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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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Frelsén schmatzte vor sich hin. »Ich seh’s mir an und gebe dir morgen Nachmittag Bescheid. Aber das lässt sich nicht als Beweis verwenden, dazu braucht’s einen richtigen Test. Andererseits kann ich auf einen Verdächtigen aufmerksam machen – und ich wette, daran bist du interessiert?«
    Der fragende Blick des Gerichtsmediziners war scharf wie ein Skalpell.
    Gentofte. Brogårdsvej Nr. 24. Ein weiß verputztes Haus mit schwarz glasiertem Ziegeldach. Kleine Bäume und große Büsche versteckten das Haus beinahe vor der Straße. Sanne war bereits die Hälfte der Einfahrt hinaufgelaufen, bevor Lars überhaupt ausgestiegen war. Mit zwei Schritten stürmte sie die Treppe zur Haustür hoch und klopfte. Ein Mann in den Sechzigern öffnete. Sein Haar war silbergrau, die Zähne blitzten weiß in dem sonnengebräunten Gesicht. In hellbraunen Hüttenschuhen steckten nackte Füße.
    »Ja, bitte?«
    »Polizei, Herr Lund.« Sanne zeigte ihm ihre Polizeimarke. »Sanne Bissen. Das hier ist mein Kollege Lars Winkler.« Lars kam hinter ihr die Treppe hinauf. »Dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    Bei dem Wort »Polizei« wechselte das offene, lächelnde Gesicht in skeptisches Misstrauen.
    »Worum geht’s denn?« Er drückte die Tür ein paar Millimeter zu. Vermutlich, ohne dass es ihm selbst bewusst war. Lars hielt sich bereit, einen Fuß in die Tür zu stellen.
    »Um die Nacht auf vorgestern. Sie haben um 02:10 Uhr die 112 angerufen und gesagt …« Sanne holte den Bericht heraus. »›Da steht eine Negernutte mitten auf der Fahrbahn und schreit rum, direkt vor meinem Haus.‹ Sie waren wohl ziemlich aufgeregt?«
    »Ach so, die Geschichte.« Die Schultern fielen ein wenig herab. Das Lächeln kam wieder. »Aber Ihre Kollegen sind schon hier gewesen. Es ist selten, dass hier etwas Aufregendes passiert. Und das kam ja dann auch in der Zeitung, also …«
    »Können Sie uns noch einmal genau erzählen, was passiert ist?« Lars räusperte sich. »Wann haben Sie die Frau bemerkt?«
    Lund trat einen Schritt zurück.
    »Kommen Sie doch herein.«
    Sie putzten sich die Schuhe an der Matte ab und betraten den Eingangsbereich, eine kleinere Halle. Eine Buchenholztreppe schlängelte sich links ins obere Stockwerk. Die Stufen waren in der Mitte blankgetreten. Ein langer Teppich führte ins Wohnzimmer. Lund winkte ihnen zu folgen.
    Das Wohnzimmer war größer als üblich und lag parallel zur Straße. Mehrere dicke Teppiche auf dem Boden, ein eingebautes Regal an der längsseitigen Wand. Zwischen den drei Fenstern einige Jagdtrophäen. Lund folgte Lars’ Blick.
    »Nein, das sind nicht meine. Sie gehörten meinem Schwiegervater. Aber sie sind gewissermaßen ein Bestandteil des Hauses.«
    Lars nickte. Sanne stellte sich mit dem Rücken zum Fenster und wiederholte Lars’ Bitte: »Können Sie uns noch einmal genau erzählen, was passiert ist, als Sie das Mädchen sahen, Herr Lund?«
    »Ja, sie war ja nicht zu überhören. Ich habe hier im Sessel gesessen, gelesen und Musik gehört. Mahler, wenn ich mich recht entsinne. Das Mädchen hatte eine Stimme, die direkt durch die Wand und das Orchester ging.«
    Lars blickte aus dem Fenster.
    »Aber von hier aus kann man die Straße nicht sehen?« Büsche und Bäume versperrten vollständig die Sicht.
    »Nicht von diesem Fenster, aber hier …«, Lund ging zum hinteren Fenster, »kann man ein kleines Stück der Straße durch die Zweige sehen.«
    Lars und Sanne stellten sich hinter ihn. Es stimmte, man konnte von hier aus ein gutes Stück des Brogårdsvej überblicken.
    »Es war dunkel, und ich konnte nicht erkennen, wer da draußen stand«, fuhr Lund fort. »Und ich hatte wenig Lust hinauszugehen und möglicherweise niedergeschlagen zu werden. Aber Ihre Kollegen waren ja schnell zur Stelle.«
    »Gleich in der Nähe gibt es ein Polizeirevier«, erklärte Lars und zeigte Sanne mit dem Daumen über der Schulter die Richtung. »Und das Gentofte Hospital liegt auch nur wenige hundert Meter entfernt. Der Krankenwagen war sicher auch ziemlich schnell hier, oder?«
    Lund nickte. »Keine fünf Minuten. Ich habe es mit meiner Uhr überprüft.«
    »Sie sind lange wach, Herr Lund?«
    »Ach, wissen Sie: Wenn man in mein Alter kommt, kann man nur schwer einschlafen.« Lund lächelte. »Da helfen eine Tasse Tee und ein gutes Buch. Und die Musik stört hier ja auch niemanden.«
    Lars nickte und ließ seinen Blick über die Bücher im Regal gleiten. Klassiker, Buchclubausgaben aus den Siebzigern.
    »Und

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