Bodenlose Tiefe
lebt. Sie hat ihn auf mehreren Forschungsreisen auf der Last Home begleitet, aber die beiden scheinen mehr oder weniger ihr jeweils eigenes Leben geführt zu haben.«
»Und was ist mit der Insel, auf der sie lebt?«
»Lontana hat sie von dem Geld gekauft, das ihm die Entdeckung der spanischen Galeone eingebracht hat. Falls Sie vorhaben, sie dort zu besuchen, würde ich Ihnen raten, das nicht ohne Einladung zu tun. Der einzige Zugang ist eine kleine Bucht auf der Südseite der Insel und die ist durch ein elektrisches Netz gesichert, das die Delphine schützt. Die Insel ist so dicht bewachsen, dass man nicht mal mit einem Hubschrauber dort landen kann.«
»Noch habe ich nicht vor, sie zu besuchen. Ich werde eine Yacht chartern und hier bleiben, bis Sie mir etwas Brauchbares liefern. Ich glaube, sie braucht etwas Zeit, um Lontanas Tod zu verkraften.«
»Und warum sind Sie dann in Nassau?«
Kelby ignorierte die Frage. »Was haben Sie über die Yacht in Erfahrung gebracht, die mir aufgefallen ist, als wir nach Lontana gesucht haben?«
»Daran arbeite ich noch. Falls das Boot gechartert war, wissen wir vielleicht schon bald etwas Näheres. Die Siren gehört einer britischen Chartergesellschaft in Athen.
Es sind noch eine Menge weiterer Boote namens Siren registriert, aber alle haben ein Adjektiv vor dem Namen. Es ist natürlich möglich, dass ich auf der falschen Fährte bin.« Er schwieg einen Augenblick. »Glauben Sie, jemand könnte ihr gefolgt sein?«
»Vielleicht. Besorgen Sie mir so bald wie möglich die Namen und Personenbeschreibungen.«
»Morgen.«
»Heute.«
»Sie sind verdammt hartnäckig, Kelby. Sonst noch was?«
»Ja, versuchen Sie, Nicholas Lyons zu kontaktieren, und schicken Sie ihn her.«
»Ach du Scheiße.«
Kelby lachte in sich hinein. »Keine Sorge, Wilson. Als ich das letzte Mal von ihm gehört habe, war er sehr umsichtig und gesetzestreu – für seine Verhältnisse.«
»Was nicht viel heißt. Darf ich mich auf das zweifelhafte Vergnügen freuen, Sie beide mal wieder aus dem Gefängnis zu holen?«
»Das war doch erst ein Mal nötig. Und das Gefängnis in Algier war extrem sicher, sonst hätten wir es ohne Ihre Hilfe geschafft, da rauszukommen.«
»Ich finde, Sie haben sich wirklich die übelsten Charaktere als Freunde ausgesucht, als Sie bei den SEALs waren.«
»Nein, ich war der übelste Charakter, Wilson.«
»Na, Gott sei Dank sind Sie inzwischen erwachsen geworden und haben es aufgegeben, Räuber und Gendarm zu spielen. Bei Ihren verrückten Abenteuern damals wären Sie um ein Haar draufgegangen, dann hätte ich den ganzen Papierkram am Hals gehabt.«
»Ach, so was würde ich Ihnen doch niemals antun.«
»Doch, das würden Sie.« Wilson seufzte. »Haben Sie eine Ahnung, wo Lyons sich aufhält?«
»In St. Petersburg.«
»Können Sie ihn anrufen?«
»Nein, er benutzt ständig ein anderes Handy.«
»Wie alle umsichtigen und gesetzestreuen Bürger.«
»Finden Sie ihn, Wilson. Sagen Sie ihm, er soll sich bei mir melden.«
»Ich tue es gegen besseres Wissen.« Er holte tief Luft. »Von Gary St. George habe ich noch etwas über Melis Nemid erfahren. Während der ersten zwei Jahre, die sie bei Lontana war, ist sie regelmäßig zu einer Psychologin in Nassau gegangen. Zu einer Dr. Carolyn Mulan.«
»Wie bitte?«
»Sie hat kein Geheimnis daraus gemacht, sondern ganz offen über ihre Besuche bei dieser Frau Dr. Mulan gesprochen. Sie hat sogar Witze darüber gemacht. Gary meinte, in Santiago sei sie auch schon in psychologischer Behandlung gewesen.«
»Das wundert mich. Ich hätte sie für einen der ausgeglichensten Menschen gehalten, denen ich je begegnet bin.«
»Soll ich diese Psychologin kontaktieren und versuchen, etwas aus ihr rauszubekommen?«
»Es gibt da etwas, das sich ärztliche Schweigepflicht nennt.«
»Diese Hürde lässt sich mit geschickter Bestechung leicht nehmen.«
Das wusste Kelby besser als Wilson. Geld brachte die Leute zum Reden; Geld konnte Schwarz in Weiß verwandeln. Mit dieser Erkenntnis lebte er, seit er ein Kind war. Warum zögerte er, Wilson auf Melis Nemids Krankenakte anzusetzen? Das war eine unangenehme Sache. Wahrscheinlich hatte sie dieser Psychologin gegenüber ihr Innerstes offenbart. In diese Geheimnisse einzudringen kam ihm vor, als würde er sie entkleiden.
Andererseits konnte es sein, dass sie dieser Frau etwas über Marinth erzählt hatte.
»Sehen Sie zu, was Sie in Erfahrung bringen können.«
NASSAU
Gott, war das ein heißer
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