Bobby Z
die darauf folgte, war nur eine Formalität - das
Tüpfelchen auf dem i.
Elizabeth wischt sich die rote Lippenstiftfarbe vom Gesicht, frischt
ihr Make-up auf, dann schlüpft sie in eine weiche Jeansbluse, Jeans und
Stiefel. Sie bürstet ihr Haar aus und beginnt zu packen. Obwohl sie im Packen
viel Erfahrung hat, dauert es fast zwei Stunden, bis sie alle ihre Sachen aus
dem begehbaren Schrank verstaut hat. Sie hat eine Menge Kleider, und außerdem
tut ihr immer noch jede Bewegung weh.
Sie hält sich nicht damit auf, jemanden zu rufen, der ihr das Gepäck
herunterträgt. Es sind sowieso schon alle weg, und es ist totenstill im Haus.
Bis auf das Brummen des Fernsehers in ihrem Zimmer. Irgendeine Nachmittags-Talk-Show,
sie weiß nicht mal welche, bloß dass irgendeine abgerückte Tussi eine andere
abgefuckte Tussi anschreit, weil sie angeblich mit ihrem abgefuckten Ehemann
geschlafen hat.
Erst bei ihrem zweiten Gang zum Auto sieht sie Brians Leiche, oder
vielleicht ist es ja gar keine Leiche, denn womöglich lebt er noch.
Er liegt einfach da im Hof, seine Haut ist knallrot, sein ganzer
Körper dick geschwollen, und er sieht so aus, als hätten irgendwelche winzigen
Elfen Tausende von kleinen Pfeilen auf ihn abgeschossen.
Als sie das nächste Mal runtergeht, nimmt sie einen anderen Weg zum
Wagen.
Es ist ein roter Mercedes. Sie legt die letzte Tasche in den
Kofferraum, sucht einen Jazzsender und fährt weg. Sie blickt starr nach vorne,
so dass sie nur aus dem Augenwinkel sieht, wie Don Huerteros Leute die
illegalen Einwanderer wieder auf Lastwagen verfrachten.
Weiß der Himmel, wo sie sie hinkarren werden. Weiß der Himmel.
Auf der Hauptstraße bleibt sie stehen, fährt an den Straßenrand und
schaut noch einmal zurück.
Schwarzer Rauch steigt langsam in den rosig-grauen Sonnenuntergang,
vermischt sich mit der Schwärze der Berge dahinter, verliert sich dann im
dunklen Abendhimmel. Auf den Mauern von Brians altem arabischem Fort brennt es
lichterloh. Die orangeroten Flammenzungen über den Zinnen erinnern sie an
maurische Portale. Fast haben sie die Form von Tränen.
Beau Geste, Brian, denkt sie.
Wirklich zum Totlachen, alter Knabe.
Zehn Tage später kippt Tim die letzten
Sugar Pops in seine und Kits Schüsseln, während sie sich einen Zeichentrickfilm
namens Double Dragon anschauen, den Kit ätzend findet, Tim aber halbwegs
annehmbar.
Sie wohnen in der letzten von acht Zedernhütten auf einer Wiese
westlich des Sunrise Highway auf Mount Laguna. Mount Laguna hat weder etwas mit
Laguna oder Laguna Beach zu tun, noch ist es in der Nähe, aber der Name erinnert
Tim immerhin oft genug an Bobby Z, um seine Gedanken nicht allzusehr von dem
Hauptproblem in seinem Leben abzulenken.
Nämlich der Tatsache, dass er praktisch Bobby Z ist und Don
Huertero eine Mordswut auf ihn hat.
Immerhin ist Mount Laguna kein Berg in der Wüste. Zum Beispiel gibt es
hier richtige Bäume: gewaltige große Kiefern, Zedern, Tannen und sogar Eichen.
Bäume, die Schatten werfen, und die Knotty-Pine-Hütten, die bei 57 Dollar pro
Woche in der Nebensaison recht preiswert sind, liegen direkt neben der Straße,
umgeben von einer Gruppe riesiger Kiefern. Es ist billig und ruhig hier, man
ist ungestört, und der Besitzer stellt keine unnötigen Fragen, obwohl er beim
Einchecken bemerkt hat, dass das Hemd seines Gastes voll eingetrockneter
Blutflecken war. Macht nichts, solange er bezahlt. In den anderen sechs Hütten
sind sowieso keine Gäste, was Tim richtig gut findet. Auch wenn es sich eher um
ein Wohnklo handelt, ist es ein optimaler Platz für Tim, um eine Weile
auszuruhen und zu überlegen, was er tun soll. Und es ist eine Art
Kinderparadies für Kit, der es richtig toll findet, zur Abwechslung einmal mit
einem Mann zusammenzusein. Er kann von diesem »Wir-Männer-unter-uns«-Spiel gar
nicht genug bekommen, und er kriegt so viel Junkfood zu essen, wie Tim in dem
Kramladen nur kaufen kann, der anderthalb Kilometer bergauf liegt.
Also Sugar Pops, Pepsi, Kakao, Hot dogs, Erdnussbutterund
Marmelade-Sandwiches, Chili aus der Dose, Dinty-Moore-Rindergulasch und ganze
Stapel von Tiefkühlpizza. Und Fernsehen bis zum Abwinken. Dem Kind gefällt's.
Was ihm auch gefällt, ist das Spionspiel.
Das Spionspiel ist Tims Version von Verstecken.
»Wir spielen jetzt Spion«, teilt er Kit mit, als er bei dem alten
Besitzer der Hütten den Schlüssel abgeholt hat und zum Auto zurückkommt.
»Wie spielt man Spion?«
»Erst einmal brauchen wir andere
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