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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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beispielsweise?«
    Ich stand da, beobachtete Barnes dabei, wie er mich beobachtete, und wartete, solange ich wagte. Ich wollte, daß er die Tragweite meiner Entscheidung spürte. Sarah wartete auf mich.
    Himmel hilf, daß das hier aufgeht!
    »Ja«, sagte ich.
     

25
     
    Sei bloß vorsichtig damit, das Zeug ist irre klebrig.
    VALERIE SINGLETON
     
    Ich überredete Francisco, mit der Erklärung noch zu warten. Er wollte sie sofort abgeben, aber ich meinte, ein paar Stunden Ungewißheit seien doch kein Beinbruch. Sobald sie wüßten, mit wem sie es zu tun hätten, und uns einen Namen geben könnten, sei die Sache nur noch halb so spannend. Selbst wenn es später noch ein Feuerwerk gebe, habe sich das Geheimnis verflüchtigt.
    Nur noch ein paar Stunden, sagte ich.
    Also warteten wir die ganze Nacht lang und wechselten uns auf den verschiedenen Wachposten ab.
    Das Dach war am unbeliebtesten, da oben war es kalt und einsam, und niemanden hielt es dort länger als eine Stunde. Ansonsten aßen wir, schwatzten und schwiegen, dachten über unser Leben nach und warum es uns hierher verschlagen hatte. Und ob wir die Gefangenen oder die Aufseher waren.
    Am Abend und in der Nacht bekamen wir kein Essen mehr geliefert, aber Hugo entdeckte in der Kantine gefrorene Hamburgerbrötchen, die wir zum Auftauen auf Beamons Schreibtisch legten. Ab und zu stocherten wir darauf herum, wenn uns nichts Besseres einfiel.
    Die Geiseln dösten und hielten meist Händchen. Francisco hatte zunächst überlegt, sie in kleineren Gruppen über das Haus zu verteilen, schließlich aber eingesehen, daß man dann mehr Leute zu ihrer Bewachung brauchte, und damit hatte er wohl recht. Francisco hatte überhaupt in vielen Dingen recht. Auch weil er plötzlich auf Ratschläge hörte, was eine Abwechslung war. Ich nehme an, es gibt auf der Welt nur wenige Terroristen, die mit Geiselnahmen so vertraut sind, daß sie sich Dogmatismus leisten und sagen können: »Nee, wir machen das nun einmal soundso.« Francisco betrat hier genauso Neuland wie wir anderen, und irgendwie machte ihn das sympathisch.
     
    Kurz nach vier, als ich es gerade so gedeichselt hatte, daß ich mit Latifa unten im Foyer Wache schob, kam Francisco mit der Presseerklärung die Treppe heruntergehumpelt.
    »Lat«, sagte er und schenkte ihr ein charmantes Lächeln, »geh und erzähl der Welt von uns.«
    Latifa erwiderte sein Lächeln, freudig erregt, daß der weise große Bruder ihr diese Ehre übertragen hatte, aber das wollte sie sich nicht anmerken lassen. Sie nahm den Umschlag und sah voller Liebe zu, wie Francisco zur Treppe zurückhinkte.
    »Sie warten schon auf dich«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Gib sie ihnen, sag ihnen, daß sie ausschließlich für CNN bestimmt ist, sonst niemanden, und wenn sie sie nicht Wort für Wort verlesen, dann gibt’s hier drinnen tote Amerikaner.« Auf dem ersten Treppenabsatz drehte er sich zu uns um. »Du gibst ihr volle Deckung, Ricky.«
    Ich nickte, wir sahen zu, wie er verschwand, dann seufzte Latifa. Welch ein Mann, dachte sie. Mein Held, und er hat mich auserkoren.
    In Wahrheit hatte Francisco Latifa natürlich nur gewählt, weil er sich sagte, ein Sturmangriff der ritterlichen Marokkaner werde vielleicht eine Spur unwahrscheinlicher, wenn sie erfuhren, daß wir Frauen im Team hatten. Aber ich wollte ihr den großen Moment nicht mit so profanen Vorbehalten verderben.
    Latifa drehte sich zum Haupteingang, hielt den Umschlag umklammert und blinzelte ins grelle Scheinwerferlicht der Kamerateams. Sie fuhr sich durchs Haar.
    »Sonn dich in deinem Ruhm«, sagte ich, und sie streckte mir die Zunge raus.
    Sie ging zum Empfangstisch und zupfte vor ihrem Spiegelbild in der Glasscheibe an ihrem Hemd herum. Ich folgte ihr. »Laß mich mal«, sagte ich, nahm ihr den Umschlag ab, steckte ihn in meine Tasche und half ihr, den Hemdkragen cool zu drapieren. Ich löste das zusammengebundene Haar und wischte ihr etwas Schmutz von der Wange. Sie stand da und ließ alles über sich ergehen. Es hatte nichts Intimes, war eher wie bei einem Boxer in seiner Ecke, den seine Sekundanten für die nächste Runde fit machen, ihn bespritzen, massieren, abwischen und aufmöbeln.
    Ich griff in die Tasche, zog den Umschlag wieder heraus und gab ihn ihr. Sie holte ein paarmal tief Luft.
    Ich drückte ihr die Schulter.
    »Hals-und Beinbruch«, sagte ich.
    »Ich war noch nie im Fernsehen«, sagte sie.
     
    Morgengrauen. Sonnenaufgang. Tagesanbruch. Ganz egal, was. Das Ende des

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