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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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sie bloß im Schilde?«
    Solomon nickte, rieb sich das Gesicht und kniff die Augen zusammen.
    »Ein postkoitales Geständnis?« Als er merkte, wie sich das anhörte, verzog er selbst säuerlich das Gesicht. »Sie zeichnet es auf, filmt es oder hält es sonstwie fest und schickt es der ›Washington Post‹?«
    Das fand ich ebensowenig plausibel wie er.
    »Ziemlich schwaches Bild, würd’ ich sagen.«
    Solomon nickte wieder. Er pflichtete mir stärker bei, als ich verdient hatte – wahrscheinlich schlug er drei Kreuze, daß ich, so wie die Dinge standen und hunderttausend andere lagen, noch nicht durchgedreht war, und wollte mich zu Besonnenheit und Optimismus zurückmassieren.
    »Dann bescheißt er also sie?«, fragte er, legte den Kopf auf die Seite, zog die Augenbrauen hoch und scheuchte mich durchs Gatter wie ein schlauer Hütehund.
    »Möglich wär’s«, sagte ich. »Eine brave Gefangene macht weniger Ärger als eine bockige. Oder er hat ihr einen vom Pferd erzählt, er werde das alles wieder einrenken, er habe beim Präsidenten einen Stein im Brett, irgendwas in der Richtung.«
    Das klang auch nicht gerade überzeugend.
    Also blieb nur Möglichkeit Nummer drei.
    Aber warum sollte sich eine Frau wie Sarah Woolf mit einem Mann wie Russell P. Barnes einlassen? Warum sollte sie mit ihm Spazierengehen, lachen und das Tier mit den vier Arschbacken machen? Falls sie das machte, aber da war ich mir relativ sicher.
    Na gut, er war attraktiv. Er war durchtrainiert. Er war intelligent, wenn auch von der eher dämlichen Sorte. Er hatte Macht. Er kleidete sich stets nach dem letzten Schrei. Aber was konnte er ihr, von all dem abgesehen, denn schon bieten? Meine Güte, der Mann war alt genug, um ein korrupter Staatsdiener ihres Vaterlandes zu sein.
    Über die sexuellen Reize von Russell P. Barnes dachte ich auf dem Rückweg ins Hotel nach. Die Morgendämmerung fuhr jetzt definitiv in den Bahnhof ein, und der frisch gefallene weiße Schnee glitzerte wie elektrisiert. Ich bekam Schnee in die Hose, er knirschte unter meinen Sohlen, und das Stück direkt vor mir sagte immerzu: »Betritt mich nicht, betritt mich bitte nicht … zu spät.«
    Russell Barnes. Am Arsch.
    Ich erreichte das Hotel und schlich auf Zehenspitzen zu meinem Zimmer. Ich schloß auf, glitt hinein und erstarrte: stocksteif, mit den Armen noch halb in der Skijacke. Nach dem Marsch durch Schnee und Alpenluft erkannte ich sämtliche hausinternen Gerüche – den abgestandenen Bierdunst aus der Bar, die Reinigungsmittel im Teppich, das Chlor vom Schwimmbad im Souterrain, den sommerlichen Geruch nach Sonnenöl praktisch überall – und jetzt das. Ein Geruch, der in diesem Zimmer nichts zu suchen hatte.
    Er hatte hier nichts zu suchen, weil ich ein Einzelzimmer gebucht hatte, und Schweizer Hotels sind berüchtigt für ihr rigoroses Durchgreifen in dieser Hinsicht.
    Latifa rekelte sich im Tiefschlaf auf meinem Bett, die Decke hatte sich um ihren nackten Körper zusammengekrumpelt wie auf einem Pasticcio von Rubens.
     
    »Scheiße, wo hast du gesteckt?«
    Sie hatte sich aufgesetzt und die Decke bis unters Kinn hochgezogen, während ich am Fußende des Betts saß und mir die Stiefel abstreifte.
    »Brauchte Auslauf«, sagte ich.
    »Auslauf wohin?«, keifte Latifa, vom Schlaf noch ganz zerknittert und sauer auf mich, weil ich sie so zu Gesicht bekam. »Draußen ist nichts als Scheißschnee. Wohin läufst du in dem Scheißschnee? Was hast du gemacht?«
    Ich riß den zweiten Stiefel runter und wandte mich langsam zu ihr.
    »Ich habe heute einen Mann erschossen, Latifa.« Nur daß ich für sie Ricky war, und der sagte »Laddifa«. »Ich hab’ den Abzug durchgedrückt und einen Mann abgeknallt.« Ich drehte ihr den Rücken zu und starrte auf den Boden, der Soldatendichter, angewidert von den Schrecknissen der Schlacht.
    Ich spürte, wie die Decke unter mir nachgab. Nicht viel. Sie musterte mich einige Zeit.
    »Du warst die ganze Nacht unterwegs?«
    Ich seufzte. »War unterwegs. Hab’ mich hingesetzt. Nachgedacht. Weißt du, ein Menschenleben …«
    Ich hatte meinen Ricky so angelegt, daß ihm Worte nicht besonders leicht über die Lippen gingen, also brauchte er einige Zeit für seine Antwort. Wir ließen ein Menschenleben einige Zeit im Raum stehen.
    »Viele Menschen sterben, Ricky«, sagte Latifa. »Mord und Totschlag findest du überall.« Die Decke gab noch etwas nach, und ich sah, wie sich ihre Hand langsam zu meiner am Bettrand vortastete.
    Warum mußte ich mir

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