Bodin Lacht
Frustration, und erfolgsgeil. Komm, im Ernst: Was hast du bei Evelyn gesucht? Vielleicht nur Klavierunterricht genommen?
Der Toast Hawaii für den Herrn, sagte die Serviererin.
Ich spüre, sagte Liliane, und pickte sich die Ananas vom Teller des Mannes (ein ziemlich ekelhafter Pappkäse klebte darauf), dass meiner Rehabilitation bei der deutschen Kripo nichts mehr im Weg steht. Mein lieber Kollege Andreas Hoffmann wird dich im Nu aufspüren und sich damit rühmen, dass er Evelyns Mörder gefunden hat. Wir haben ja einen Zeugen, der dich zusammen mit Evelyn gesehen hat. Evelyn hat dich bei einer Party als eine Art Agent vorgestellt.
Was?
Der Ãberraschungsschrei klang echt. Liliane begann, sich zu amüsieren. Nein, dieser Franz war plump und blöd und alles andere als sittsam, aber kein Mörder.
Die Ananas schmeckt nicht schlecht, sagte sie, obwohl ich für laue Ananas nicht viel mehr übrig habe als für falsche Münzen. Den bezahlst du, sagte Franz. Er schob ihr den Teller mit dem nackten Toast zu. Deine Evelyn hat mich nie als Agent irgendwo vorgestellt. Ich bin auch nie mit ihr zu einer Party gegangen! Es war auch nicht mein Job!
So so, sagte Liliane, was war dann dein Job?
Sie hielt zwei Sekunden still und warf Franz einen kunstvoll aufrichtigen Blick zu. Hör mal, Franz Sittig, ich werde mit dir oder ohne dich Evelyns Mörder finden. Entweder hilfst du mir weiter, und es wird dir überhaupt nichts passieren, oder nicht, und ich rufe die ehemaligen Kollegen an, und, auch wenn du jetzt abhaust, finden sie dich innerhalb von zwei Stunden und kommen dann richtig in Fahrt, das kann ich dir sagen.
Ich habe der Frau eine Adresse gegeben, die interessierte sich dafür.
Liliane stieà einen Erleichterungsseufzer aus: Wofür?
Für einen Nebenverdienst, sagte Franz, ein wenig schleppend. Nein, nicht was du glaubst, kein Dealerjob oder so.
Sondern?
Franz senkte den Blick: Eine Art Escortservice. Nichts GroÃes, eine kleiner, feiner Verein.
SüÃ!, grinste Liliane, und wie lautet die Satzung dieses Vereins?
Ich habe sie dort nur vorgestellt.
Was kriegst du dafür?
Eine kleine Provision. Das ist auch wirklich nichts Schlimmes. Niemand wird da gezwungen mitzumachen. Alles auf freiwilliger Basis. Es arbeiten da ganz feine Studentinnen und Hausfrauen und einige machen das einfach so zum SpaÃ, sie lieben es.
Du findest die Frauen in Kneipen wie diesen und lenkst sie karitativerweise in Richtung Liebesverein?
Franz hob unschuldig die Augen: Ja und?
Liliane lächelte freundlich: Und was kassieren die zweifellos ehrenamtlichen Organisatoren dieses Fickvereins?
Ein paar Prozente.
Liliane übte ebenfalls einen unschuldigen Blick: Gibst du mir die Adresse? Ich fürchte, ich brauche demnächst auch einen Nebenverdienst. Ich könnte sogar voll einsteigen, wenn es sich lohnt.
Und ich fürchte, du bist nicht der Typ dazu, grinste Franz.
Ich werde dich überraschen, lächelte Liliane charmant.
Er schaute halb drohend: Und du lässt mich bei deinen Polypenfreunden auÃen vor, okay?
Es sind doch keine Freunde mehr. Du kriegst keinen Ãrger, versprochen.
Unter so vielen Wahrheiten sollte doch eine wahre Lüge ihren Platz finden.
FELD 50: SPION
[Spion]
1. jemand, der für einen Auftraggeber oder Interessenten, besonders eine fremde Macht, militärische, politische oder wirtschaftliche Geheimnisse auskundschaftet.
2. heimlicher Beobachter oder Aufpasser, der etwas zu erkunden sucht.
3. Guckloch, besonders in einer Tür.
4. auÃen am Fenster angebrachter Spiegel für die Beobachtung der StraÃe und des Hauseingangs.
Er hatte in Bodins Wohnung eine Runde gedreht, Nahrungsmittel, die er nach dem Schwimmen noch schnell besorgt hatte, in den Kühlschrank geräumt, wo er eine ungeöffnete Packung Milch und eine Flasche Bitburger fand. Die Wohnung entsprach jeglichem Klischee von Junggesellenwohnungen: Keine grüne Pflanze, kein Schnickschnack, ein einziges Gemälde im Wohnzimmer (ein modernes Acrylbild, dessen Gegenstandslosigkeit die Spröde des Raumes betonte), im Schlafzimmer stammte die Bettwäsche aus zwei verschiedenen Garnituren (Kopfkissen schwarz-weià gestreift, Federbett verwaschenes Blau), die weiÃen Gardinen überall gelblich. Die Wohnung war geräumig, ein Teil davon war zu einer Praxis umgestaltet worden. Man musste über eine Diele die zwei Räume der Praxis hinter sich lassen, um in die
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