Bockmist
leben. Was hat das alles nun mit mir zu tun?«
Während die Woolfs bedeutungsschwangere Blicke tauschten, versuchte ich krampfhaft, mir das ungeheure Mitleid nicht anmerken zu lassen, das ich für die beiden empfand. Es war überdeutlich, daß sie sich auf eine scheußliche Verschwörungstheorie eingeschossen hatten, mit der Folge, daß sie die besten Jahre ihres Lebens damit vergeuden würden, Zeitungsartikel auszuschneiden und an Seminaren über Schußfelder in Dallas teilzunehmen. Ich konnte mir den Mund fusselig reden und würde sie doch nicht von ihrer fixen Idee abbringen. Am besten schob ich ihnen ein paar Pfund für ihre Klebstoffkasse zu und haute ab.
Ich suchte fieberhaft nach einer anständigen Ausrede für den vorzeitigen Aufbruch, als ich sah, daß Woolf an seiner Aktenmappe herumfummelte – jetzt hatte er sie geöffnet und zog eine Handvoll 18x24-Hochglanzfotografien heraus.
Er schob mir die oberste zu, also sah ich sie mir an.
Das Foto zeigte einen Helikopter im Flug. Seine Größe konnte ich nicht beurteilen, aber es war definitiv kein Typ, den ich je gesehen oder von dem ich je gehört hatte. Er hatte zwei Hauptrotoren, die, einen guten Meter auseinander, beide am selben Mast angebracht waren, aber es gab keinen Heckrotor. Im Vergleich zur Gesamtmasse wirkte der Rumpf gedrungen, und Hoheitszeichen waren nirgends zu erkennen. Er war schwarz.
Ich sah Woolf fragend an, aber er reichte mir einfach das nächste Foto. Es war von oben aufgenommen worden, so daß man diesmal einen Hintergrund sah, und der war überraschenderweise städtisch. Der Helikopter oder einer aus derselben Baureihe schwebte zwischen zwei anonymen Büroblöcken, und man konnte erkennen, daß er tatsächlich klein war, vermutlich ein Einsitzer.
Das dritte Foto war eine Nahaufnahme und zeigte den Helikopter am Boden. Es mußte kein Luftwaffenstützpunkt sein, wohl aber irgendein militärischer Komplex, denn am Bombenträger, der hinter der Kabine durch den Rumpf lief, hing eine ganze Reihe ziemlich fieses Zubehör. Hydra-70-mm-Raketen, Hellfire-Luft-Boden-Geschosse, Kaliber-.50-MGs und so weiter. Ein großes Spielzeug für große Jungen.
»Wo haben Sie die her?«, fragte ich.
Woolf schüttelte den Kopf. »Das spielt keine Rolle.«
»Doch, ich glaube, es spielt eine«, sagte ich. »Ich habe den starken Verdacht, Mr Woolf, daß Sie diese Fotos nicht haben sollten.«
Woolf warf den Kopf zurück, als verlöre er nun doch langsam die Geduld mit mir.
»Es ist piepegal, wo die herkommen«, sagte er. »Wichtig ist, was drauf ist. Das ist eine Maschine von extremer Bedeutung, Mr Lang, das können Sie mir glauben. Von ganz extremer Bedeutung.«
Ich glaubte ihm. Warum auch nicht?
»Das LH-Programm des Pentagon«, sagte Woolf, »ist vor nunmehr zwölf Jahren in die Wege geleitet worden. Es sollte Nachfolger für die Cobras und Super-Cobras entwickeln, die die USAAF und das Marine-Corps seit dem Vietnamkrieg eingesetzt haben.«
»LH?« fragte ich zögernd.
»Leichter Helikopter«, antwortete Sarah mit einem »Das weiß doch jeder«-Gesichtsausdruck. Woolf senior sprach weiter.
»Der Hubschrauber hier ist das Ergebnis dieses Programms. Er ist von der Mackie Corporation of America entwickelt worden und speziell für die Terrorismusbekämpfung gedacht. Guerilla-Abwehr. Außerhalb der Beschaffungspläne des Pentagon gibt es dafür einen Markt bei Polizei-und Milizkräften auf der ganzen Welt. Aber bei einem Stückpreis von zweieinhalb Millionen Dollar werden sie nicht viele davon losschlagen.«
»Ja«, sagte ich, »kann ich mir vorstellen.« Ich sah mir die Bilder noch einmal an und versuchte, nicht allzu naiv zu klingen. »Warum die zwei Rotoren? Sieht ganz schön kompliziert aus.« Ich erwischte sie dabei, wie sie sich ansahen, konnte ihren Blick aber nicht einordnen.
»Sie haben von Helikoptern keinen blassen Schimmer, stimmt’s?«, fragte Woolf schließlich.
Ich zuckte die Achseln.
»Sie sind laut«, sagte ich, »und sie stürzen gern ab. Das ist so ziemlich alles.«
»Sie sind langsam«, sagte Sarah, »langsam und im Kampf daher sehr verwundbar. Ein moderner Kampfhelikopter erreicht eine Fluggeschwindigkeit von etwa 400 Kilometer pro Stunde.«
Ich wollte gerade sagen, das sei doch ein ganz anständiger Affenzahn, aber sie ließ mich nicht zu Wort kommen: »Ein moderner Jagdbomber braucht für einen Kilometer gerade mal zweieinhalb Sekunden.«
Wenn ich keinen Ober an den Tisch rief und um Papier und Bleistift bat, hatte
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