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Blutzeichen

Titel: Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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die Landkarte sah.
    Ich war seit Jahren nicht mit Blicken angemacht worden, es war ein wunderbares Gefühl, vor allem, da sie von dieser’ bezaubernden jungen Frau kamen.
    Ich hob eine Auster hoch und biss ab. Ausgezeichnet – salzig und knusprig.
    Ein Stuhl quietschte.
    Ich blickte auf und sah, wie die Blondine sich erhob und auf mich zukam. Ihre Absätze hallten auf den Dielen.
    Sie blieb an meinem Tisch stehen und lächelte liebenswürdig nervös auf mich herab.
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie störe«, sagte sie. »Könnte ich mir wohl Ihre Meerrettichsauce ausleihen?« Ihr Akzent war eindeutig. Sie stammte aus meiner alten Heimat, aus Piedmont in North Carolina.
    »Klar. Ich brauche sie nicht.«
    Als sie die Flasche nahm, sah ich, dass sich ihre Brust unter der Jacke hob.
    »Ich sehe, Sie essen auch Austern«, sagte sie und holte plötzlich tief Luft.
    »Köstlich, nicht wahr?«
    Sie strich sich ihre kurzen, strohblonden Haare hinter die Ohren, während ihr Blick auf die Karte von Portsmouth und wieder zurück zu mir wanderte.
    »Sind Sie von Ocracoke?«, fragte sie.
    »O nein. Ich bin nur zu Besuch hier.«
    »Ich auch«, sagte sie immer noch merkwürdig außer Atem. »Ich auch. Also, danke für den Ketschup, ich mein’ die Meerrettichsauce.«
    Während sie zurück zu ihrem Tisch ging, sah ich, dass neben ihrem Teller eine volle, bereits geöffnete Flasche Meerrettichsauce stand.
    Als ich darüber nachdachte, wie sie mich zum ersten Mal angeschaut hatte, fügten sich mir plötzlich alle Puzzlesteine zusammen.
    Das war kein anmachender Blick.
    Sie hatte mich erkannt.

39. Kapitel
     
    Vi ging zurück zu ihrem Tisch, dabei hämmerte ihr Herz so wild in ihrer Brust, dass sie kaum atmen konnte.
    O Gott! Er ist es. Iss irgendwas, damit er keinen Verdacht schöpft, dass du es weißt.
    Sie zwang sich, eine Auster zu essen, und tat alles, um nur nicht zu Andrew Thomas zu schauen. Eines der Fotos in ihrer Tasche war digital verändert worden und zeigte ihn mit langen Haaren und ungepflegtem Bart.
    Der fünf Meter entfernt sitzende Mann mit der angegrauten Haarmatte war sein lebender Doppelgänger.
    Scottie Myers durchquerte mit ihrem Hauptgericht den Wintergarten – Fisch des Tages, geschwärzter Tümmler. Er stellte den Teller vor Vi ab und sagte: »Ich glaube, dieser Fisch schmeckt Ihnen besser als alles, was Sie bisher gegessen haben. Los – probieren Sie mal. Sagen Sie mir, was Sie davon halten.«
    Vi gelang es, Scottie anzulächeln. Sie nahm einen Bissen und sagte: »Stimmt, einfach köstlich, Mr Myers.« So, und nun geh wieder zurück, Scottie. Bleib bloß nicht hier stehen und sprich mit mir. Wenn du erwähnst, dass ich Detective bin. »Ja, nicht wahr? Ich kenne den Fischer, der ihn gefangen hat.«
    »Das ist wundervoll«, antwortete sie.
    »Hören Sie, ich hab über das, worüber wir gesprochen haben, nachgedacht, und dieser Luther-Typ – «
    »Einen Moment, Scottie«, sagte Vi und stand auf. »Könnten Sie mir bitte den Weg zur Damentoilette zeigen?«
    »Oh, klar. Gehen Sie durch diese Tür, sie ist ganz hinten in der Ecke, hinter dem Billardtisch. Alles in Ordnung, Miss?«
    Vi ging durch die Flügeltür in den Speisesaal, bemüht, nicht hastig zu wirken, während sie gleichzeitig dachte: Ich habe keine Befugnis, Andrew Thomas in Ocracoke festzunehmen. Soll ich es trotzdem machen? Nein. Sergeant Mullins anrufen. Ihm erzählen, was hier vor sich geht. Und dann 911 wählen. Das Hyde County Sheriff’s Department herholen. Mit einer Waffe in Schach halten, während ich warte. Du musst zurückgehen und schnell sein. Dich auf ihn werfen. Stillhalten! Polizei! Auf den Boden! Krieg ihn dazu, sich mit den Handschellen an den Heizstrahler zu fesseln.
    Sie betrat den schmutzigen Toilettenraum, dessen Wände mit NASCAR-Plakaten voll hingen. Ihre Hände zitterten so stark, dass sie kaum den Reißverschluss festhalten konnte. Während sie vor einem gesprungenen Spiegel stand, öffnete sie den Reißverschluss der Barbourjacke. Die rostfreie .45er glänzte im harten fluoreszierenden Licht durch das Schulterholster. Sie fasste in ihre Taschen, fand aber kein Handy. Ihr fiel ein, dass es auf dem Beifahrersitz des Cherokee lag.
    Alles in Ordnung. Er hat noch nicht Verdacht geschöpft. Geh einfach raus und ruf Mullins vom Cherokee aus an. Nein, Andrew Thomas wird sehen, wie du den Pub verlässt, ohne bezahlt zu haben. Vielleicht springt er auf. Sieh zu, dass du ihn als Erstes auf den Boden kriegst. Dann lass Scottie vom

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