Boardwalk Empire
Kreuzverhör beantworteten sie dann dennoch jede Frage stumpf mit »Ja«, was ihre Geständnisse nutzlos machte. Die Staatsanwaltschaft war gezwungen, auf mitgeschnittene Telefongespräche und schriftliche Zeugenaussagen zurückzugreifen, und die Geschworenen waren alles andere als überzeugt. Nach zwei Tagen intensiver Beratung musste das Gericht zugeben, dass in der Jury eine Pattsituation vorlag. William Frank und sein Team wollten nicht aufgeben und beantragten bei der Generalstaatsanwaltschaft eine Wiederaufnahme des Prozesses im Juli 1940.
Ein paar Wochen nach dem ersten Prozess erfuhr der zuständige Richter, dass einer der Verteidiger mehrere Geschworene bestochen hatte. Es handelte sich um den ehemaligen stellvertretenden Bundesanwalt Isadore Worth. Er wurde verurteilt, und im Folgejahr entzog man ihm die Lizenz.
Der zweite Prozess gegen dieselben vierzehn Lotterie-Banker begann am 8. Juli 1940. Dieses Mal verfügte die Staatsanwaltschaft über deutlich mehr Beweismaterial und ging von einer Verurteilung aus. Trotz der Zuversicht der Ankläger wirkten die Angeklagten nicht im Geringsten beunruhigt. Die Verteidigung rief nur zwei Zeugen auf und gab sich auch ansonsten keine große Mühe, so als hätte sie längst aufgegeben. FBI, Staatsanwaltschaft und Richter waren völlig entgeistert, als die Geschworenen auf »nicht schuldig« entschieden.
William Frank befürchtete, dass dies das Ende seiner Ermittlungen bedeutete, und er wusste genau, dass Nucky Johnson hinter dem Freispruch steckte. Auch der zuständige Richter Buggs war über den Prozessausgang verärgert und wies Frank an, die Jury zu verhören. Das Ergebnis war erschreckend. Offenbar war der Geschworene Joseph Fuhrman von Nuckys Freunden als Spitzel eingeschleust worden. Fuhrmann war persönlich mit zwei Anwälten der Verteidigung, Carl Kisselman und Scott Cherchesky, bekannt. Fuhrmans Bruder war ein Anwaltskollege von Kisselmann, und es kam häufiger vor, dass Kisselman und Cherchesky Joseph Fuhrmann zum Mittagessen trafen oder mit ihm im Walt-Whitman-Hotel in Camden Billard spielten. Weder Kisselman noch Cherchesky hatten das Gericht zum Zeitpunkt der Jurybildung darüber in Kenntnis gesetzt.
Nach dem Verhör der Geschworenen erkannte Frank, dass die Anklage nie eine Chance gehabt hatte. Von Anfang an hatte sich Fuhrman über den Prozess, die Anwälte und den Richter lustig gemacht. Bei der Abstimmung stand es acht zu vier für eine Verurteilung, aber Fuhrman gelang es, die acht Geschworenen umzustimmen. Den Angeklagten wurde im März 1941 erneut der Prozess gemacht, jetzt aber wegen individueller Gesetzesverstöße. Die Geschworenen wurden sorgfältigst ausgewählt und instruiert, und dieses Mal kam es zu einer Verurteilung.
Jetzt, da Austin Clark im Gefängnis saß und man die vierzehn Lotterie-Banker schuldig gesprochen hatte, konnten die Bundesagenten den Druck erhöhen. Auf Drängen von Frank stellte der Generalstaatsanwalt die Angeklagten erneut unter Eid und befragte sie zur Zahlung von Schutzgeldern an Nucky Johnson. Im Falle eines Meineids drohte Frank ihnen mit einer zweiten Verurteilung und einer zusätzlichen Gefängnisstrafe. Etliche der vierzehn stimmten einer Aussage zu, wenn ihr Strafmaß dafür gemildert wurde. Ein wichtiger Zeuge war Ralph Weloff, ein Mitglied des Lotterie-Syndikats. Weloff gestand, von 1935 bis 1940 persönlich eine wöchentliche Summe von 1200 Dollar an Nucky bezahlt zu haben. Mehr brauchten die Bundesagenten nicht. Die Regierung erhob Anklage gegen Enoch Johnson, und der Prozess begann im Juli 1941.
Die Manipulation der Jury in den vorausgegangenen beiden Prozessen ließ Frank und der Staatsanwaltschaft keine Ruhe. Richter Albert Marino ordnete eine akribische Untersuchung der Geschworenen an, trotzdem deckten die Ermittler nur wenige Tage vor Prozessbeginn eine dritte Jury-Verschwörung auf.
Im Mai des Jahres 1941 wurde der Lotteriebetreiber Zendel Friedman wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Einer der Geschworenen des Nucky-Prozesses hatte bereits im Fall Friedman in der Jury gesessen. Bei seiner Befragung gab er zu, dass ihm damals von Friedman und Barney Marion ein Bestechungsgeld angeboten worden war. Zwei Tage später gestanden zwei weitere Geschworene, dass man versucht hatte, sie zu bestechen, und dass einer der Kuriere ein Angestellter der Polizei von Atlantic County gewesen war.
Die Staatsanwaltschaft nahm an, dass die Aufdeckung dieser Manipulation Nucky und seine Kohorten von weiteren
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