Bodenlose Tiefe
versuche bloß, irgendwas von Bedeutung da hineinzulesen. Ich bin wohl ein bisschen aus dem Häuschen.«
»Ich werde Billy helfen, den richtigen Champagner auszusuchen. Für diese spezielle Gelegenheit brauchen wir einen ganz besonderen.« Über die Schulter hinweg rief er Kelby zu: »Du hast allen Grund, ein bisschen durcheinander zu sein.
Glückwunsch, Jed.«
»Danke.« Kelby schaute Melis an. »Und dir auch danke.«
Sie schüttelte den Kopf. »Du brauchst mir nicht zu danken. Ich hatte dir ein Versprechen gegeben. Glaubst du wirklich, dass das der Beweis ist?«
»So gut wie. Wenn wir morgen noch mehr finden, würde ich sagen, wir haben Marinth entdeckt.«
»Und was passiert dann?«
»Ich rufe Wilson jetzt gleich an und schicke ihn nach Madrid, damit er alles erledigt, was ich dazu brauche, um meine Erkundungs- und Bergungsrechte zu sichern. Sonst wimmelt es hier demnächst nur so von Glücksrittern und Schatzsuchern, wenn die Nachricht über unseren Fund durchsickert.«
»Wird er lange dafür brauchen, die Genehmigungen zu bekommen?«
»Nicht, wenn er die richtigen Leute schmiert. Darin ist Wilson ein Experte.« Er wurde ernst. »Ich habe Archer nicht vergessen.
Gib mir noch einen Tag hier, Melis. Mehr brauche ich nicht.«
»Ich wollte dich nicht drängen.« Sie lächelte schief. »Ich wünschte, ich könnte Archer vergessen. Aber es gelingt mir nicht. Er lässt mich nicht. Ich will es nicht.« Sie überlegte.
»Marinth ist nicht das, was du erwartet hast, stimmt’s? Du hast Säulen und Ruinen erwartet. Nicht nur Schlamm.«
Er schüttelte den Kopf. »Als Junge habe ich von einem Torbogen geträumt, durch den man in eine wunderschöne Stadt gelangt.«
»Aber du scheinst nicht enttäuscht zu sein.«
»Das war ein Traum. Das hier ist Realität und die Realität ist immer spannender. Man kann sie anfassen und verändern.« Er hob die Schultern. »Vielleicht brauchte ich den Traum damals, aber heute brauche ich ihn nicht mehr.« Er grinste. »Und wer weiß, was sich unter dem Schlamm alles verbirgt? Vielleicht ein Torbogen.« Er nahm ihren Arm. »Komm, lass uns trockene Sachen anziehen und ein Glas Champagner trinken.«
Kelby lag nicht neben ihr im Bett.
Melis warf einen Blick auf den Wecker. Es war kurz nach drei Uhr früh und Kelby stand selten vor sechs auf.
Es sei denn, irgendetwas stimmte nicht.
Die Delphine.
Sie stand auf, warf sich ihren Morgenmantel über und lief die Treppe zum Oberdeck hinauf.
Kelby stand an der Reling, den Kopf erhoben, den Blick auf den Nachthimmel gerichtet.
»Kelby?«
Er drehte sich um und lächelte sie an. »Komm her.«
Es war alles in Ordnung. Er würde nicht so lächeln, wenn es anders wäre. Sie ging auf ihn zu. »Was machst du denn hier draußen?«
»Ich konnte nicht schlafen. Ich fühle mich wie ein Kind an Heiligabend.« Er legte ihr einen Arm um die Schultern. »Und in ein paar Stunden darf ich meine Geschenke auspacken.«
Sein Gesicht glühte immer noch so vor Aufregung wie seit dem Moment, als er den Behälter gefunden hatte.
»Sie sind vielleicht nicht ganz so beeindruckend wie das, was du heute ausgepackt hast.«
»Oder aber noch besser.« Er schaute in den Himmel. »Weißt du, dieses Metall ist seltsam. Ich denke die ganze Zeit darüber nach. Vielleicht stammt es ja von einem Meteoriten.«
Sie lachte. »Vielleicht waren Außerirdische zu Besuch, die es mitgebracht haben.«
»Alles ist möglich. Wer hätte gedacht, dass eine Kultur, die vor Tausenden von Jahren existiert hat, so hoch entwickelt sein konnte, wie sie es offenbar war?« Er zog sie fester an sich. »Und es liegt alles da unten für uns, Melis. So vieles zum Staunen …«
»Zum Staunen?«
Er nickte. »Es gibt heute so wenig Anlass zum Staunen auf der Welt. Nur Kinder haben diese Gabe noch und sie verlieren sie, wenn sie älter werden. Aber hin und wieder geschieht etwas und erinnert uns daran, dass wir es immer noch finden können, wenn wir nur die Augen offen halten und danach suchen.«
Sie hatte einen Kloß im Hals, als sie ihn anschaute. Etwas …
oder jemand. »Was glaubst du, was wir alles da unten finden werden?«
»Hepsut hat sich nicht sehr anschaulich ausgedrückt. Ich kann es kaum erwarten, diese Schrifttafeln zu sehen.Dann bekomme ich vielleicht eine Vorstellung davon, wo ich suchen muss und was mich erwartet.«
Sie schüttelte lachend den Kopf. »Du willst doch gar nicht so genau wissen, was dich erwartet. Es würde dir den Spaß verderben.«
Er nickte wehmütig.
Weitere Kostenlose Bücher