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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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antwortete nicht. Er drehte bloß die Karte, die ich ihm gegeben hatte, in den Händen hin und her und sah unter einer hochgezogenen Augenbraue Mike an. Ich drehte mich nicht um, aber Mike mußte in Aktion getreten sein.
    »Glass«, sagte eine Stimme. »Stimmt.«
    Barnes zutzelte an seinen Zähnen und sah aus dem Fenster. Von der Uhr abgesehen, war es im Zimmer erstaunlich ruhig. Keine Telefone, keine Schreibmaschinen, kein Verkehrslärm. Die Fenster mußten vierfach verglast sein.
    »O’Neal?«
    Ich sah so vernichtet drein, wie ich konnte.
    »Was soll mit dem sein?«
    »Wo haben Sie das Zeug über O’Neal her?«
    »Der Schnellhefter«, ich zuckte die Achseln. »Ich sag’ doch, ich hab’ ihre Unterlagen gelesen. Ich wollte wissen, was ihr zugestoßen war.«
    »Und warum haben Sie das nicht von Anfang an gesagt? Warum erst dieser ganze Scheiß?«
    Ich lachte und sah zu den Carls hoch.
    »Man kommt nicht gerade leicht an Sie ran, Mr Barnes. Ich hab’ seit Tagen versucht, Sie ans Telefon zu bekommen. Ich bin jedesmal mit der Visum-Abteilung verbunden worden. Wahrscheinlich haben die gedacht, ich wollte Ihnen eine Green card abluchsen. Eine Amerikanerin heiraten.«
    Es entstand eine lange Pause.
    Es war bestimmt eine der dämlichsten Geschichten, die ich je erzählt habe; aber ich setzte auf Barnes’ Machismo, ich setzte sogar sehr darauf. Ich hielt ihn für einen arroganten Mann, der im Ausland gestrandet war, und ich hoffte, daß er sich liebend gern einreden würde, alle Menschen, mit denen er zu tun hatte, wären so dämlich wie meine Geschichte. Wenn nicht noch dämlicher.
    »Haben Sie’s schon bei O’Neal probiert?«
    »Im Verteidigungsministerium behauptet man, dort arbeite niemand dieses Namens, und ich soll lieber bei meinem örtlichen Polizeirevier eine Vermißtenmeldung aufgeben.«
    »Und haben Sie das gemacht?«
    »Ich hab’s versucht.«
    »Bei welchem Revier?«
    »Bayswater.« Dem würden sie nicht nachgehen. Er wollte bloß sehen, wie schnell meine Antwort kam. »Bei der Polizei bekam ich den Rat, ein paar Wochen zu warten. Die sagten sich wahrscheinlich, sie hätte einen anderen Liebhaber gefunden.«
    Auf den war ich richtig stolz. Ich war todsicher, daß er darauf reinfallen würde.
    »Einen anderen Liebhaber?«
    »Na ja …«, ich versuchte, rot zu werden. »Okay. Einen Liebhaber.«
    Barnes nagte an der Unterlippe. Ich machte einen so jämmerlichen Eindruck, daß ihm gar nichts anderes übrigblieb, als mir zu glauben. Ich selbst hätte mir geglaubt, und ich stelle hohe Ansprüche.
    Er traf eine Entscheidung.
    »Wo ist der Schnellhefter jetzt?«
    Ich sah hoch, überrascht, daß der Ordner irgend jemanden interessieren konnte.
    »Immer noch in der Galerie. Warum?«
    »Beschreibung?«
    »Wie soll ich sagen, es ist eben … eine Galerie. Zeitgenössische Kunst.«
    Barnes holte tief Luft. Er hatte die Schnauze gestrichen voll von mir.
    »Wie sieht dieser Schnellhefter aus?«
    »Wie jeder Schnellhefter. Karton …«
    »Herrgott noch mal«, sagte Barnes. »Welche Farbe?«
    Ich dachte einen Augenblick nach.
    »Gelb, glaube ich. Ja. Gelb.«
    »Mike. Satteln.«
    »Moment mal …« Ich wollte aufstehen, aber ein Carl lehnte sich auf meine Schulter, und ich fand, ich konnte ebensogut sitzen bleiben. »Was haben Sie denn vor?«
    Barnes war schon wieder in seine Akten vertieft und würdigte mich keines Blickes.
    »Sie werden Mr Lucas zu Ihrem Betrieb begleiten, und Sie werden ihm den Schnellhefter aushändigen. Klar?«
    »Und warum sollte ich, verdammt noch mal?« Ich weiß nicht, wie Kunstgaleristen klingen, aber ich wählte Bockigkeit. »Ich bin hergekommen, um herauszufinden, was meiner Angestellten zugestoßen ist, nicht damit Sie in ihren Habseligkeiten herumwühlen.«
    Es war, als hätte er plötzlich entdeckt, daß der letzte Punkt auf seiner Tagesordnung lautete: »Allen noch mal zeigen, wer hier der Boss ist« – obwohl Mike schon zur Tür hinaus war und die Carls soeben gehen wollten.
    »Jetzt hören Sie mal gut zu, Sie verdammte Schwuchtel«, sagte er. Was ich, ehrlich gesagt, etwas übertrieben fand. Die Carls blieben gehorsam stehen, um das Testosteron zu bewundern. »Zweierlei. Erstens. Solange wir diesen Ordner nicht gesehen haben, wissen wir nicht, ob er zu ihren Habseligkeiten gehört oder nicht vielmehr zu unseren. Zweitens. Je eher Sie tun, was zum Teufel ich Ihnen sage, desto größer ist Ihre Chance, diese Nebelkrähe wiederzusehen. Haben wir uns verstanden?«
    Mike war ein netter Kerl.

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