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Blutzeichen

Titel: Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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mir zwischen den Bäumen ein kurzer Blick aufs Wasser vergönnt. Als ich schließlich in einiger Entfernung meinen Briefkasten und die hohen Pinien sah, die meine Auffahrt wie Wächter säumten, fuhr ich an den Straßenrand und schaltete den Motor aus.
    Ich ging den ungepflasterten Straßenrand der Loblolly Lane entlang, bis ich vor meinem Briefkasten stand. Meine Kiesauffahrt war gepflastert worden, und in knapp 200 Metern Entfernung standen am Ende der Auffahrt Autos vor meinem Haus, deren Chromteile das warme Licht der Verandabeleuchtung reflektierten. Ich war erstaunt, dass jemand die Frechheit besaß, sich in dem Haus eines mutmaßlichen Serienmörders einzunisten. Wie konnten sie nachts schlafen? Kam es ihnen nie in den Sinn, dass Andrew Thomas eines Tages nach Hause kommen könnte? Ich wette, sie hatten mein Haus für einen Apfel und ein Ei bekommen.
    Ich lief ein Stück die Auffahrt hoch, doch dann besann ich mich eines Besseren. Ich blieb auf dem glatten Straßenbelag stehen, atmete den Pinienduft ein und erinnerte mich, wie ich im Dezember vor zehn Jahren mit Beth und Walter diese Auffahrt entlanggegangen war, um als Vorbereitung für eine Weihnachtsparty Windlichter aufzustellen.
    Während ich auf mein altes Zuhause starrte, dachte eine Hälfte von mir: Scheiß auf diesen Ort. Ich bin jetzt ein anderer Mann. Doch die andere Hälfte wollte auf der Holzterrasse stehen und hinüber auf den Norman-See und das blaue Licht von Walter Lancings Stegende sehen; wollte so tun, als könne er einfach so in das Haus 811, Loblolly Lane, schlendern und die Treppe nach oben in das alte Schlafzimmer gehen. Und wenn er am Morgen aufwachte, vielleicht wäre er dann wieder der alte Schriftsteller. Vielleicht könnte er seinen Namen zurückhaben. Vielleicht würden seine Mutter und Walter noch leben und die Ereignisse der letzten sieben Jahre wären nur Szenen seines letzten Romans gewesen.
    Er wünschte sich einfach dieses Gefühl zurück, wie flüchtig es auch sein mochte, Andrew Thomas, der fast berühmte Schriftsteller, zu sein, für den der eigene Name das höchste Gut bedeutete.
     
    Am Morgen nahm ich die I-40 und hinter Raleigh den Highway 64 in Richtung Osten, der durch die flachen Küstenebenen North Carolinas und durch Städte wie Tarboro, Plymouth und Scuppernong führte. Bei Sonnenuntergang überquerte ich den Alligator River und die Buchten von Croatan und Roanoke. Der östliche Zipfel North Carolinas erstreckte sich zum Atlantik hin als flache Marsch- und Sumpflandschaft.
    Der Highway endete an den Outer Banks in der Stadt Whalebone, und von dort konnte ich den Bodie-Island-Leuchtturm sehen, der im Süden aus den Kiefern herausragte. In Verbindung mit Orsons Tagebucheinträgen löschte die Tatsache, dass meine ehemalige Verlobte an diesem Leuchtturm erhängt worden war, jeden meiner Zweifel aus, dass Luther Kite zurzeit hier an den Outer Banks sein Unwesen trieb.
    Ich fuhr den Highway 12 siebzig Meilen in südlicher Richtung durch die Küstenorte Rodanthe, Little Kinnakeet, Buxton und schließlich Hatteras Village.
    Um 21.00 Uhr nahm ich die Fähre nach Ocracoke Island und ging Steuerbord auf und ab, während die lauten Motoren gurgelnd das Wasser durchpflügten.
    Ich war noch nie auf der Insel Ocracoke gewesen. Nach der Broschüre, die ich an einer Tankstelle in Buxton mitgenommen hatte, handelte es sich um eine schmale, sechzehn Meilen lange und zum Teil weniger als eine halbe Meile breite Insel. Die siebenhundert Einwohner lebten in einem Dorf an der Südspitze um einen kleinen Hafen herum, der zum Pamlico Sound hinausging. Die Broschüre verkündete stolz, dass es sich um den malerischsten, freundlichsten Ort der gesamten Outer Banks handele.
    Während die Fähre Hatteras Inlet kreuzte, kam mir angesichts Karens öffentlicher Exekution ein äußerst beunruhigender Gedanke, und die vernichtende Realität dessen, was ich tat, wurde mir klar: Was, wenn meine Reise zu den Outer Banks keine Überraschung für Luther ist, sondern genau das, was er will? Was, wenn diese Morde für mich gedacht waren? Was, wenn sie ein Köder waren?
    Inzwischen näherte sich die Fähre der Spitze von Ocracoke und der Wind wehte kalt und salzig vom Meer herüber.
    Ich lehnte mich gegen die Reling und starrte hinaus über ; den dunklen Sund.

Ocracoke
     
     
    »Es ist nicht spät, es ist nur dunkel.
    Und mehr dahinter, als du sagen willst.
    Wie sah er aus –?«
     
    »Wer es auch war;
    Ich kann heut Nacht nicht ruhn,
    Bevor ich

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