Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
Vom Netzwerk:
standen jetzt die Türen offen, und die erste auf der linken Seite führte ins Treppenhaus. Ich konnte ein Stück Geländer erkennen und darüber einen Spiegel. Ich ging in die Hocke, lief gebückt durch die Tür und richtete die Waffe die Treppe rauf und runter, so drohend ich konnte. Nichts.
    Ich zog die rechte Hand zurück und zerschmetterte mit dem Kolben der Glock den Spiegel. Dann nahm ich mir eine der größeren Scherben und schnitt mir die linke Hand daran auf. Aus Versehen, falls Sie sich wundern.
    Ich hielt die Scherbe vors Gesicht und schielte auf das Spiegelbild meines Kinns hinab. Die Wunde war eher unschön.
    In den Flur zurückgekehrt, besann ich mich jetzt doch auf die Methode der langsamen Aufklärung, kroch an jeden Türrahmen, schob den Spiegel über die Schwelle und inspizierte vorsichtig das ganze Zimmer. Eine umständliche Methode und wahrscheinlich ziemlich überflüssig, denn die Wände bestanden aus wenige Zentimeter dicken Rigipsplatten und hätten wahrscheinlich keinen Kirschkern aufgehalten, den ein müder Dreijähriger mit den Fingern wegschnippt. Aber ich fand es besser, als mich in der Tür aufzubauen und »Huhu?« zu rufen.
    Die ersten beiden Zimmer standen dem Flur in nichts nach. Verdreckt und mit Schrott vollgestellt. Dreibeinige Stühle, kaputte Schreibmaschinen und Telefone. Ich dachte gerade, daß es in den größten Museen der Welt nichts gibt, was auch nur annähernd so antik aussieht wie ein zehn Jahre alter Fotokopierer, als ich ein Geräusch hörte.
    Einen Menschenlaut. Ein Stöhnen. Ich wartete. Es wiederholte sich nicht, also spielte ich es noch einmal im Kopf ab. Es kam aus dem Nebenzimmer. Stammte von einem Mann. Er vögelte oder er litt. Oder er stellte mir eine Falle.
    Ich kroch in den Flur zurück, zur nächsten Tür und preßte mich an die Wand. Ich brachte die Spiegelscherbe vor mir in Position und schob sie hin und her. Auf einem Stuhl mitten im Zimmer saß ein Mann, dem der Kopf auf die Brust gesunken war. Klein, fett, mittleren Alters und an den Stuhl gefesselt. Mit Lederriemen.
    Seine Hemdbrust war blutig. Sehr blutig.
    Wenn es eine Falle war, dann erwartete die Gegenseite, daß ich jetzt aufsprang und sagte: »Du meine Güte, kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?« Also blieb ich, wo ich war, und ließ weder Mann noch Flur aus den Augen.
    Der Mann gab keinen Laut mehr von sich, und der Flur beschränkte sich auf die üblichen Fluraktivitäten. Nach einer vollen Minute des Beobachtens warf ich die Scherbe weg und kroch am Türpfosten vorbei ins Zimmer.
     
    Vielleicht hatte ich schon seit seinem Stöhnen gewußt, daß es Woolf war. Entweder hatte ich die Stimme erkannt oder mir schon die ganze Zeit gedacht, wenn der Gestriegelte mich zu packen bekomme, dann könne Woolf ihm auch keine großen Probleme bereiten.
    Oder Sarah, was das anging.
    Ich schloß die Tür und verkeilte die Klinke mit einem abgekippten Stuhl. Das würde kaum jemanden aufhalten, aber ich bekam die Chance, drei oder vier Schüsse abzugeben, bevor die Tür aufging. Ich kniete mich vor Woolf und schrie sofort auf, weil mein Knie neue Schmerzen meldete. Ich wich ein Stück zurück und sah zu Boden. Neben Woolfs Füßen lagen sieben oder acht Schrauben oder Muttern in einer Öllache, und ich bückte mich, um sie beiseite zu fegen.
    Aber es waren keine Schrauben oder Muttern, und es war kein Öl. Ich kniete auf seinen Zähnen.
     
    Ich löste die Riemen und hob seinen Kopf. Beide Augen waren geschlossen, aber ich konnte nicht feststellen, ob das an seiner Bewußtlosigkeit lag oder weil sein Gesicht um Wangen und Augenhöhlen herum so gräßlich angeschwollen war. Er hatte Blut-und Speichelbläschen am Mund, und sein Atem hörte sich furchtbar an.
    »Das wird schon wieder«, sagte ich. Aber ich glaubte mir nicht und er wahrscheinlich auch nicht. »Wo ist Sarah?«
    Er antwortete nicht, aber ich merkte, daß er das linke Auge öffnen wollte. Er legte den Kopf zurück, und unter einem tiefen Stöhnen platzten ein paar Bläschen. Ich beugte mich vor und ergriff seine Hände.
    »Wo ist Sarah?«, wiederholte ich, während eine dicke, behaarte Sorgenfaust mir die Kehle zusammenpreßte. Erst rührte er sich nicht, und ich dachte, er hätte das Bewußtsein verloren, aber dann hob sich seine Brust, und er machte den Mund auf, als müßte er gähnen.
    »Wie lautet Ihre Entscheidung, Thomas?« Seine Stimme war ein dünnes Rasseln, und sein Atem wurde immer schlimmer. »Sind Sie …« Er stockte, um Luft zu

Weitere Kostenlose Bücher