Bockmist
solche Informationen gelangen, Mr Solomon? Sie haben doch die ganze Infanterie. Ich erfahre nur, was O’Neal mir mitteilt.«
»Aber, aber«, sagte ich, »ich bezweifle, daß das so ganz zutrifft.«
»Tatsächlich?«
Irgendwas war hier faul. Was, war mir ein Rätsel, aber irgend etwas stank hier zum Himmel.
»Lassen wir das mal beiseite, Mr Barnes«, sagte ich. »Nehmen wir einmal an, daß mein Ministerium in bezug auf Infanterie derzeit unterbesetzt ist. Haufenweise Grippefälle. Urlaubszeit. Nehmen wir einmal an, daß unsere Infanterie infolge ihrer gelichteten Reihen die Spur der besagten Personen vorübergehend verloren hat.«
Barnes ließ seine Fingergelenke knacken und beugte sich über den Tisch.
»Also, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, Mr Solomon.«
»Ich sage ja auch nicht, daß es so ist«, meinte ich. »Ich stelle nur eine Hypothese auf.«
»Gleichviel, dann stelle ich Ihre Prämisse in Frage. Ich habe eher den Eindruck, daß Sie gegenwärtig überbesetzt sind.«
»Entschuldigung, da komme ich nicht ganz mit.«
»Ich habe den Eindruck, Ihr Personal läuft überall herum und beißt sich in den Schwanz.«
Die Uhr tickte.
»Was genau wollen Sie damit sagen?«
»Was genau ich damit sagen will? Wenn Ihre Abteilung es sich leisten kann, für ein und denselben Job gleich zwei David Solomons einzustellen, dann muß sie über einen Etat verfügen, den ich auch gern mal hätte.«
Hoppala.
Er stand auf und kam langsam um den Tisch herum. Nicht bedrohlich, wollte sich bloß mal die Beine vertreten.
»Vielleicht haben Sie ja noch mehr? Vielleicht haben Sie eine ganze Abteilung nur aus David Solomons. Stimmt das?« Er machte eine Pause. »Ich hab’ bei O’Neal angerufen. David Solomon sitzt momentan im Flugzeug nach Prag, und O’Neal ist offenkundig der Meinung, daß er nur diesen einen David Solomon auf der Gehaltsliste hat. Vielleicht teilen sich all Ihre David Solomons ja ein Gehalt.« Er kam zur Tür und öffnete sie. »Mike, hol ein E-Team her, aber dalli.«
Er drehte sich um, lehnte sich mit verschränkten Armen an den Türpfosten und sah mich an.
»Sie haben rund vierzig Sekunden.«
»Also gut«, sagte ich. »Ich heiße nicht Solomon.« Das E-Team bestand aus zwei Carls, die meinen Stuhl flankierten. Mike hatte sich an der Tür postiert, und Barnes saß wieder hinter seinem Schreibtisch. Ich spielte den geknickten Verlierer.
»Ich heiße Glass. Terence Glass.« Ich versuchte, das so langweilig klingen zu lassen wie irgend möglich. So langweilig, daß niemand je auf die Idee kommen würde, sich so etwas auszudenken. »Ich habe eine Kunstgalerie in der Cork Street.« Ich griff in die Westentasche, fand die Visitenkarte, die die kultivierte Blondine mir gegeben hatte und reichte sie Barnes. »Hier. Meine letzte. Ja, und Sarah arbeitet eben für mich. Oder hat für mich gearbeitet.« Ich seufzte und sackte noch ein Stück in mich zusammen. Ein Mann, der alles riskiert und alles verloren hatte. »In den letzten Wochen war sie … ich weiß auch nicht. Sie wirkte beunruhigt. Oder verängstigt. Sie fing an über komische Dinge zu reden. Und dann kam sie eines Tages nicht mehr zur Arbeit. Verschwand einfach. Ich hab’ rumtelefoniert. Nichts. Ich hab’ ein paarmal versucht, ihren Vater anzurufen, aber der ist anscheinend auch verschwunden. Schließlich hab’ ich in ihrem Schreibtisch gekramt, bei ihren persönlichen Siebensachen, und hab’ einen Schnellhefter gefunden.«
Als ich das sagte, richtete sich Barnes etwas auf, also wollte ich doch mal sehen, ob er sich nicht noch weiter aufrichten konnte.
»GRADUIERTENKOLLEG stand auf dem Umschlag. Erst dachte ich, das hätte was mit Kunstgeschichte zu tun, aber Pustekuchen. Ich hab’, ehrlich gesagt, nicht ganz verstanden, worum es ging. Geschäfte. Produktion von irgendwas. Sie hatte sich Notizen gemacht. Ein Mann namens Solomon. Und Ihr Name stand da. Amerikanische Botschaft. Ich … darf ich ganz offen sein?«
Barnes erwiderte meinen Blick. Sein Gesicht bestand nur noch aus Narben und Falten.
»Erzählen Sie ihr nichts davon«, sagte ich. »Ich meine, ich hab’s ihr nie gestanden, aber … ich liebe sie. Schon seit Monaten. Deswegen hab’ ich sie bloß eingestellt. Eigentlich brauchte ich in der Galerie kein zusätzliches Personal, aber ich wollte sie in meiner Nähe haben. Ich konnte an nichts anderes mehr denken. Ich weiß, es klingt erbärmlich, aber … kennen Sie sie? Ich meine, haben Sie sie schon mal gesehen?«
Barnes
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