Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
machte es eher nervös. Moira saß mit dem Rücken zur Wand, sodass sie den gesamten Raum und die Tür im Blick hatte. Skye und sie hatten sich schon häufiger gestritten, wer diesen Platz bekam, wenn sie zusammen irgendwo hingingen. Anscheinend konnten Polizisten es auch nicht leiden, mit dem Rücken zur Tür zu sitzen. Bisher hatte Moira immer gewonnen, weil sie unerbittlich war: Entweder kriegte sie den Platz, oder sie setzte sich nicht.
Nina platzte gleich mit ihrer Frage heraus: »Sind Sie wirklich eine Hellseherin?«
»Nein.« Das wollte sie jedenfalls nicht hoffen. »Aber Detective Nelson nervte und wollte mir nicht glauben, was ich ihm erzählt habe.«
»Oh ja, das kann ich mir lebhaft vorstellen! Grant ist allerdings ein guter Cop. Ehrlich, ich würde ihm das nie selbst sagen, denn er läuft jetzt schon mit einem gewaltig aufgeblasenen Ego herum, trotzdem ist er einer der besten Detectives, die ich kenne.«
»Sind Sie Staatsanwältin?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich arbeite für die Bezirksverwaltung, Spezialgebiet Arbeitsrecht. Meistens schlage ich mich mit den Gewerkschaften herum. Jedenfalls höre ich viel von den Cops, und Grant genießt einen hervorragenden Ruf – sieht man davon ab, dass er ein Straßenköter ist.«
»Ein Straßenköter?«, fragte Moira verwirrt.
»Er streunt herum.« Nina zwinkerte.
»Ach so.« Diesen Ausdruck dafür kannte Moira nicht. Zumindest bestätigte es das, was Julie erzählt hatte. Falls sie denn irgendetwas glauben konnte, das von Julie Schroeder kam. Nachdem sie Julies Astralleib bei Nadines Selbstmord gesehen hatte, wollte Moira der Hexe einiges sagen, und das meiste war nicht gerade druckreif.
»Warum haben Sie mit Grant gesprochen? Weil Sie gestern versucht haben, der armen Frau zu helfen?«
»Teils.« Moira überlegte, wie viel sie der Anwältin erzählen durfte. »Kann ich Ihnen zuerst ein paar Fragen stellen?«
»Nur zu! Ich verspreche Ihnen aber nicht, dass ich antworte. Schließlich bin ich zur Verschwiegenheit verpflichtet.«
»In Ordnung. Was für Unterlagen haben Sie dem Detective gegeben?«
»Eine Akte, die ich von einem Privatdetektiv bekommen habe. Carson Felix war spitze in seinem Job. Ich engagierte ihn schon früher, ebenso wie die Polizei, wenn jemand gebraucht wurde, der Informationen beschaffen konnte oder so. Deshalb wusste ich, dass ich ihm vertrauen kann. Angeblich hat er vor zwei Monaten Selbstmord begangen. Ich glaube aber eher, dass er zum Schweigen gebracht wurde.«
»Schweigen worüber?«
»Sie glauben es mir wahrscheinlich nicht. Grant hat mir kein Wort geglaubt.«
»Sie würden staunen, was ich alles glaube.«
Nina sah sie misstrauisch an. »Wer sind Sie?«
»Ich bin Expertin für Sekten und Kulte.« Moira blieb der Einfachheit halber bei dem, was Skye sich für sie ausgedacht hatte, zumal es offenbar funktionierte.
Nina beugte sich vor. »Wirklich? Sind Sie Psychologin oder Psychiaterin?«
»Nein, ein früheres Kultmitglied.«
Die Anwältin zog beide Brauen hoch. »Sie kommen mir überhaupt nicht wie jemand vor, der sich leicht manipulieren lässt.«
»Meine Mutter führte eine okkulte Gemeinschaft an. Ich bin vor Jahren weggelaufen. Und ich möchte verhindern, dass andere auf ihre Lügen hereinfallen.«
Nina nickte mitfühlend, was Moira nicht behagte. Sie wollte kein Mitgefühl. Sie wandte den Blick ab und nippte an ihrem Tee. Er war nicht so gut wie richtig frisch aufgebrühter Tee, aber annehmbar.
»George Erickson und mich verband eine enge Freundschaft. Na ja, irgendwann wurde sie sehr eng, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wir liebten uns bereits eine ganze Weile, bevor er erstmals sein Ehegelübde brach – sofern man von einem solchen sprechen kann.«
Julie hatte behauptet, die offene Ehe hätte nur für Pam gegolten, doch Moira fragte lieber nach: »Nelson sagte, die Ericksons hätten eine offene Ehe geführt.«
»Offen für Pamela Erickson, nicht für George. Sie betrachtete ihn als ihr Eigentum und behandelte ihn auch so. George war vermögend, genoss hohes Ansehen und Respekt in dieser Stadt, und beides gewinnt man nicht leicht, sage ich Ihnen. Jeder mochte George. Er war ein fantastischer Anwalt, hat sich für seine Mandanten ins Zeug gelegt.«
»Und seine Frau ist …?«
»Ein Flittchen?« Nina neigte sich noch weiter vor und flüsterte: »Oder eher eine Hexe.«
Nina testete sie. Moira trank von ihrem Tee. »Meinen Sie das metaphorisch, oder denken Sie an eine Hexe, die Zaubersprüche murmelt
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