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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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Fiasko.
    Lars blickte über den Schreibtisch, wo der Bericht über die Aktion lag; braune Ringe von unzähligen Kaffeebechern bedeckten die dünne Aktenmappe mit einem psychedelischen Muster. Ein Foto der Bank im Hans Tavsens Park, weiße Kreise, wo Lene sich auf die Bank gestützt hatte, um wieder auf die Beine zu kommen. Hatte er Christian auf einem der Fotos gesehen? Hier? Hastig blätterte er die schiefen Stapel auf dem Schreibtisch durch, dann sah er in die Schublade, riss die Bilder heraus. Ein ansehnlicher Haufen Schwarz-Weiß-Fotos im A4-Format segelte in einem perfekten Bogen durch den Raum und fiel mit trockenem Rascheln auf den Boden. Ein Foto landete auf dem Rand und drehte sich unbeholfen ein paarmal um die eigene Achse, bevor es direkt vor seinen Füßen liegen blieb.
    Die Fotos aus dem Penthouse. Lene tanzte mit den Armen über dem Kopf. Und dort, ganz hinten, in der letzten Reihe an der Bar. Es war nicht genau zu erkennen, aber etwas an den Haaren, an der Art, wie er stand. Die Augen blickten zu Boden, man konnte sie nicht sehen. Aber er könnte es durchaus sein.
    Lars schüttelte den Kopf, warf das Foto auf den Schreibtisch. Was dachte er sich eigentlich? Natürlich war es nicht Christian. Aber wenn doch? Ein Schauder durchfuhr ihn. Das Interesse an dem Würger von Boston, diese morbide Stones-Nummer. Er schielte auf das Bild, zwang sich, den Blick abzuwenden. War das heutzutage üblich? Unterhielt man sich über Serienmörder, wenn man den Vater seiner Freundin zum ersten Mal traf?
    Mit Fingern, die kaum gehorchen wollten, fummelte er eine Blå King’s aus der Schachtel. Öffnete das Fenster. Feuer. Ein tiefer Zug. Das Nikotin entfaltete sich in der Lunge, schoss durch die Blutbahn, traf das Gehirn wie eine Salve Projektile. Sollten sie doch kommen, er pfiff auf das Rauchverbot. Er zupfte sich einen Tabakrest von den Lippen und betrachtete noch einmal das Foto. Wenn …? Er griff nach dem Bild, hielt es zwischen zwei Fingern. Die Größe passte, die Statur. Eine schwarz gekleidete Gestalt. Helle Locken unter der Kapuze.
    Ruckartig erhob er sich, nahm seine Jacke, riss die Tür auf. Er musste es überprüfen.
    Der Vorzimmerbereich war jetzt voller Kollegen, mit einigen hatte er länger zusammengearbeitet, als er sich erinnern mochte. Nicht einer von ihnen blickte auf. Er ließ seinen Blick über die Versammlung gleiten. Frank und Lisa saßen mit Ulriks Sekretärin zusammen, unterhielten sich leise. Toke war nirgendwo zu sehen.
    Er ging auf die grüne Tür zu, lief den Flur hinunter. Am Fuß der Treppe wäre er beinahe mit Sanne zusammengestoßen. Nur ein rasches Innehalten und ihr geschmeidiger Schritt zur Seite retteten sie vor einem Zusammenstoß. Sie sah aus, als hätte sie es eilig.
    »Hej, Lars, ich wollte dich anrufen …« Sie brach den Satz ab.
    Lars fingerte am Geländer.
    »Ich sollte … äh, ja, danke für das Abendessen.« Er schwieg. Nimm dich zusammen. »Es war nett. Maria hatte einen schönen Abend.« Wie hieß ihr Freund, Martin? Vereinzelte Bilder vom Abwasch, von der schweigsamen Taxifahrt mit Maria nach Hause. Er ballte die Faust. Sie hatten einen schönen Abend gehabt.
    »Du … es tut mir leid wegen dieser … dieser Beschwerde, und …« Sanne beendete auch diesen Satz nicht.
    »Na ja, ich hab doch ohnehin meine Versetzung beantragt, also …« Er zuckte die Achseln. »Wo willst du eigentlich hin? In diesem Tempo?«
    »Einen Zeugen verhören. Und du?«
    »Ich muss bei der Gerichtsmedizin vorbei und dann nach Hellerup …« Lars trat auf die nächste Stufe, zögerte. »Ich hatte da so eine Idee.«
    »Wir könnten zusammen fahren. Ich muss nach Gentofte.«
    »Hast du einen Wagen?« Ein wohliger Schauer durchlief ihn vom Nacken bis zum Zwerchfell.
    Sanne gab ihm ein Schlüsselbund.
    »Hier. Mein Fiat 500 steht drüben im Parkhaus. Holst du ihn?«
    Sanne lief die Treppe hinauf, Lars sah ihr nach. Folgte einen Moment den schlanken Beinen und dem strammen Hintern. Dann ging er durch die Tür der Rotunde zum Ausgang und bog um die Ecke der Hambrosgade.
    Der weiße Fiat 500 stand gut versteckt hinter einer Reihe ramponierter und verdreckter Streifenwagen. Im Wagen war es verblüffend sauber. Schlüssel in die Zündung, kuppeln, Gang einlegen. Er rollte vor die Treppe, bremste und öffnete die Beifahrertür in dem Moment, als Sanne aus dem Präsidium stürmte.
    »Pass auf, dass du dich nicht zu sehr stresst. Davon wird man krank.«
    Sanne lachte, warf die Tür zu und schnallte

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