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Blutzeichen

Titel: Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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führen ließ.
    Ich konnte mich nicht entscheiden, was ich mehr fürchtete: Luther zu finden oder ihn nicht zu finden.
    Schließlich traten wir aus dem Dickicht heraus und erreichten den Rand einer offenen Marschlandschaft.
    Ich flüsterte Violet zu, sie solle anhalten.
    Wir hatten die Ruinen erreicht.
    Direkt neben dem Pfad bemerkte ich die Überreste eines Hauses – ein halb zerfallener Steinkamin, umgeben von vermoderten Brettern. Andere Überbleibsel des Dorfes waren überall im angrenzenden Wald verteilt. Mitten aus dem Morast ragte ein Kamin aus Ziegelsteinen empor, aber von dem Haus, das er vor über einem Jahrhundert gewärmt hatte, war nichts mehr zu sehen.
    Ich forderte Violet auf, weiterzugehen.
    Der Pfad folgte einem schmalen Landstreifen durch das Feuchtgebiet. Während wir weitergingen, hörten wir weit entfernt gelegentlich Platschen und Quaken über dem Wasser.
    Nun, hinter den Dorfruinen stehen noch einige alte Jagdhütten.
    Ich hörte Charlies Stimme und dachte an den Absatz aus Orsons Tagebuch:
     
    Sagte, es gäbe da diese Hütte auf einer einsamen Insel, die ideal sei für das Verabreichen von Schmerzen.
     
    Wir betraten das Dickicht auf der anderen Seite. Krüppelkiefern statt immergrüner Eichen. Nicht ganz so undurchdringlich.
    Der Pfad teilte sich und Violet blieb stehen.
    »Welchen Weg?«, fragte sie flüsternd.
    »Ich bin nicht sicher. Lass uns weiter nach Süden gehen.«
    »Wonach genau suchen wir?«
    »Nach einer Art Jagdhütte.«
    »Ich glaube nicht, dass außer uns noch jemand auf der Insel ist, Andrew.«
    »Ja, das überlege ich auch gerade.«
    Wir gingen weiter Richtung Süden, die Luft war jetzt vom Duft nasser Kiefern erfüllt und kalt genug, um unseren Atem als kleine Wolken sichtbar werden zu lassen.
    Es war kurz nach neun, als der Pfad endete. Wir standen am Rande eines breiten Sumpfgebiets, das Portsmouth von Evergreen Island trennte. Ich erinnerte mich daran, diese Stelle auf der Karte gesehen zu haben, und mein Herz rutschte mir in die Hose. Wenn die Hütte der Kites auf Evergreen stand, müssten wir im Ufergebüsch eine halbe Meile nach Osten wandern und den Sumpf über das Wattenmeer umrunden, das diese Inseln miteinander verband. Das würde die ganze Nacht dauern.
    Im Osten konnte ich sehen, dass das Sundwasser nach einigen Hundert Metern ins Watt abfloss. Das Meer lag hinter den weit entfernten Dünen versteckt.
    »Sieh mal«, flüsterte Violet.
    Ich drehte mich um und schaute zurück in den Wald.
    »Kannst du es sehen?«
    Zwischen den Kiefern blinkte ein kleines orangefarbenes Licht auf. Es konnte von einem Schiff im Sund stammen. Oder einem Kugelblitz.
    »Lass uns gehen«, sagte ich. »Zieh deine Kapuze runter, damit du besser lauschen kannst.«
    Violet rollte ihre Kapuze nach hinten und schob ihre Haare hinter die Ohren.
    Wir verließen den Pfad und durchquerten die Kiefern auf der Suche nach dem Licht. Der Schlamm unter unseren Füßen saugte unsere Stiefel immer mehr an, aber das Licht kam nicht näher. Ich hatte die entsetzliche Vorahnung, dass es plötzlich ausgehen würde und wir abseits des Pfades in völliger Dunkelheit stünden.
    Wir gingen jetzt schneller durch den Kiefernwald und endlich schien die orangefarbene Lichtquelle näher zu kommen.
    Ich holte die .45er aus der Innentasche meiner Regenjacke.
    »Ich kann es sehen«, sagte Violet.
    Wir duckten uns zwischen Oleandergebüsch.
    Am Ende einer kleinen schwarzen Bucht stand zwischen einigen immergrünen Eichen eine kleine Holzhütte. Durch das einzige Fenster schien das Licht einer Laterne oder einer Kerze (auf jeden Fall einer natürlichen Feuerquelle). An einem schmalen Steg war ein Boot vertaut.
    »Ist es das?«, fragte Violet.
    »Keine Ahnung.«
    Wir gingen weiter. Unter meinen Regensachen war ich mittlerweile schweißnass.
    Als wir bis auf knapp zwanzig Meter an die Hütte herangekommen waren, zog ich Violet hinter einen Baum und flüsterte ihr ins Ohr: »Warte hier und beweg dich nicht.«
    Ich entsicherte die .45er und bewegte mich lautlos auf das Gebäude zu.
    Auf halbem Wege hielt ich inne und lauschte in die Dunkelheit.
    Der Wind war abgeflaut, bis auf das Klopfen in meiner Brust war es völlig still um mich herum. Ich kroch bis zum Fenster, doch da die Hütte auf Holzpfählen stand, konnte ich nicht hineinsehen.
    Nachdem ich dreimal tief Luft geholt hatte, ging ich bis zu den Stufen, die zur einzigen Tür der Hütte führten.
    Auf dem oberen Absatz blickte ich über die Schulter und sah Violet

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