Bodenlose Tiefe
»Allerdings schränke ich das Risiko ein. Zuerst suchen wir Marinth, dann Archer. Aber es könnte uns gelingen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, wenn er uns nach Las Palmas folgt.«
»Es ist immer noch eine Pattsituation. Ich muss Ihnen vertrauen.«
Er nickte. »Aber Sie wissen, dass ich es kaum erwarten kann, den Dreckskerl zu fassen zu kriegen. Sie gehen kein großes Risiko ein.« Er überlegte. »Noch eins. Die Schrifttafeln und die Transskripte gehören mir.«
»Nein. Ich werde sie vielleicht noch brauchen, um Archer zu ködern.«
»Sie können sie als Leihgabe behalten. Aber von jetzt an gehören sie mir.«
Sie schwieg eine Weile. »Sie sind ein knallharter Geschäftsmann.«
»Ich wurde von Experten geschult. Es wird ein teures Spiel für Sie werden, wenn Sie sich nicht an die Abmachungen halten.«
»Ich werde mein Versprechen einlösen. Ich gebe Ihnen, was Sie wollen.«
»Noch eine Frage: Was für eine Art von Ausrüstung werde ich brauchen? Mit welcher Tiefe muss ich rechnen?«
»An der Stelle, wo wir waren, hatte das Meer nur sechzig Meter Tiefe. Wenn es dort keine Schluchten gibt, dürfte für eine vorläufige Erkundung normale Taucherausrüstung ausreichen.«
»Also kein Tauchboot. Das wird die Kosten erheblich senken.«
»Sehen Sie zu, wie Sie Geld auftreiben.« Sie schaute ihn an.
»Denn allein der Flug nach Las Palmas könnte teurer werden, als Sie denken. Sie müssen ein Flugzeug auftreiben, in dem Sie Tanks für Pete und Susie unterbringen können. Und in Las Palmas müssen Sie einen noch größeren Tank besorgen.«
»Wie bitte? Kommt nicht in Frage. Ich weiß, dass Sie an Pete und Susie hängen, aber ich werde Ihren schwimmenden Freunden kein Flugticket bezahlen. Haben Sie eine Ahnung, was das kosten –«
»Sie müssen mitkommen.«
»Ich werde Leute hierher beordern, die die Insel schützen können. Machen Sie sich da mal keine Sorgen.«
»Ohne die Delphine können wir Marinth nicht finden. Sie sind die Einzigen, die sich dort auskennen.«
»Wie bitte?«
»Sie haben mich richtig verstanden. Wir haben Pete und Susie in den Gewässern vor Cadora, einer der Kanarischen Inseln, gefunden, als Phil auf der Suche nach Marinth war. Sie waren dauernd um uns herum, schwammen im Kielwasser des Schiffs und neben uns her, wenn wir getaucht sind. Sie waren noch jung, höchstens zwei Jahre alt. Es ist sehr ungewöhnlich, dass junge Delphine ihre Mutter oder ihre Gruppe verlassen, aber Pete und Susie waren von Anfang an anders. Sie haben regelrecht den Kontakt zu Menschen gesucht. Sie erschienen regelmäßig im Morgengrauen an der Last Home und blieben bis zum Sonnenuntergang. Sobald es dunkel wurde, waren sie nicht mehr zu sehen. Vielleicht sind sie nachts immer zu ihrer Mutter oder ihrer Gruppe zurückgekehrt. Aber das war mir egal. Die Tagesstunden reichten mir aus. Ich hatte eigentlich gar keine Lust, nach versunkenen Städten zu suchen, und das war die Gelegenheit für mich, Delphine aus nächster Nähe zu beobachten. Ich habe unter Wasser mehr Zeit mit den Delphinen verbracht als mit der Suche nach Phils versunkener Stadt.«
»Was ihm wahrscheinlich nicht besonders gefallen hat.«
»Nein, aber als ich ihm die Schrifttafeln zeigte, die ich gefunden hatte, nachdem die Delphine mich in eine Unterwasserhöhle geführt hatten, war er völlig aus dem Häuschen.«
»Die Tiere haben Sie gezielt dorthin geführt?«
»Ich weiß nicht. Es kam mir so vor. Aber das kann ich natürlich nicht beweisen. Vielleicht wollten sie auch nur an einem Ort spielen, der ihnen vertraut war.«
»Und Lontana hat den Erfolg eingeheimst.«
Sie seufzte. »Er war vollkommen außer sich vor Aufregung und glaubte, die Delphine könnten ihn zu den Ruinen der versunkenen Stadt führen. Wochenlang sind er und die Männer, die er in Las Palmas angeheuert hatte, mit den Delphinen getaucht. Sie haben sie richtig gescheucht und ihnen teilweise sogar Angst gemacht, damit sie sich vom Boot entfernten und sie ihnen folgen konnten. Ich hätte Phil am liebsten den Hals umgedreht.
Ich habe ihn angefleht, mit dem Blödsinn aufzuhören, aber er hat sich einfach taub gestellt. Er konnte nur noch an Marinth denken.«
»Und hat er gefunden, was er gesucht hat?«
»Nein. Eines Tages sind Pete und Susie plötzlich nicht mehr aufgetaucht. Drei Tage später hörten wir, dass sich zwei junge Delphine vor Lanzarote in Fischernetzen verfangen hatten. Das waren Pete und Susie. Sie waren krank und vollkommen dehydriert. Ich war
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