Bob und wie er die Welt sieht
gedrückt hatte, auf den Tisch. »Sei bloß vorsichtig damit.«
Ich konnte immer noch nicht glauben, was passiert war. Alles war so schnell gegangen, nicht nur für meinen Vater, sondern auch für mich: Mehrere Treffen mit dem Verlag, Verträge unterschreiben, sogar ein paar Zeitungsinterviews. Aber erst als ich diesen Scheck als Vorschuss in meiner Post fand, glaubte ich es wirklich.
Als der Umschlag vor zwei Tagen durch den Briefschlitz gesegelt war, hatte ich ihn aufgemacht und den Scheck herausgenommen. Dann saß ich lange da und starrte auf das Stück Papier. Die einzigen Schecks, die ich in den letzten zehn Jahren gesehen hatte, waren vom Sozialamt. Kleine Summen, 50 Pfund hier oder 100 Pfund da, nie mehr als zwei Nullen am Ende.
Für viele meiner Mitmenschen, vor allem in London, war es vielleicht gar nicht viel Geld. Vielleicht war es sogar weniger als ein Monatsverdienst für so manchen Pendler, der täglich an mir vorbeikam. Aber für mich, der 60 Pfund für einen außergewöhnlich guten Tagesverdienst hielt, stand auf diesem Scheck eine Summe, die mir das Wasser in die Augen trieb.
Die Ankunft des Schecks stellte mich aber gleich vor zwei Probleme. Natürlich bekam ich Panik, das Geld würde mir zwischen den Fingern zerrinnen, aber viel schlimmer war: Ich hatte kein Bankkonto, um ihn einzulösen. Vor vielen Jahren hatte ich eines gehabt, aber ich habe es nicht gut geführt. Ich konnte besser mit Bargeld umgehen, und so hielt ich mich seit Jahren daran. Die kleinen Schecks löste ich in einer Wechselstube ein. Deshalb hatte ich meinen Vater angerufen: »Ich dachte mir, du könntest das Geld vielleicht für mich aufbewahren. Wenn ich etwas brauche, hole ich es mir von dir.«
Er war einverstanden, und ich hatte den Scheck auf seinen Namen übertragen lassen. (Das war keine große Änderung, denn unsere Initialen und der Nachname waren ja gleich.)
Anstatt sich mit mir wie üblich an der Victoria Station zu treffen, lud er mich ein, zu ihm zu kommen. Also fuhr ich ein paar Tage später in den Süden von London. Wir trafen uns in einem Pub in der Nähe seiner Wohnung.
»Und das soll ein richtiges Buch werden?«, fragte er mich mit der Skepsis in der Stimme, die er schon die ganze Zeit an den Tag legte, seit ich ihm von der Sache erzählt hatte.
»Was meinst du damit?«
»Na ja, ist es ein Bilderbuch oder ein Kinderbuch?«
Seine Frage war durchaus berechtigt. Also erklärte ich ihm, dass es um die Geschichte von Bob und mir ging und wie wir uns gegenseitig geholfen haben. Er konnte sich darunter nicht viel vorstellen.
»Werden deine Mutter und ich in dem Buch vorkommen?«, wollte er wissen.
»Kann schon sein, dass du erwähnt wirst«, gab ich zur Antwort.
Er lächelte: »Dann nehme ich mir lieber gleich einen Anwalt.«
»Den wirst du nicht brauchen. Der Einzige, der in dem Buch schlecht wegkommt, bin ich«, versicherte ich ihm.
Das beruhigte ihn etwas, und er wollte mehr wissen. »Wird das jetzt eine längerfristige Beschäftigung? Bücher schreiben?«, fragte er vorsichtig.
»Nein«, war meine ehrliche Antwort. »Mach dir keine Hoffnungen, ich werde nicht die neue J.K. Rowling, Paps. Jedes Jahr erscheinen Tausende von Büchern. Und nur ein paar wenige davon werden Bestseller. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Geschichte eines Straßenmusikers und Ex-Junkies mit seinem roten Streuner zu diesen wenigen gehören könnte. Das ist nur ein kurzes Intermezzo. Ein unerwarteter Gewinn und nicht mehr.«
»Na, dann musst du aber ganz besonders vorsichtig sein mit dem Geld«, belehrte er mich. Diese gute Gelegenheit für einen väterlichen Rat ließ er sich nicht entgehen.
Aber er hatte natürlich recht. Mit Bedacht genutzt, würde mir diese Summe über einige Monate, wenn auch nicht länger, die tägliche Existenzangst nehmen. Ich hatte Schulden, die ich damit begleichen konnte, und meine Wohnung hatte dringend ein paar neue Gebrauchtmöbel nötig. Meinen Job bei The Big Issue musste ich auf jeden Fall behalten. Wir redeten noch eine Weile über all diese Dinge, aber schon bald wurde aus unserem Gespräch ein Vortrag meines Vaters über die Vor- und Nachteile diverser Investitions- und Sparpläne. An diesem Punkt schaltete ich ab, wie so oft in der Vergangenheit, wenn meine Eltern mich belehren wollten.
12
Glücksmomente mit Bob
I ch habe viel von Bob gelernt. Es gab nicht viele Berater in meinem Leben, und die wenigen, die es gut mit mir meinten und versucht haben, mir mit Rat und Tat zur Seite
Weitere Kostenlose Bücher