltete es auseinander und legte es mitten auf den Schreibtisch, so dass alle es sehen konnten.
    Lars zählte bis zehn. Dann sagte er: »Weder Stine noch irgendjemand sonst hat so etwas verdient … und schon gar nicht darum gebeten.« Er legte einen Finger auf das Foto.
    »Na ja, aber jeder Verteidiger wird das doch vor Gericht versuchen. Wir können uns ebenso gut darauf vorbereiten.«
    »Vor Geschworenen mit diesen Bildern auf der Netzhaut?«, murmelte Toke.
    »Kann ich mir auch nicht vorstellen«, sagte Lars. »Weiter, Lisa.«
    »Darf ich mal …?« Lisa beugte sich über Lars, öffnete am Computer den Browser und tippte eine Adresse ein.
    Die Seite wurde hochgeladen. Die Luft über Lars’ Schreibtisch war so schwer, dass er kaum atmen konnte.
    Ein junges blondes Mädchen in einem kurzen trägerlosen Kleid zog einen Schmollmund und schob ihren Busen mit beiden Händen in Richtung Fotograf. Der Spalt zwischen ihren Brüsten begann direkt unter dem Kinn. Eine Freundin stand hinter ihr und schnitt Grimassen. Der Blitz färbte ihre Pupillen rot. Auf einem Tisch halbleere Flaschen und Gläser.
    »Sieht aus, als wäre Einmeterneunzig mit gelocktem Haar hier nicht so richtig im Bild.« Frank kicherte.
    Lisa legte den Zeigefinger auf die obere Bildschirmhälfte. Direkt über ihrem abgekauten Nagel tanzte Stine mit einem breiten Lächeln und geschlossenen Augen. Sie hatte die Arme hoch über den Kopf gehoben. Hinter ihr stand ein großer Bursche, der beide Hände unter ihre Arme geschoben hatte. Mit den Handflächen nach innen. Das halblange gelockte Haar fiel ihm ins Gesicht.
    »Schwein«, murmelte Lisa.
    »Ach, beruhig dich. Die tanzen doch nur.« Es war Frank.
    »Weiß jemand aus der Disko, wer der Kerl ist?«, erkundigte sich Lars.
    »Einer der Türsteher meint, dass einer seiner Freunde ihn kennt.« Lisa stand auf. »Ich erkundige mich mal, ob er ihn erreicht hat …«

10
    Der schwarze Mondeo glitt in den Kreisel, das Wageninnere dampfte vor Hitze. Sanne beobachtete vom Rücksitz aus das Leben am Halmtorvet, das mondäne Leben auf dem Platz. Gruppen von Müttern in den Cafés, Skulpturen, ein Springbrunnen. Spielende Kinder. So stellte man sich den berüchtigten Kopenhagener Halmtorvet in Kolding eigentlich nicht vor.
    »Überrascht?« Allan lachte neben ihr.
    »Nein, es ist nur …«
    »Wir sind gleich da.«
    Die beiden uniformierten Beamten vor ihnen sagten nichts. Trotzdem war sie sicher, dass sie über sie lachten. Sie wurde rot. Wir sind gleich da, wir sind gleich da, wiederholte sie für sich wie ein Mantra. Konzentrier dich.
    Den gestrigen Tag hatte sie auf der Straße verbracht. Sie hatte das Gebiet überprüft, in dem Mira gewöhnlich anschaffen ging, hatte Prostituierte und die Verkäufer in den Kiosken befragt. Ohne Erfolg. Am Maria Kirkeplads war sie inzwischen gut bekannt, aber niemand hatte wirklich mit ihr geredet. Und wer rechnete eigentlich ernsthaft damit, dass ein Junkie sich erinnern konnte, was an einem bestimmten Tag vor mehr als einem Monat passiert war? Allan hatte den ganzen Tag am Telefon gehangen und versucht, die Bukoshi-Brüder zu lokalisieren. Erst am frühen Morgen war es ihm gelungen.
    Der Wagen verließ den Kreisel und bog wieder zwischen die Häuser ein. Sie überquerten die Istedgade. Vorbei am Private Corner, einem Pornoshop. Ein paar gab es noch.
    »Sie sind in einem albanischen Club, in einem Keller, gleich da vorn. Shqiptarë? Hausnummer 10«, sagte Allan zu dem Beamten am Steuer. »Halt besser hier. Die riechen uns von Weitem.«
    Der Beamte am Steuer nickte und parkte auf der linken Seite der Abel Cathrines Gade vorsichtig hinter einem ramponierten Peugeot. Direkt vor Haus Nr. 14 und den Fenstern eines Video-Kellers. Das Schild im Fenster versprach Private Kabinen . Wieder bekam Sanne rote Wangen. Allan schien nichts zu bemerken. Er gab den Beamten Anweisungen.
    Plötzlich wurde ihr klar, was sie planten.
    »Das geht schief.« Sie unterbrach Allan. »Wenn wir alle gemeinsam hineinstürmen, hauen sie ab. Die sind über den Hof verschwunden, bevor wir auch nur die Treppe erreichen.« Sie schüttelte den Kopf und zeigte auf Allan. »Du steigst hier aus, wir anderen fahren an dem Laden vorbei und parken ein Stück weiter vorn. Wir beiden …«, sie nickte dem Beamten auf dem Beifahrersitz zu, »… gehen durch das Tor da. Sobald wir im Hof sind, geht Allan in den Club. Und du bleibst hier …«, wandte sie sich an den

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