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Bodenlose Tiefe

Bodenlose Tiefe

Titel: Bodenlose Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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»Ja, du hast Recht, es würde dem Ganzen etwas von dem Zauber nehmen. Und der Zauber ist wichtig.« Er sah sie an. »Es ist spät. Du brauchst nicht hier oben bei mir zu bleiben. Ich bin heute Nacht einfach verrückt.«
    Aber sie wollte bleiben. Sie spürte, dass er Lust hatte zu reden, und sie wollte für ihn da sein. Und in der Stunde des Triumphs in seiner Nähe zu sein hatte auch seinen eigenen Zauber.

    Zauber und Staunen.
    »Ich bin nicht müde. Du hast von Torbögen gesprochen. Wenn es sie gegeben hat, wie würden sie deiner Meinung nach aussehen?«
    »Soll ich dir wirklich davon erzählen?« Er schaute aufs Meer hinaus. »Mit kunstvollen Schnitzereien versehen. Vielleicht mit Intarsien aus Perlmutt und Gold. Und die Straßen sind perfekt symmetrisch angelegt. Wie die Speichen eines großen Rades.
    Und führen zu einem großen Tempel im Zentrum der Stadt …«

    »Gestern Abend habe ich die Jolie Fille entdeckt«, sagte Nicholas am nächsten Morgen leise zu Kelby, der gerade dabei war, seine Sauerstoffflasche anzulegen. »Sie liegt etwa dreißig Meilen südlich von hier vor Anker.«
    Kelby schaute ihn an. »Konntest du sie dir genauer ansehen?«
    »Groß. Schnittig. Wahrscheinlich sehr schnell. Und sehr gut bewacht. In der kurzen Zeit, die ich dort war, habe ich an Deck vier Wachen gezählt. Archer geht kein Risiko ein, dass wir ihn überraschen könnten.« Nachdenklich fügte er hinzu: »Und als ich mich gerade auf den Rückweg machen wollte, habe ich beobachtet, wie ein Mitarbeiter der Küstenwache an Bord der Jolie Fille ging.«
    »Eine Durchsuchung?«
    »Es sah nicht danach aus.«
    »Vielleicht hat jemand Schmiergeld kassiert?«
    »Darauf würde ich eher tippen.«
    »Das bedeutet also, dass wir nicht mit Hilfe von außen rechnen können.«
    »Das schadet nichts. Leute von außen kommen einem meistens nur in die Quere.«
    »Gute Arbeit, Nicholas.«

    »Nur das, was du von mir erwarten würdest. Jetzt wissen wir auf jeden Fall, wo wir dran sind. Auch wenn du im Moment mit anderen Dingen beschäftigt bist«, sagte er lächelnd und ging zu Melis hinüber, um ihr zu helfen. »Viel Glück da unten, Jed.«

    Am nächsten Morgen brachten Kelby und Melis vier Netze voll mit Artefakten vom Meeresboden herauf.
    Vieles war uninteressant oder nicht identifizierbar, aber ein Gegenstand erregte Kelbys Aufmerksamkeit.
    »Melis.« Vorsichtig hob er den Gegenstand hoch. »Sieh dir das an.«
    Sie trat näher. »Was ist das?«
    Es war ein Kelch. Zwar war das Gold stumpf und der Besatz aus Lapislazuli und Rubinen teilweise mit Schlamm verkrustet, aber der Kelch war handwerklich außerordentlich gut gearbeitet.
    Allerdings war das nicht der Grund, warum Melis den Kelch wie gebannt betrachtete. Vorsichtig berührte sie den Rand mit einem Finger. Vor Tausenden von Jahren hatten Menschen aus diesem Kelch getrunken. Ihre Lippen hatten diesen Rand berührt. Diese Menschen hatten in der uralten Stadt, die jetzt am Meeresboden lag, gelacht und geweint und geliebt. Seltsam, sie hatten den Kelch gerade erst aus dem Meer geborgen und dennoch fühlte er sich warm an …
    Sie hob den Kopf schaute Kelby in die Augen. Er lächelte, denn er wusste, was sie empfand.
    Staunen.

    Die Ausbeute des Nachmittags war nicht so groß, aber ausreichend, um ihnen einen Anreiz zu bieten, noch einen weiteren Tauchgang zu machen.
    Kurz vor Sonnenuntergang bedeutete Kelby Melis, sie sollten auftauchen.

    Sie nickte und kämpfte sich durch das trübe Wasser nach oben. Gott, war sie müde. Ihre Arme waren wie Blei und die Sauerstoffflasche war so schwer, dass sie sie kaum noch – Pete schwamm vor ihr hin und her und blockierte ihren Aufstieg.
    Nicht jetzt, Pete. Sie hatte wirklich keine Lust zum Spielen.
    Ungeduldig wartete sie darauf, dass er – Etwas Großes, Hartes streifte sie.
    Noch ein Delphin? Nein, sie hatte kein Anzeichen von ihnen gesehen.
    Irgendetwas Schwarzes und Glänzendes schimmerte vor ihr.
    Ein Taucheranzug. Es war nicht Kelby. Sein Anzug war dunkelblau und er war hinter ihr.
    Eine Harpune!
    Laut klickend versuchte Pete, sich zwischen ihr und dem Mann in dem schwarzen Taucheranzug zu halten.
    Blut im Wasser.
    O Gott, der Mann hatte auf Pete geschossen. Sie sah die Harpune aus seinem Körper ragen. Sie schwamm zu ihm hin.
    Dann sah sie Kelby auf den Mann mit der Harpune zuschwimmen. Sie sah etwas Silbernes in Kelbys Hand aufblitzen. Sein Messer.
    Die beiden Männer kämpften und rangen im Wasser miteinander.
    Dann war es vorbei.
    Noch mehr

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