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Bobby Z

Bobby Z

Titel: Bobby Z Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Kessel gefallen und, simsalabim, der Frühling ist da. Als hätte man
einem vollgekifften Maler acht Quadratkilometer Leinwand in die Hand gegeben
und ihn seinen Rausch ausleben lassen.
    »Wenn du ein bisschen schielst«, sagt Kit, »ist es so, als guckte man
in so ein - na, wie heißen diese Dinger?«
    »Ein Kaleidoskop?«
    »Ja. Kaleidoskop.«
    Tim sieht, wie der Junge das Wort ein paarmal vor sich hinsagt, um es
sich zu merken.
    Tim schaut auf das verrückte Gemälde hinunter. Haargenau mittendrin
erhebt sich ein riesiger Felsen, so groß wie ein Haus. Als hätte ihn jemand als
Rasenschmuck genau mittenrein gesetzt.
    Sieht aus wie eine Totale in einem Film, denkt Tim, aber er ist
eigentlich nicht besonders scharf auf die Nahaufnahme. Und erst recht ist er
nicht scharf darauf, in einen solchen Kessel hinunterzusteigen, weil es
passieren kann, dass oben am Rand des Kessels Leute auftauchen und einen
abknallen. Oder sie kommen runter in den Kessel, mit mehr Leuten, als du hast -
und er hat, verdammt noch mal, bloß ein kleines Kind -, und dann machen sie
das, was nicht umsonst einkesseln heißt, und du hast keinen Überblick mehr,
und adios, alter Knabe. Aber es gibt keine
andere Chance, außer sie kehren um, und da hätten sie gar keine Chance. Außerdem
sind die Canyon-Wände zu steil, um mit einem Kind im Schlepptau
hinaufzuklettern. Zumal das Kind müde ist - es hält noch durch, aber nicht mehr
lang -, und Tim weiß, dass er am Schluss das Kind sowieso den größten Teil des
Weges tragen muss. Er weiß also, wenn er auch nur einen Funken Verstand hätte,
würde er das Kind an dieser Stelle seinem Schicksal überlassen, aber da
mittlerweise ja bekannt ist, dass er keinen Funken
Verstand hat, bleibt ihm wohl tatsächlich keine andere Wahl, als diesen Kessel
zu durchqueren, wenn er die Hügel auf der anderen Seite erreichen will.
    Hat doch einige Vorteile, wenn man allein lebt, denkt Tim. Und einer
davon ist, dass man wahrscheinlich länger lebt.
    »Dann also hinein ins Kaleidoskop!«, sagt Tim.
»Super! Ich mag Kaleidoskope.“
    »Wird ziemlich heiß werden da unten.« Der Junge
zuckt die Achseln. »Ist eben so in der Wüste.« Tim fühlt sich ein bisschen
wohler in seiner Haut, als sie erst einmal unten im Kessel sind, weil das
Gebüsch so hoch ist, dass man sie kaum sehen dürfte, es sei denn, man hat ein
Flugzeug oder einen Hubschrauber. Und außerdem befinden sie sich auf einer Art
Wildpfad, merkt Tim, wo sonst vielleicht Kojoten Eselhasen jagen oder Rehe
durchmarschieren, jedenfalls ist es leichter hier zu laufen, und das Kind hält
sich wacker.
    Überall, wohin sie schauen, sind Farben, fern und nah: die leuchtend
roten Blüten des Ocotillo-Kaktus, die hellgelben des Kreosot, die
gelbgrünlichen der Silberopuntie, und die hellrosa Blüten des Biberbaums. Da
ist Wüstenlavendel und Indigo und die grüne, stachelige Yucca. Und eine hohe
Pflanze mit gelben Blüten: das muss der Jahrhundertbaum sein, von dem die
Legende sagt, dass er nur alle hundert Jahre blüht.
    Und vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen, denkt Tim. Die Pflanze
blüht nur einmal in hundert Jahren, und ausgerechnet wir sind hier, um das zu
sehen. Das muss einfach Glück bringen, und davon hätte ich zur Abwechslung
sowieso mal ein bisschen verdient.
    Er hört das Flugzeug, bevor er es sieht.
     
    Johnson steht am Rand des Kessels und beobachtet, wie das
Ultraleichtflugzeug über die Wüstenebene schnurrt. Brian steht direkt neben
ihm, in voller Fremdenlegionärsmontur, späht durchs Fernglas und sieht genauso
aus wie der Sergeant in dem Film, den er so gerne mag. Brian sagt, der Sergeant
in Beau Geste sei der erste schwule Schurke der
Filmgeschichte, aber Johnson will nichts davon wissen.
    Johnson beobachtet, wie Willy in diesem ultraleichten Flugzeug seine
Kreise zieht. Für Johnson sieht es aus wie ein Go-Cart in der Luft. Ganz bestimmt
jedenfalls ein Ding, in das er sich lieber nicht setzen würde.
    »Er sieht aus wie ein Habicht, der über seiner Beute kreist«, sagt
Brian, ohne das Fernglas abzusetzen.
    Sieht aus wie ein verdammter Idiot, denkt Johnson. Er persönlich hat
mehr Vertrauen in den alten Rojas, der hinter dem alten Bobby Z hertrottet und
dabei klug Abstand hält. Rojas braucht keinen bescheuerten Deutschen, der am
Himmel seine Kreise zieht und ständig Bobby Z's Position über Funk durchgibt.
Rojas weiß längst, wo Bobby Z ist.
    Aber man braucht einem kleinen Jungen eben bloß was zum Spielen zu
geben und er spielt damit,

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