Bodenlose Tiefe
»Als ich zum ersten Mal einen Freund habe sterben sehen, damals bei den SEALs, konnte ich nicht fassen, dass das so schnell gehen kann. Ich fand es so ungerecht, dass er nicht mal die Chance gehabt hatte, sich darauf vorzubereiten. Später hab ich mir dann gesagt, vielleicht war es auch eine Gnade. Er hat es nicht kommen sehen und es war in einem Sekundenbruchteil vorbei. Vielleicht kannst du das mit Gary genauso sehen.«
»Archer hat ihn getötet, weil er mich haben wollte. Er hat ihn einfach so abgeknallt. Erst Phil, dann Carolyn und Maria und jetzt Gary. Ich kann nicht zulassen, dass er so weitermacht.«
»Wir werden ihn kriegen.«
»Es ist ihm egal, ob … Er schreckt vor nichts zurück. Er ist wie Irmak. Er hat sogar gesagt, er würde mich am liebsten wieder in ein Kafas stecken, damit er zusehen kann, wie ich missbraucht werde und – Das macht mir Angst. Und das weiß er. Er weiß über die Träume Bescheid.«
»Du träumst vom Kafas? «
»Ja. Aber in den Träumen bin ich kein kleines Mädchen mehr.
Ich bin wieder dort, aber was sich da abspielt, geschieht jetzt.«
»Es wird nicht passieren.« Er drückte sie fester an sich. »Dafür werde ich sorgen.«
Während sie so eng umschlungen dalagen, konnte sie daran glauben, dass er die Wahrheit sagte. Dass es nie wieder ein Kafas geben würde, dass es Archer nicht gelingen würde, sie zu vernichten. »Du bist nicht für mich verantwortlich. Ich muss damit umgehen. Carolyn würde sagen, ich –«
»Schsch. Ich habe großen Respekt vor Carolyn, aber sie war offenbar knallhart. Es ist vollkommen in Ordnung, sich ein bisschen anzulehnen und Hilfe anzunehmen.«
Sie lehnte sich wirklich bei ihm an. In seinen starken Armen fühlte sie sich sicher und geborgen. Wahrscheinlich tat ihr das nicht gut. Sie sollte ihn lieber von sich wegschieben.
Nicht jetzt. Zuerst musste sie selbst wieder zu Kräften kommen. Morgen war früh genug. »Danke. Du bist so lieb zu mir. Ich … danke dir.«
»Keine Sorge. Ich werde mir schon was einfallen lassen, wie du mich dafür entschädigen kannst.«
»Marinth?«
Er hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe. »Nein. Nicht Marinth.«
»Kaffee?«
Als Melis verschlafen die Augen öffnete, stand Kelby mit einer Tasse Kaffee an ihrem Bett. Er war komplett angezogen und machte den Eindruck, als sei er schon seit Stunden auf.
»Danke.« Sie setzte sich auf und nahm die Tasse entgegen.
»Wie spät ist es?«
»Kurz nach zehn.« Er setzte sich mit seiner Tasse in den Sessel. »Du hast geschlafen wie ein Stein. Anscheinend hattest du’s nötig.«
»Wahrscheinlich.« Seit sie eingeschlafen war, konnte sie sich an nichts erinnern. »Bist du schon lange auf?«
»Seit ein paar Stunden. Ich musste ein paar Dinge organisieren.«
»Was denn? Unseren Aufbruch?«
»Ich musste noch weitere Vorbereitungen treffen.« Er trank einen Schluck Kaffee. »Ich habe im Krankenhaus mit Cal gesprochen und mir den Namen von Garys nächster Verwandten geben lassen. Er hat eine Schwester in Key West. Ich habe sie angerufen und ihr die Nachricht überbracht. Sie möchte seine Leiche nach Florida überführen lassen, damit er dort beerdigt werden kann. Wilson ist unterwegs, um das in die Wege zu leiten.«
»Das wollte ich tun.«
»Das habe ich mir gedacht. Aber auf Wilson ist in solchen Dingen Verlass.«
»Gary war mein Freund, Kelby.«
»Genau. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass er dir noch mehr Stress aufhalsen würde. Davon hast du im Moment weiß Gott genug.« Er lehnte sich zurück. »Ich habe mit Comisario Lorenzo telefoniert. Er schickt um elf Uhr einen Streifenwagen, der dich hier abholt. Er meinte, es wird etwa bis zwei Uhr dauern, dann lässt er dich von einem Polizisten hierher zurückbringen.« Er nippte an seinem Kaffee. »Ich denke, dass wir um fünf Uhr auslaufen können. Wie lassen wir die Delphine frei?«
»Du fährst aufs offene Meer hinaus, während ich mit dem Beiboot an den Tank heranfahre. Wir öffnen die Luke und lassen die Delphine raus. Anfangs werden sie ein bisschen verwirrt sein, aber ich rede mit ihnen und dann werden sie hoffentlich dem Beiboot zum Schiff folgen. Normalerweise haben Delphine großen Spaß daran, im Kielwasser von Schiffen herumzuschwimmen und zu springen.«
»Hoffentlich?«
»Kann aber auch sein, dass sie einfach abhauen. Deshalb habe ich habe sie mit Sendern ausgestattet, so dass wir sie wahrscheinlich wiederfinden werden, falls das passiert.«
»Hoffentlich. Wahrscheinlich.« Er schaute sie
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