Blutzeichen
Licht ist Vorteil nur für ihn.
Er könnt’ uns alles antun, so wie wir hier stehn!
Und wenn es Schauen war, was er gewollt,
Hätt’ alles er gesehn und könnte gehn.«
Vergessen schien, dass er sie halten wollt’,
Er ging stattdessen mit ihr übers Gras.
»Was willst du?«, rief sie in die Dunkelheit.
Sie streckte sich, um übers Licht zu schauen,
Das warm am Rock hing zwischen ihren Händen.
»Da ist niemand, du täuschst dich«, sagte er.
»Da ist –
»Was willst du?«, schrie sie und war
Überrascht, als wirklich eine Antwort kam.
»Nichts.«
– Robert Frost, Die Angst
Vier Tage später
50. Kapitel
Am Montagmorgen um zehn Uhr lehnte sich Horace Boone auf seinem Stuhl zurück und trank aus einem riesigen Kaffeebecher, während er durchs Fenster zusah, wie die Sonne über den Outer Banks am kobaltblauen, wolkenlosen Novemberhimmel aufging.
Es hätte ein schöner Morgen sein können, so in der sonnengewärmten Nische der Ocracoke Coffee Company zwischen Zeitungen, frischem Gebäck und dem Gemurmel der anderen Gäste zu sitzen und den Duft frischer Kaffeebohnen einzuatmen.
Doch Horace war ein Wrack.
Vier Tage war es her, dass er beobachtet hatte, wie Andrew Thomas mit dieser hübschen, jungen Frau auf das Boot gestiegen war und durch den Hafen in den Pamlico Sound hinein davongefahren war. Er hatte gewartet und gewartet und durch die Windschutzscheibe in den kalten regenverhangenen Himmel gestarrt. Nach einer Stunde war das Boot ohne sie zurückgekehrt.
Bei Einbruch der Nacht war immer noch keine Spur von ihnen zu sehen, daher ging er zurück ins Harper Castle B & B, aß zu Abend und ging ins Bett.
Gleich am Freitagmorgen war er zu der Bootsanlegestelle zurückgekehrt. Der Jeep Cherokee, mit dem Andrew und die Frau angekommen waren, war verschwunden. Horace fuhr zu Howard’s Pub und stellte fest, dass auch der Audi, den Andrew gemietet hatte, verschwunden war.
Hinter dem Lenkrad seines eigenen kleinen Leihwagens, einem winzigen weißen Kia, spürte Horace, wie ihm heiße Tränen die Wangen herunterrannen. Bis vor ein paar Tagen hatte er gespürt, dass es sein Schicksal war, Andrew Thomas zu folgen und seine Geschichte aufzuschreiben. Es war ihm gelungen, ihm beinah dreitausend Meilen von Haines Junction im Yukon bis zum International Airport in Denver zu folgen. Dort hatte er Andrew in der Sicherheitskontrolle aus den Augen verloren und dann das ganze Wochenende verzweifelt in der Nähe der öffentlichen Telefone in der Lebensmittelecke des Terminal B gewartet und heftig mit sich gehadert, dass er seine gesamten Ersparnisse für dieses aberwitzige Unterfangen verschwendet hatte. Während er den Strom der Reisenden beobachtete, beschloss er, zurück nach Anchorage zu fliegen, sich bei Professor Byron zu entschuldigen und sein Diplom in kreativem Schreiben zu machen. Dieses letzte Jahr war ihm von einem vierundzwanzigjährigen Größenwahnsinnigen geraubt worden, der sich eingebildet hatte, ein Buch über Andrew Thomas schreiben und berühmt werden zu können.
Als Horace seinen Rucksack hochnahm und aufstand, starrte er den Terminal entlang und beobachtete zu seinem Erstaunen, wie der Mann, den er verloren geglaubt hatte, auf einem Rollband auf ihn zukam. Andrew Thomas kam direkt auf ihn zu, ergriff einen der Hörer, drehte Horace den Rücken zu und rief jemanden an.
Horace war der festen Überzeugung, eine Halluzination zu haben, aber er blieb stehen und lauschte, wie Andrew Thomas die Auskunft des North-Carolina-Transportwesens anrief und sich nach den Fährverbindungen vom Festland zu einer Insel namens Ocracoke erkundigte. Als ob Horace nie daran gezweifelt hätte, Glück und Schicksal auf seiner Seite zu haben, beobachtete er anschließend, wie Andrew aufhängte, erneut wählte und für die folgende Woche auf Ocracoke ein Zimmer im Harper Castle B & B buchte.
Mit einem Schlag fühlte er sich wieder voll jugendlichen Schwungs.
Auf Ocracoke hatte Horace den Mittwoch und Donnerstag damit verbracht, Andrew quer über die Insel zu folgen – die beiden Besuche des Steinhauses am Strand, Andrews Besuch bei Tatums Bootstouren, Bubbas Camping- und Angelladen, sein Zusammentreffen mit der hübschen Blondine in Howard’s Pub, und schließlich hatte er noch beobachtet, wie Andrew und die Blondine inmitten eines Nordoststurms per Boot die Insel verlassen hatten.
Offensichtlich waren sie spätabends zurückgekehrt und hatten aus irgendeinem Grund die Insel
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