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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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»Übrigens darf ich Euch zu einem ausgezeichneten Schuß gratulieren, Sir«, sagte er schließlich. »Das soll ich Euch von meinen amerikanischen Kollegen ausrichten.«
    Solomon schenkte mir ein mattes Lächeln, als wäre die Nettigkeitenschachtel gleich leer, und er müsse dann die andere aufmachen.
    »Ich bin entzückt, daß man mit mir zufrieden ist«, sagte ich. »Und jetzt?«
    Ich zündete mir eine Zigarette an und versuchte Rauchringe zu blasen, aber Solomons Wanderungen verdarben mir das Spielfeld. Ich sah den streifigen und mißratenen Rauchschwaden hinterher und merkte schließlich, daß er nicht geantwortet hatte.
    »David?«
    »Ähm, ja, Master«, sagte er nach einer Pause. »Und jetzt? Das ist in der Tat eine intelligente und unausweichliche Frage, die einer erschöpfenden Antwort bedarf.«
    Irgendwas stimmte hier nicht. Solomon sprach sonst nicht so. Ich spreche so, wenn ich blau bin, aber Solomon nie.
    »Also?«, fragte ich. »Machen wir Feierabend? Schuldigkeit getan, Schurken in flagranti ertappt, Teegebäck und Ritterschläge für alle Beteiligten?«
    Er blieb hinter meiner rechten Schulter stehen.
    »Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Master, die Dinge werden ab sofort etwas peinlich.«
    Ich drehte mich zu ihm und schenkte ihm ein Lächeln. Er erwiderte es nicht.
    »Mit welchem Adjektiv würdest du denn die Dinge bis hierher beschreiben? Also wenn nichts Peinliches an dem Versuch ist, einen Menschen in einer kugelsicheren Weste zu erschießen …«
    Aber er hörte mir gar nicht zu. Auch das war nicht seine Art.
    »Sie möchten, daß Ihr dabeibleibt«, sagte er.
    Natürlich wollten sie das. Das war doch kalter Kaffee. Die Terroristenhatz war nicht das Ziel der Übung und war es nie gewesen. Sie wollten, daß ich dabeiblieb, sie wollten, daß alles so weiterlief, bis der Rahmen für die große Show stimmte. CNN an Ort und Stelle, Kamera läuft – und nicht erst vier Stunden später.
    »Master«, sagte Solomon nach einiger Zeit, »ich muß Euch eine Frage stellen, und ich möchte, daß Ihr sie mir offen und ehrlich beantwortet.«
    Das war gar nicht nach meinem Geschmack. Das war völlig verkehrt. Das war Rotwein zum Fisch. Das war ein Mann, der braune Schuhe zum Smoking trug. Das Ganze war oberfaul.
    »Schieß los«, sagte ich.
    Er wirkte richtig besorgt.
    »Antwortet Ihr auch ehrlich? Das muß ich wissen, bevor ich frage.«
    »David, woher soll ich das wissen?« Ich lachte und hoffte, er würde sich entkrampfen, entspannen und aufhören, mich ins Bockshorn zu jagen. »Wenn du wissen willst, ob du Mundgeruch hast, sag’ ich dir die Wahrheit. Wenn du … was weiß ich, irgend etwas anderes wissen willst, dann werde ich wahrscheinlich lügen.«
    Allem Anschein nach reichte ihm das nicht. Das war natürlich auch kein Wunder, aber was hätte ich denn sonst sagen sollen?
    Er räusperte sich langsam und bedächtig, als würde er sich nicht so bald wieder räuspern können.
    »Was genau verbindet Euch mit Sarah Woolf?«
    Damit hatte er mich auf dem falschen Fuß erwischt. Darauf konnte ich mir keinen Reim machen. Also verfolgte ich, wie Solomon langsam hin und herschritt, die Lippen schürzte und stirnrunzelnd zu Boden starrte wie ein Vater, der vor seinem halbwüchsigen Sohn das Thema Masturbation anschneiden möchte. Ich war bei einem solchen Gespräch zwar nie dabeigewesen, kann mir aber vorstellen, daß man andauernd rot wird und herumzappelt, und mikroskopisch kleine Staubkörnchen auf dem Ärmel erfordern plötzlich immense Zuwendung.
    »Warum fragst du, David?«
    »Bitte, Master.« Das war heute wirklich nicht Davids Tag. Er holte tief Luft. »Antwortet einfach. Bitte.«
    Ich sah ihn lange an, ärgerte mich über ihn, bemitleidete ihn gleichzeitig aber auch.
    »›Um der alten Zeiten willen‹, wolltest du das sagen?«
    »Um wessen willen auch immer«, sagte er, »solange Ihr nur meine Frage beantwortet, Master. Alte Zeit, neue Zeit, bloß redet endlich.«
    Ich zündete mir noch eine Zigarette an, betrachtete meine Hände und versuchte wie schon so oft, mir selbst diese Frage zu beantworten, bevor ich sie ihm beantwortete.
    Sarah Woolf. Graue Augen mit einem Grünstreifen. Schöne Sehnen. O ja, ich erinnerte mich an sie.
    Was empfand ich für sie? Liebe? Das konnte ich nicht beurteilen, oder? Das Gefühl war mir viel zu fremd, als daß ich mich aus dem Stegreif darauf festlegen konnte. Liebe ist ein Wort. Ein Klang. Daß man diesen Klang mit einem bestimmten Gefühl verbindet, ist reiner Zufall,

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