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Bodin Lacht

Bodin Lacht

Titel: Bodin Lacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Schenk
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ein Glucksen hinter der Tür hörte, und dann schloss sie rechtzeitig den Mund, zwang sich, ruhig zu atmen. Sie wurde durch den Türspalt beobachtet, aber den Spaß ihrer Verzweiflung und ihrer Wut würde sie ihm (ihnen?) nicht schenken. Sie drehte das monströse Ding zwischen den Fingern und lachte laut, so laut sie konnte, ja, sie zwang ihre Lachmuskeln zu arbeiten – hätte sie sich aber im Spiegel sehen können, hätte sie Zweifel bekommen, dass diese Grimasse ein Lachen darstellen könnte –, sie gab sich alle Mühe, hob die Schulter, schüttelte den Kopf, sprach deutlich ohne Tremolo: Mein Gott, diese Primaten! Steckte das Ding wieder in den Karton und warf das Ganze in den Papierkorb.
    Später, als sie sicher war, dass niemand im Flur stand, holte sie es wieder heraus und brachte es in die Recyclingtonne im Hof des Kommissariats.
    Der Gerichtsarzt fragte, ob er die Leiche wieder wegschließen dürfe. Liliane antwortete nicht. Eine Salzsäule. Er seufzte: Eins kann ich Ihnen immerhin berichten, ihre Vagina wie auch der Anus weisen Reibungen und leichte Verletzungen auf, die zeigen könnten, dass sie vergewaltigt wurde, oder dass Fremdkörper eingeführt wurden. Fremdkörper?, schrie die Salzsäule, die sich mit erschrockenen Augen zu ihm hindrehte. Sie zitterte am ganzen Körper und sah sich plötzlich Andreas mit einem Küchenmesser traktieren, wie sie ihn gegen eine Wand nagelte, ihm das Messer an den Hals hielt, dann von ihm abließ, nachdem sie ihn mit dem Knie in die Eier gestoßen und ihn bespuckt hatte. Der Gerichtsarzt hob die Schulter: Geht es Ihnen schlecht? Sie sind aber für den Beruf ein bisschen zart besaitet, mein Fräulein!
    Liliane antwortete nicht. Sie sah noch zu, wie die Leiche wieder weggesperrt wurde. Sie war schuld. Sie hatte ihre eigenen Regeln gebrochen: Ich werde nie tun, worauf ich keine Lust habe. Was ist Lust? Hatte sie denn überhaupt noch Lust? Sie müsste doch automatisch kommen, die Lust, wenn ein junger normaler Mann einen begehrt, einen mit Liebkosungen und Küssen überhäuft und schmeichelhafte Dinge ins Ohr wispert, aber nein, sie hatte leider keine Lust, da unten nicht, im Herzen nicht, im Kopf nicht, niemals Lust. Sie wäre gern eine normale moderne junge Frau, die ihr Recht auf guten Sex wahrnimmt, den bekannten, befreienden, beflügelnden guten Sex, wie man ihn in Filmszenen sieht, wenn zwei sich am Mund des anderen festbeißen und mit ihren Lippen Zunge und Spucke fressen, und Andy gab sich auch Mühe, er befingerte sie auch geschickt, ich bringe dich zum Kochen, Lili, ich lasse deinen Kitzler singen, Lili, und er machte sich den Weg frei, er führte seinen Schwanz ein, ich lasse deinen G-Punkt singen, Lili, sie hätte ihn am liebsten gebissen, weggeschubst, vollgespuckt, hatte sich eisern zusammengenommen, gewartet, seufzend gewartet, jammernd gewartet, auch aus einem Jammern kann man heraushören, was man will, alles geht vorbei, auch das , bitte, kein Drama Lili, morgen werden wir alles vergessen haben, nicht so verkrampft, Lili, sonst tut es verdammt weh, ein kurzes Jammern noch, und es ist auch bald vorbei, nach einer Ewigkeit vorbei, aber vorbei. Und morgen ist ein anderer Tag, Andreas, und sie werden sich bei der morgendlichen Konferenz treffen, Befehlen von Christoph Angler folgen, später in ihr Polizeiauto einsteigen, vor einem unbekannten Haus parken, bei irgendeinem ahnungslosen Paar klingeln, und sagen, guten Tag, dürfen wir kurz eintreten, wir haben eine schlechte Nachricht: Ihre Frau ist ermordet worden, Ihre Tochter ist von einem Sadisten misshandelt und getötet worden. Nein, so offen werden sie das nicht sagen, eine Mutter wird sie aber anstarren, wird einen fürchterlichen Schrei ausstoßen, vielleicht wird Liliane sie in die Arme nehmen und versuchen, sie zu beruhigen. Sie schreit, und kurz danach entlädt sich Andreas, jammert genüsslich, schön, schön, dass du auch, sagte er, Wellen von Ekel und Hass heben sich unter Lilianes Brust, schön, sagt Andreas, es war super. Er streift das Präservativ ab, schmeißt es ungeniert auf den Boden. Tropfen auf dem Teppich. Sie segnet alles ab: Ja, Andy, es war super. Sie trinken noch ein Schnaps zusammen, sie weint, auch aus Tränen kann man lesen, was man will, Freudentränen, Erleichterungstränen, Dankbarkeitstränen, warum nicht? Er drückt sie stolz und zufrieden in die Arme.

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