Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)
Li-Zi erst mitzuteilen, dass sie abgeschoben werden würde, nur um sie direkt im Anschluss mit Isa und Ole auf einen Ausflug zu schicken. Nicht, dass die Kleine wieder abhaute.
Und noch etwas anderes hatte ihn beschäftigt. Es arbeitete in Micks Hinterkopf, er fragte sich, ob er Li-Zi die Ausweisung nicht doch irgendwie ersparen konnte. Nicht aus persönlichen Gründen oder wegen letzter Nacht. Zugegeben, Li-Zi hatte etwas an sich, das ihm gefährlich werden konnte. Gleichzeitig war Mick Realist genug, um zu wissen, was Zukunft hatte und was nicht. Die Sache mit Li-Zi hatte keine Zukunft, da war er sich sicher. Isa schien das anders zu sehen. Sie hatte Li-Zi nämlich mindestens genauso aufmerksam beobachtet wie Mick Ole. Wenn auch weniger kritisch. Genau wie Uschi hatte auch Isa schon mehr als einmal durchblicken lassen, dass sie es gut fände, wenn ihr Vater wieder jemanden an seiner Seite hätte. Aber so weit kam’s noch, dass er sich von seiner Tochter verkuppeln ließ!
Mick entdeckte Andreas’ Dienstwagen auf dem Parkplatz und war wenig begeistert. Er hatte gehofft, dass Andreas erst mal seinen Rausch ausschlafen und ebenfalls später kommen würde. Diese Hoffnung hatte sich nun wohl zerschlagen. Da würde er wieder was zu hören bekommen.
Als Mick das Büro betrat, erkannte er jedoch gleich, dass ihn kein Ärger erwartete. Andreas war zwar da, schlief aber seelenruhig, den Kopf auf der Computertastatur. Da lag er offenbar schon etwas länger, denn im offenen Word-Dokument hatte er, beziehungsweise seine Nase, immerhin schon ganze 56 Seiten mit dem Buchstaben »G« angelegt.
Mick überlegte einen Moment, wie er Andreas auf möglichst charmante Art wecken könnte. Sollte er sich eine Kippe anzünden, ohne vorher den Rauchmelder mit der Fernbedienung zu deaktivieren? Der Alarmton hätte Andreas mit Sicherheit schnell aufgescheucht, aber Mick kam etwas Besseres in den Sinn. Wie hatte Dana Andreas gestern noch genannt?
Mick beugte sich ganz dicht an Andreas’ Ohr und flüsterte sanft: »Aufwachen, kleiner Bär. Aufwachen.« Andreas, offensichtlich im Tiefschlaf, stieß einen Grunzer aus, aber das war auch die einzige Reaktion. Mick versuchte es erneut. »Aufwachen, kleiner Bär.«
Ohne dass er die Augen öffnete, fischte Andreas’ Arm jetzt nach Micks Kopf und zog ihn dicht zu sich heran. »Noch fünf Minuten, Dana.«
Mick mochte seinen Partner, aber das war nun doch etwas viel Nähe, zumal Andreas auch noch damit begann, Micks Dreitagebart mit den Lippen zu liebkosen. »Ähm … Andreas?«
Andreas öffnete die Augen. Der Anblick, der sich ihm bot, war nicht der, den er erwartet hatte. Einen Moment brauchte Andreas noch, um sich der Situation vollkommen bewusst zu werden. Wurde das Piksen an seinen Lippen wirklich von Micks Barthaaren verursacht? – Ja, wurde es!
Andreas schreckte hoch. »Was zum Teufel machst du!?«
Mick grinste seinen Partner an, als wäre nichts gewesen. Eine Taktik, die er häufig anwandte, um peinliche Momente zu überspielen. »Na ja, ich wollte nur wissen, wie’s dem kleinen Bärchen heut so geht.«
Andreas’ Blick bekam etwas Skeptisches. Während er sich noch zu fragen schien, woher Mick wusste, wie Dana ihn zu Hause nannte, wischte er sich mit der flachen Hand den Schlaf aus dem Gesicht. »Okay, können wir das mit gestern einfach streichen und vergessen?«
Mick schüttelte den Kopf. Das wäre zu einfach. In einer anderen Sache war er jedoch nachsichtiger. »Jetzt mal im Ernst. Den kleinen Anschlag von gestern haste noch nicht so richtig verpackt, oder? Lass dich krankschreiben und geh nach Hause.«
»Quatsch.« Andreas winkte ab. »Das bisschen Gras ist nicht das Problem. Ich …« Andreas kämpfte mit einem Gähnen und verlor. »Ich hab grad nur ’nen toten Punkt, weil ich heut schon seit vier wieder hier bin.«
Mick ließ sich in seinen Bürostuhl fallen und musterte seinen Partner kritisch. Er verstand nicht. Was hatte Andreas um vier Uhr nachts auf dem Präsidium zu suchen?
»Na, hallo?«, machte sich Andreas daran, die Frage zu beantworten, bevor Mick sie überhaupt gestellt hatte. »Ich muss doch diese Akten digitalisieren, und weil ich da aus ›irgendeinem Grund‹ gestern nicht mehr zu in der Lage war, musste ich halt heute früher ran.«
Jetzt verstand Mick zwar, aber das machte es nicht besser. Es konnte doch nicht sein, dass ein Staatsdiener und Polizist sich einen Zweitjob suchen musste, nur weil er Vater wurde und nicht unbedingt von Tütensuppe
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