Bodenlose Tiefe
diese verfluchte Schallkanone Bescheid wusste. Und Phils Tod hatte den zusätzlichen Effekt, sie, Melis, nach Athen zu locken und sie verwundbar zu machen. »Warum hat er sich dieses verdammte Marinth nicht einfach aus dem Kopf geschlagen?«
»Er hatte noch nie einen wirklich sensationellen Fund gemacht.« Nachdenklich schaute Gary zu dem Delphintank hinüber. »Nur diese eine Galeone. Marinth hätte ihn reich und berühmt gemacht. Vielleicht wollte er etwas erreichen, was noch niemandem gelungen war. Vielleicht –« Er blieb wie angewurzelt stehen. »Wo ist Cal? Er war dran mit der Bewachung des Tanks.«
Sie erstarrte. »Was?«
»Er hat sich beschwert, weil er dauernd auf die Delphine aufpassen musste. Er war dran mit –«
Seine Beine gaben unter ihm nach und er stürzte zu Boden.
»Gary!«
Mitten in seiner Stirn klaffte ein rundes Loch. Blut … Eine schwarze Limousine raste über den Pier auf sie zu.
Die hintere Tür öffnete sich, als der Wagen sich der Stelle näherte, wo sie reglos vor Schreck stehen geblieben war.
»Nein!« Sie rannte los und langte in ihre Segeltuchtasche. Der Revolver. Sie musste den Revolver zu fassen kriegen.
Der Wagen hatte sie fast erreicht. Jemand lehnte sich aus der hinteren Tür.
O mein Gott. Cox.
Melis hob den Revolver. Sie hörte jemanden fluchen und die Tür zuschlagen, als sie abdrückte. Die Kugel prallte von der Tür ab.
Der Fahrer. Vergeblich versuchte sie, im Laufen zu zielen.
Trotzdem drückte sie ab.
Die Windschutzscheibe zersplitterte und der Wagen wich nach rechts aus, wendete und raste erneut auf sie zu.
Keine Zeit wegzulaufen. Keine Zeit nachzudenken.
Kurz entschlossen machte sie einen Kopfsprung ins Wasser.
Wutschnaubend betrat Kelby die Lagerhalle und kam auf Melis zu. Er reichte ihr eine Segeltuchtasche. »Ich hab dir trockene Sachen mitgebracht.«
»Danke«, sagte sie und zog die Decke, die der Polizist ihr gegeben hatte, enger um sich. »Aber ich muss mich duschen, bevor ich mir was Sauberes anziehe, ich bin von oben bis unten voll Salz. Die werden mich hier nicht mehr lange brauchen.
Comisario Lorenzo hat gesagt, er ist in fünf Minuten wieder zurück.«
»Alles in Ordnung?«, fragte Kelby besorgt.
Sie nickte. »Ich bin nicht verletzt. Sie wollten mir nichts tun, sie wollten mich nur in ihre Gewalt bringen.« Sie schüttelte sich.
»Sie haben Gary getötet.«
»Ich weiß.«
»Einem von den Studenten haben Sie einen so heftigen Schlag auf den Kopf versetzt, dass er jetzt eine Gehirnerschütterung hat.
Ich glaube, es ist Manuel.« Sie rieb sich die Stirn. »Der arme Junge.«
»Manuel Jurez. Er wird sich wieder erholen.«
»Cal wurde auch angeschossen, aber er wird überleben. Archer und seine Leute wollten wohl auf Nummer Sicher gehen und mir am Delphintank auflauern, falls sie mich nicht auf dem Weg dorthin erwischten.« Sie biss sich auf die Lippe. »Cal wurde an der Schulter getroffen und in den Delphintank gestoßen, wo er ertrunken wäre, wenn Pete und Susie ihn nicht über Wasser gehalten hätten.«
»Ein Hoch auf Pete und Susie.«
Sie schaute ihn an. »Cal ist den Delphinen sehr dankbar.«
Er schwieg einen Moment. »Ich auch.«
»Warum bist du dann so sarkastisch?«
»Weil ich dich wie eine ertrunkene Ratte hier in dieser zugigen Lagerhalle habe hocken sehen. Weil hier die Hölle los war und ich nicht da war, um das zu verhindern. Weil die Polizei mich erst anrufen musste, um mir zu sagen, was passiert ist. Warum zum Teufel hast du mich nicht angerufen?«
»Ich war beschäftigt, verdammt.«
»Ist es dir nicht in den Sinn gekommen, dass ich dir gern zu Hilfe geeilt wäre?«
»Nein.« Ihre Stimme zitterte. »Ich konnte überhaupt nicht klar denken.«
Er fluchte leise vor sich hin. Dann kniete er sich neben sie und tupfte ihr mit einer Ecke der Decke die Wange trocken. »Warum hast du dir die Haare nicht abgetrocknet? Dir läuft das Wasser ja schon übers Gesicht.«
»Ich muss sie mir sowieso waschen. Ich stinke nach Meerwasser.« Sie bemühte sich, gegen das Zittern anzukämpfen. »Du hattest Recht, Kelby. Der Revolver hat mir nicht geholfen. Ich hab versucht, sie zu erschießen, aber es hat nicht funktioniert. Nachdem ich ins Wasser gesprungen und unter den Pier geschwommen bin, sind sie weggefahren. Den Wagen haben sie in der Nähe des Hafens stehen gelassen.
Comisario Lorenzo meint, ich hätte den Fahrer verletzt. Auf dem Fahrersitz war Blut.«
»Sehr gut. Ich hoffe, es war Archer.«
»Nein, Archer saß auf dem
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