Blutzeichen
gotischen Stil und verglichen mit den Ruinen auf der anderen Seite des matschigen Pfads in hervorragendem Zustand.
Ich drückte gegen die Tür und sie ging auf.
Ich schob die Kommissarin hinein und schloss die Tür hinter uns.
Die Stille im Kirchenraum war Furcht einflößend. Ich konnte den alten Staub auf den Kirchenbänken riechen. Regen klopfte gegen die Fensterscheiben. Dielen knarzten unter unserem Gewicht. Mauern stöhnten, als der Wind durch sie hindurchfuhr.
Ich führte Violet zur vordersten Bank und half ihr, den tropfenden Poncho auszuziehen. Ich befahl ihr, sich hinzusetzen. Sie war im Schockzustand, keine Frage, ihr schwarzer Rock und die Bluse triefnass.
Ich öffnete den Hüftgurt meines Osprey-Rucksacks und lehnte ihn gegen die Bank. Nachdem ich den Reißverschluss des unteren Fachs geöffnet hatte, holte ich einen zusammengerollten Schlafsack heraus. Dann rollte ich die Luftmatratze auf dem Boden aus und legte den Schlafsack darauf.
Ich kniete mich vor Violet.
»Hey.« Ich tätschelte ihre Knie. Sie schaute mich mit glasigem Blick an. »Violet, wir müssen deine nassen Sachen ausziehen.« Sie schüttelte mit klappernden Zähnen den Kopf. »Kann ich dir helfen, dich auszuziehen? Hier, lass mich – «
»Nein!«
Sie zuckte zurück.
Ich griff nach ihren Armen.
»Lass das!«, sagte ich. »Ich werde dir nicht wehtun! Bestimmt nicht. Ich weiß zwar, dass du keinen Grund hast, mir zu glauben, aber du hast auch keine andere Wahl.«
Sie starrte mich einfach nur an.
Ich ließ ihre Arme los, öffnete die Schnürsenkel ihrer Stiefel und half ihr, sich hinzustellen. Sie öffnete den Verschluss ihres Rockes und ließ ihn fallen. Ich zog ihr die nasse Strumpfhose und ihre Bluse aus und warf sie ans Ende der Bank. Ich streifte meine Regensachen und meine Fliesjacke ab, die ich ihr anbot. Sie machte mir ein Zeichen, dass ich mich wegdrehen sollte, und zog die weiche Jacke an.
Ich führte sie zum Schlafsack. Ich weiß nicht, warum sie mir vertraute. Vermutlich der Schock, wirre Gedanken. Ich schloss die Luftschlitze und öffnete den Reißverschluss des Mumienschlafsacks. Sie stieg hinein und ich zog den Reißverschluss bis oben hin zu.
Sie zitterte immer noch. Ich legte mich neben sie auf die kalten Dielen.
Wir schwiegen eine Weile.
Ich lauschte auf den Sturm, der draußen tobte, und sah durch die Bogenfenster ein Stück Himmel und die einbrechende Dunkelheit. Ich starrte hinauf an die hohe Decke der neunundachtzig Jahre alten Kirche. Schlichte, aber angenehme Architektur. Ich stützte mich auf einen Ellbogen und schaute hinab auf Violets blasses Gesicht.
»Wird es wärmer?«, fragte ich.
»Noch nicht.«
Meine Waffe… ihre Waffe lag auf der Bank in unserer Nähe. Es wurde schnell dunkel.
»Hab keine Angst«, sagte ich. Sie beobachtete mich. Im schwindenden Licht konnte ich die Farbe ihrer Augen nicht mehr erkennen. Vielleicht grün. Emerald.
Der Wind heulte inzwischen.
»Violet, ich werde dir nichts tun. Das schwöre ich. Du weißt, dass ich Andrew Thomas bin, nicht wahr?«
Gott, es war merkwürdig, diesen Namen wieder auszusprechen. Es war Jahre her.
Sie nickte bestätigend. Ihr Zittern war schwächer geworden.
»Ich hätte nie jemanden in Howards Pub verletzt. Ich muss dir das sagen und du musst mir glauben. Ich hätte auch Charlie nichts getan. Oder dir. Aber ich musste diese Dinge sagen, denn du hast mich in eine schwierige Lage gebracht.
Ich weiß nicht, was du über mich denkst. Was du in den Zeitungen gelesen oder in den Nachrichten gesehen hast. Aber ich werde dir jetzt etwas erzählen und das werde ich nur einmal tun. Ich bin nicht das, was du denkst. Ich habe diese Morde vor sieben Jahren nicht begangen. Ich habe meine Mutter nicht umgebracht. Wir beide sind aus dem gleichen Grund auf die Outer Banks gekommen.«
»Ist Luther Kite der Mörder?«, fragte sie mit immer noch schwacher und undeutlicher Stimme.
»Er war an einigen Morden beteiligt, aber ich weiß nicht, in welchem Ausmaß. Mein Bruder, Orson Thomas, war der wahre Mörder.«
Ich schloss die Augen. Tränen stiegen in mir auf. Der Regen lief die Glasscheiben entlang. Draußen herrschte Dämmerung. Dämmerung in der Kirche. Diese Sache hatte sieben Jahre an mir genagt, und nun war ich kurz davor, einer völlig verängstigten Polizistin, die ich mehr oder weniger entführt hatte, alles zu erzählen.
Ich stand auf und ging zwischen den Bänken entlang zu einem der Fenster. Draußen, zwischen diesen Häuserruinen, bewegte
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