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Blutzeichen

Titel: Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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immer noch geduckt an dem Baum stehen.
    Ich legte mein Ohr an die Tür und lauschte.
    Völlige Stille.
    Ich griff nach dem Türknauf und drehte ihn so langsam, wie ich nur konnte, während eiskalter Schweiß an meiner linken Seite herablief.
    Ich trat mit der Fußspitze gegen die Tür und ließ den Griff los.
    Sie schwang zur Hälfte auf.
    Scharniere quietschten.
    Die einzigen Bewegungen im Innern der Hütte waren die tanzenden Schatten des Feuerscheins an den Wänden und der Decke.
    Das Mobiliar war spärlich – ein klappriger Futon und ein Kartentisch, auf dem schmutzige Teller, eine Schale mit Pistazienschalen und ein Wasserkrug standen. Es stank nach angebrannten Eiern und vergammeltem Fisch. Auf der Fensterbank stand als einzige Lichtquelle eine beinah heruntergebrannte Kerze.
    Ich versuchte meine Hände ruhig zu halten und kniete mich kurz auf den Treppenabsatz, um meine zitternden Beine zu beruhigen.
    Dann stand ich auf, trat die Tür ganz auf und ging über die Schwelle.
    Himmel noch mal!
    In der rechten Ecke bewegte sich etwas.
    Ich warf mich herum und hätte beinah auf Beth Lancing geschossen, die mit Klebeband an einen Klappstuhl gebunden war. Ihre Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen, das Haar hing in Strähnen herab, der Kopf bewegte sich hin und her, die Wangen mit Blut und Schlamm verschmiert.
    Ich ließ meine Waffe sinken, ging auf sie zu und wollte schon das Band über dem Mund abziehen, als ich noch einmal innehielt.
    »Beth«, flüsterte ich. »J. D. und Jenna sind in Sicherheit. Ich bin hier, um dich zu ihnen nach Hause zu bringen. Schrei nicht, wenn ich das Klebeband abmache.«
    Hektisches Nicken.
    Ich riss das Band ab.
    »Andy, er wartet auf dich.«
    »Was?«
    »Ein Mann mit langen schwarzen – «
    Im Wald schrie Violet meinen Namen.
    Schritte auf der Treppe zur Hütte.
    Bevor ich mich bewegen konnte, fiel die Tür zu.

45. Kapitel
     
    Ich schrie nach Violet und war in einem Satz bei der Tür.
    Sie ging nicht auf.
    Draußen schrie Violet.
    Ich rannte zum Fenster und sah einen langhaarigen Schatten auf den Wald zurennen.
    Ich nahm die Kerze von der Fensterbank und schlug mit dem Revolverknauf die Scheibe entzwei.
    Das Fenster war zu klein, als dass ich mich hätte durchzwängen können. Violet hätte es geschafft. Ich lehnte mein Gewicht gegen die Tür und drückte meine Schulter dagegen. Sie bewegte sich praktisch nicht. Das Holz war knapp drei Zentimeter dick und vermutlich war die Tür von außen verriegelt.
    Ich nahm die Kerze hoch und stellte sie auf den Kartentisch. Auf einem der dreckigen Teller lag ein Ausbeinmesser. Ich nahm es und ging um Beths Stuhl herum.
    »Ich werde dich losschneiden«, flüsterte ich.
    »Wo ist er hin?«
    »Ich hatte eine Polizistin dabei. Eine junge Frau. Ich glaube, er ist ihr hinterher.«
    »Hat sie eine Waffe?«
    Ich zeigte auf den Tisch. »Da liegt sie.«
    Ich schnitt das Klebeband durch und befreite ihre Hand- und Fußgelenke.
    Beth stand auf und sah mich verstört an, halb nackt, nur mit einem zerrissenen Satinschlafanzug bekleidet.
    Ich zog meine Regenjacke und meine Fliesjacke aus und wickelte sie darin ein.
    »Ich habe Walter nicht umgebracht«, sagte ich.
    »Bring mich nur hier raus.«
    »Ich weiß noch nicht, wie.«
    »Schieß auf die Tür.«
    Ich nahm die .45er vom Tisch und drückte auf die Magazinausgabe. Das Magazin glitt raus und ich zählte die Patronen.
    »Neun Kugeln«, sagte ich. »Ich werde drei auf die Tür verschwenden, nicht mehr.«
    Ich schob das Magazin wieder zurück.
    »Warte«, flüsterte Beth. »Was, wenn er nicht weiß, dass du eine Waffe hast?«
    »Und?«
    »Lass ihn doch in dem Glauben. Dann schließt er die Tür auf – peng, peng!«
    »Okay, dann setzen wir uns lieber. Ich fühle mich im Stehen nicht sicher.«
    Ich dachte an Violet, die draußen in diesen Wäldern um ihr Leben kämpfte, und konnte mir nicht vorstellen, dass die junge Frau Luther überlebte. Mein Fehler, wenn sie starb.
    Kerzenschein strahlte von den Wänden zurück. Es war eiskalt hier drin und ich hatte keine Ahnung, was ich Beth sagen sollte.
    Der Witwe meines besten Freundes.
    So viel Geschichte zwischen uns, so viele unbeantwortete Fragen, und ich saß einfach neben ihr und versuchte, nicht unter dieser Last zu zerbrechen.
    »Hat er dir wehgetan?«
    »Nein. Nichts Schlimmes. Wo sind wir?«
    »Auf den Outer Banks. Warst du die ganze Zeit in dieser Hütte?«
    »Nein, nur heute Nacht. Ich weiß nicht, wo er mich vorher gefangen gehalten hat. Alles,

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