Blutwind
Caroline besser«, sagte sie, zog die Jacke aus und stellte sich an die Tür. »Glücklicherweise hat es sie nicht so erwischt wie die beiden anderen.«
Nun standen ihr nur noch viel zu viele Sitzungen bei einem Psychologen bevor.
Wieder ging die Tür auf. Frank kam herein, gefolgt von Kim A ., der mit drei DVD s wedelte. Er nickte Lars zu. Verhalten, aber immerhin ein Nicken.
»Wir haben was.«
Alle durchfuhr ein Ruck. Frank nahm Kim A . die DVD s aus der Hand und legte die erste in das Laufwerk von Lars’ Computer. Das Büro war erfüllt vom Geräusch polternder Stühle und hastiger Schritte. Die gesamte Ermittlungsgruppe versammelte sich hinter Lars’ Schreibtisch. Nur Kim A . übernahm Lisas Platz an der Tür.
Der Bildschirm zeigte ein Bild des 7-Eleven-Ladens und einen besonders gut beleuchteten Ausschnitt der Nørregade, der Nørre Voldgade und von Nørreport. Die Zeitleiste in der rechten oberen Ecke stand auf 02:11:55 Uhr.
»Das kann doch nicht das Band aus dem 7-Eleven sein?«, sagte Toke.
»Nein«, erwiderte Frank. »Die haben draußen keine Videoüberwachung. Aber die Danske Bank auf der anderen Straßenseite. Und sie waren so freundlich, uns Kopien der Aufnahmen aus den in Frage kommenden Nächten zu überlassen. Seht mal.«
Auf dem Bildschirm erschien Stine Bang mit ihrem Fahrrad. Vor dem Kiosk wurde sie von einer Gruppe Jugendlicher aufgehalten, ein Mädchen umarmte sie. Ein Bursche reichte ihr ein Dosenbier. Sie prosteten sich zu. Blieben stehen, redeten. Die Zeitanzeige lief und lief. Stine trank und redete.
»Ja, das erklärt die verlorenen Minuten«, sagte Toke.
»Sie ist ziemlich lange dort stehen geblieben, eine Viertelstunde. Das ist nicht so interessant, aber passt auf …« Frank spulte vor bis 02:24 Uhr. Stine winkte, schob ihr Fahrrad weiter zum Fußgängerübergang über die Nørregade in Richtung Fiolstræde und verschwand aus dem Blickfeld. Unmittelbar danach lief ihr eine dunkel gekleidete Person nach.
»Spiel das noch mal langsam ab«, sagte Lars. Sein Herz hämmerte. Hier war er, leibhaftig vor ihnen. Der Schatten, den er auf dem Assistens Kirkegård verfolgt hatte.
Franks Finger tanzten über die Tastatur, die Aufnahme spulte zurück. Wieder winkte Stine zum Abschied und schob ihr Rad in einem quälend langsamen Tempo über die Straße. Dann folgte die Gestalt in Zeitlupe.
»Das könnte durchaus schwarzes Sportzeug sein«, sagte Lisa. »Und er hat helle Haare.« Ihre Stimme lag merklich über ihrer normalen Lage. Auch sie stand unter Adrenalin. Lars schaute zu ihr hinüber. Ihre Kiefer bewegten sich, die Augen leuchteten.
»Seht mal, wie merkwürdig er geht.« Toke ging mit dem Kopf auf den Bildschirm zu. »Versucht er, der Kamera zu entgehen?«
»Kaum. Er duckt sich, weil er nicht von der Gruppe am Kiosk gesehen werden will.« Lars legte den Kopf schräg, beugte sich ebenfalls vor. Er wollte unter die Kapuze sehen, die den Kopf bedeckte, er wollte in das abgewandte Gesicht schauen. Aber es ließ sich nicht dechiffrieren. »Okay, mach davon ein Standbild. Das ist vermutlich das Beste, was wir bekommen können, oder?« Frank nickte. »Gut, druck es aus. Schauen wir uns die beiden anderen DVD s an.«
»Wie wollt ihr ihn finden?« Toke nickte in Richtung Bildschirm. Von dem Gesicht war lediglich ein körniger weißer, verschwommener Fleck zu erkennen.
Lars sank auf seinem Stuhl zusammen. Was jetzt? Er ließ den Mediaplayer zurücklaufen. Stines Hand hob die Bierdose vor ihr Gesicht. Wieder und wieder und wieder.
»Stine kennt den Burschen, der ihr das Bier gegeben hat. Vielleicht hat er etwas gesehen?«
Lisa schüttelte den Kopf.
»Wir haben sie gefragt. Sie kann sich an nichts erinnern.«
Lars zupfte an seiner Unterlippe.
»Dieses Bier, da …« Er zögerte. »Frank, Kim A . Ihr müsst noch mal zum Nørreport. Wir brauchen die Überwachungsvideos aus dem Laden.«
»Was sollen uns die denn nützen?« Kim A . verdrehte die Augen.
»Wir brauchen ein Foto von dem, der um diese Zeit das Bier gekauft hat. Hoffen wir, dass der Betreffende mit Karte bezahlt hat.«
37
Sanne schloss die Tür, Allan blieb am Aktenschrank stehen.
»Tja, jetzt heißt es wohl abwarten, bis wir was Neues von der Telefonüberwachung hören.« Er trommelte mit den Fingern auf den Schrank. Ein hohles, metallisches Geräusch in dem kleinen Büro. Sanne setzte sich. Sortierte die Papiere, die sie hatte liegen lassen, als sie zu Ulrik gingen.
»Du, ich muss daran denken … was Justine uns
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