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Boccaccio

Boccaccio

Titel: Boccaccio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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Spürsinn, so viel innerer Auf-
    nahmekra für das Unmittelbare des dichterischen Wortes und
    zugleich mit so viel nachformender Kra des deutenden Wortes.
    Was Hesse hier als Dichter über Boccaccios sprachliche Kunst
    
    äußert, hat der namhae Boccaccio-Forscher Vittore Branca in
    seinen aufschlußreichen Erörterungen über die Tradition der
    mittelalterlichen Rhetorik in Boccaccios Prosa durch literarhi-
    storische und ästhetische Präzisierung bestätigt. 
    Um die sprachästhetische Flexibilität boccaccesker Perioden
    nachzuempfinden, empfiehlt Hesse die Lektüre des Dekameron
    nur im Urtext, wenngleich er der deutschen Übersetzung von
    J. O. H. Schaum seine Anerkennung keinesfalls versagt. 
    Daß die Erzählungen des Dekameron auf antike, orientalische,
    ältere italienische Überlieferung, Trouvères, Lais und Anekdo-
    ten basieren, weiß Hesse durchaus; Mischung und Umformung
    zu neuen Strukturen bestimmen das Verhältnis des Dekameron
    zu seinen Vorbildern und Quellen. Trotzdem reflektieren die
    Erzählungen – ungeachtet der Quellen – die Welt und Gesell-
    schasstruktur des Florentiner Trecento, die aristokratische so-
    wie plebejische Ideologie des städtischen Florenz. 
    Über die Dekameron -Überlieferung, -Editionen und -Über-
    setzungen äußert Hesse sich in dem Essay der Frankfurter Zeitung
    nur spärlich. Nur ganz allgemein bezeugt er sein Interesse an der
    außerordentlichen Verbreitung des Dekameron , eigenmächtigen
    Text-Interpolationen, der verdienstvollen Textkritik und an
    Text-Emendationen in den sogenannten purgierten Editionen,
    die er folgerichtig aus der kirchlichen Zensur aufgrund antikle-
    rikaler, frivol erotischer Tendenzen in den Novellen erklärt. 
    Geradezu dürig sind Hesses Informationen über das Nachle-
    ben des Dekameron in der Literatur und Kunst. Erwähnung
    findet nur Lessings »Ringparabel«  nach dem Dekameron -Mo-
    tiv I, , Dekameron -Motive bei Shakespeare  und das nach der
    Novelle vom Basilikumtopf (IV, ) entstandene berühmte Ge-
    mälde  des englischen Malers und Buchillustrators John Everett
    Millais (–).
    Nach diesen Bemerkungen erörtert Hesse Konzeption, Form
    und ematik der Novellensammlung und gibt eine anschau-
    liche Darstellung der sogenannten »Rahmenhandlung«, nach
    
    der sich während der Pestepidemie () vom Zufall gelenkt,
    aber durch familiäre bzw. freundschaliche Beziehungen mit-
    einander verbunden, sieben Frauen und drei Männer zusam-
    menfinden (Pampinea, Fiammetta, Filomena, Emilia, Lauretta,
    Neifile, Elissa, Panfilo, Filostrato, Dioneo) und auf einem Land-
    gut außerhalb von Florenz ihren Aufenthalt verbringen mit
    Musik, Tanz und Spielen, insbesondere aber mit dem Reihumer-
    zählen von je zehn Geschichten unter dem Vorsitz eines »Kö-
    nigs« oder einer »Königin«, die sich die Teilnehmer aus ihren
    Reihen wählen. Tabellarisch analysiert Hesse die emen der
    Novellen des ersten bis zehnten Tages.
    Ähnlich eindrucksvoll wie Boccaccios Sprache interpretiert
    Hesse die Komposition und Architektur des Dekameron :
    »Nächst der Sprache ist es die Einkleidung, welche hier das Un-
    organische und Zufällige nahm und eine neue, einheitliche Dich-
    tung daraus gemacht hat … Schon diese Einrahmung und
    Gliederung des vielfältigen Stoffes ist so meisterha erfunden wie
    durchgeführt und hat sowohl als ein in Sprache und Stimmung
    überaus delikates und stilreines Idyll, wie auch als authentische
    Schilderung des Florentiner Land- und Gesellschaslebens im
    Trecento ihre selbständige und hervorragende Bedeutung. Wei-
    terhin aber gewinnt jede einzelne Novelle dadurch sehr an Farbe
    und Reiz, daß sie von einer bestimmten Person und in einem
    bestimmten Zusammenhang vorgetragen wird. Zwischenre-
    den, in denen die Gesellscha sich etwa über die zuletzt erzählte
    Geschichte unterhält, Neckereien, Witzworte und Lieder unter-
    brechen den Reigen der Erzählungen belebend und anmutig,
    ohne jedoch zu überwuchern und zu stören. So erweist sich im
    Detail der Rahmenerzählung sowohl wie in der Gesamtkonzep-
    tion das Dekameron als das Meisterwerk eines genialen Dichters,
    mag auch die Menge seiner Stoffe aus allen Winden zusammen-
    geweht sein.« 
    
    Was Hesse in seinem Boccaccio-Essay der Frankfurter Zeitung 
    zur Apologie gegen die Kritik hinsichtlich der lasziven Frivolität
    im Dekameron

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