Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
dass der Dämon ihre Seele berührte.
Ihre Mitschuld am Tod jener Männer, die ihr Zirkel geopfert hatte, lastete schwer auf ihrem Herzen. Sie hatte nie für falsch gehalten, was sie tat, bis sie miterlebte, was mit Nadine passierte. Wie schrecklich sie gestorben war. Julie hatte versucht, ihrer Freundin zu helfen, hatte aber nichts für sie tun können. Und nun wusste sie nicht, wie sie sich selbst retten könnte. Grant würde sterben, denn unmöglich konnte sie ihm helfen, wenn diese Kreatur in ihrem Körper steckte!
Ihr blieb keine Zeit, sich etwas zu überlegen, und nur ein einziger Gedanke kam ihr: Astralprojektion. Sie musste ihren Geist von ihrem Körper trennen.
Als der Dämon nach ihr griff, stahl ihr Geist sich lautlos aus dem Körper. Bisher hatte sie es noch nie geschafft, sich ohne ein beruhigendes und reinigendes Ritual auf die Astralebene zu begeben, aber sie hatte geübt, war immer schneller und besser geworden. Inzwischen konnte sie länger auf der Astralebene durchhalten, in jener unsichtbaren Schicht zwischen Unterwelt und Himmel.
Ihr Körper sackte zwischen Pam und Nicole zusammen.
»Sie ist ohnmächtig«, vermutete Pam.
»Schade, ich hätte zu gern gesehen, wie ihre Seele in Fetzen gerissen wird! Verräterische Schlampe!« Zu dem Dämon sagte Wendy: »Sie gehört dir.«
Julies Geist beobachtete alles von außerhalb des Hauses. Ihr bewusstloser Körper wurde von der übersinnlichen Dämonenkraft in die Geisterfalle gesogen und neben Ike gelegt. Er versuchte sich aufzurichten, sank aber gleich wieder nach unten und blieb regungslos liegen.
Der Dämon legte sich auf Julies Körper. Für einen kurzen Moment dachte sie, er hätte Sex mit ihr. Dann aber erbebte das Haus, und der Dämon wurde zu einer dichten dunkelgrauen Wolke, die sich um Julies Körper legte. Ike, der sich offenbar nicht bewegen konnte, schrie, und Julies Körper erhob sich. Sie lächelte.
»Ich mag diesen Leib«, erklärte der Dämon. »Er ist sehr bequem.« Er zog sich aus und legte sich auf Ike.
»Nein, bitte!«, flehte Ike heiser.
»Jetzt kann ich zu Ende bringen, was ich angefangen habe«, kündigte der Dämon in Julies Körper an und küsste Ike.
Julie sah entsetzt zu, wie der Dämon ihn vergewaltigte, während Ike schrie und Wendy anflehte, ihm zu helfen. Die aber schaute nur leise lächelnd zu.
Dieses grausame Miststück! Wie konnte sie Ike, den sie seit Jahren kannte, das antun? Was hatte Wendy so unsagbar böse gemacht?
Julie war nicht in der Lage, es aufzuhalten. Sie konnte nicht verhindern, dass der Dämon Ikes Seele aus dessen Leib sog. Hilflos sah sie mit an, wie ein hellgrauer Nebel aus Ikes Mund aufwaberte. Die Kreatur holte tief Luft, saugte Ike das Leben aus und zeigte dabei einen Gesichtsausdruck, als stünde sie un mittelbar vor dem Orgasmus. Für einen Moment verdunkelte ihre Gestalt sich, schimmerte kurz, dann sah sie wieder wie Julie aus, nur mit einer finsteren Aura.
»Ich bin gesättigt«, erklärte der Dämon. »Lass mich frei, dann schließe ich den Auftrag ab.«
Julie wartete nicht, bis der Dämon aus der Falle gelassen wurde, weil sie nicht wusste, ob er sie sehen könnte oder was er dann mit ihr machen würde. Stattdessen flog sie auf, über das Tal und die Highways hinweg. Wo sollte sie hin?
Alles, was sie wusste, war, dass ihr wenig Zeit blieb. Ihr bisher längster Aufenthalt auf der Astralebene hatte einen halben Tag gedauert. Wie ihre Überlebenschancen danach standen, konnte sie nicht einschätzen.
Ebenso wenig wie das, was mit ihr geschah, wenn sie in ihren Körper zurückkehrte.
Es gab nur einen Menschen, den sie um Hilfe bitten konnte, doch das dürfte ohne Körper schwierig werden.
So oder so, sie musste Moira O’Donnell finden.
DREIUNDZWANZIG
R afe stand vor dem Polizeigebäude und telefonierte mit Anthony. Er wollte nicht, dass jemand mithörte, auch wenn andere eher hätte verwirren dürfen, was sie redeten.
Innerhalb von zehn Minuten erzählte er Anthony, was seit ihrer Ankunft in Los Angeles gestern Morgen geschehen war. »Du siehst also, dass wir in einer Sackgasse stecken. Der Exorzismus, mit dem wir es letzte Nacht versucht haben, wirkte nicht.«
»Hast du nicht gesagt, der Dämon hätte sein Opfer ver lassen?«
»Ja, aber das ging sehr schnell, als hätte er es von sich aus getan. Wir haben es mit einer der sieben Todsünden zu tun, und die sind, wie gefallene Engel, sehr viel mächtiger als die meisten Dämonen.«
»Bist du sicher?«
»Ja.«
»Was meint
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