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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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spät am Abend kam telefonisch eine kurze Meldung über den Unfall herein. In der hieß es nur, der Wagen, ein Mercedes, sei als Ihrer identifiziert worden. Man nahm an, Sie seien die Fahrerin, und es sei Alkohol im Spiel gewesen. Zufällig saß ich noch spät in der Redaktion, um einen anderen Artikel fertig zu machen. Da kam der Nachtredakteur mit dem Seitenabzug herein. Er sagte, ich solle den Bericht einfügen, wenn ich sicher sei, daß Sie die Fahrerin waren. Doch wir waren kurz vor dem Andruck, und ich fürchtete, die entsprechende Bestätigung nicht mehr zu bekommen. Dann wurde mir aus heiterem Himmel ein Anruf durchgestellt. Es war eine Frau. Sie sagte, sie sei mit Ihnen befreundet und rufe aus einem Krankenhaus in Virginia an. Sie wolle nur mitteilen, daß Sie bei dem Unfall nur leicht verletzt worden seien. Sie meinte, wir sollten das wissen, da einige Ihrer Kollegen hier bei uns noch mit dem Fall Steiner beschäftigt seien. Sie wolle nicht, daß wir von anderer Seite von dem Unfall hören und dann Dinge drucken, die Ihre Kollegen in Aufregung versetzen, wenn sie die Zeitung lesen.«
    »Und Sie haben die Aussage einer Unbekannten für bare Münze genommen und die Geschichte so gebracht?«
    »Sie hat mir ihren Namen gegeben und ihre Telefonnummer, und beides stimmte. Und wenn sie Sie nicht gekannt hätte, wie hätte sie dann von dem Unfall wissen können und daß Sie an dem Fall Steiner arbeiten?«
    Das alles hätte sie sehr wohl wissen können, wenn es sich um Denesa Steiner gehandelt hatte, die von einer Telefonzelle in Virginia aus anrief, kurz nach dem Versuch, mich umzubringen.
    »Wie haben Sie ihren Anruf überprüft?«
    »Ich habe sofort zurückgerufen. Sie hat sich gemeldet. Es war eine Vorwahl aus Virginia.«
    »Haben Sie die Nummer noch?«
    »Ja, doch ich glaube, schon. Sie müßte auf meinem Notizblock stehen.«
    »Könnten Sie mal nachsehen?«
    Ich hörte sie blättern und herumwühlen. Es dauerte einige Zeit, dann sagte sie mir die Nummer durch.
    »Vielen Dank. Ich hoffe, Sie haben eine Richtigstellung gebracht«, sagte ich. Die junge Journalistin war spürbar eingeschüchtert. Eigentlich tat sie mir leid, und ich glaubte nicht, daß sie die Absicht gehabt hatte, mir zu schaden. Sie war einfach jung und unerfahren und sicher nicht in der Lage, mit einer Psychopathin mitzuhalten, die es auf mich abgesehen hatte.
    »Wir haben am nächsten Tag eine Richtigstellung gedruckt. Ich kann Ihnen eine Kopie schicken.«
    »Das ist nicht nötig«, sagte ich, und plötzlich fielen mir wieder die Reporter ein, die bei der Exhumierung aufgetaucht waren. Ich wußte, wer ihnen den Tip gegeben hatte: Mrs. Steiner. Sie konnte einfach nicht widerstehen, wenn sie die Möglichkeit witterte, Aufmerksamkeit zu erregen.
    Bei der Nummer, die ich von der Reporterin hatte, hob lange niemand ab. Schließlich meldete sich ein Mann.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich.
    »Hallo?«
    »Ja, ich möchte wissen, wo sich dieses Telefon befindet.«
    »Welches Telefon? Ihres oder meines?« Der Mann lachte. »Wenn Sie nämlich nicht wissen, wo sich Ihres befindet, stecken Sie in Schwierigkeiten.«
    »Ihres.«
    »Ich stehe hier an einem Münztelefon vor dem Safeway-Supermarkt und wollte gerade meine Frau anrufen und fragen, was für ein Eis ich mitbringen soll. Sie hatte vergessen, es mir zu sagen. Da klingelte das Telefon, und ich nahm ab.«
    »Welcher Safeway?« fragte ich. »Und wo?«
    »An der Cary Street.«
    »In Richmond?« Mir fuhr ein Schreck in die Glieder.
    »Ja. Von wo rufen Sie an?«
    Ich bedankte mich, hängte ein und lief im Zimmer auf und ab. Sie war in Richmond gewesen. Warum? Um zu erkunden, wo ich wohnte? War sie vielleicht sogar an meinem Haus vorbeigefahren?
    Ich schaute in den hellen Nachmittag hinaus. Der klare blaue Himmel und die bunten Farben der Blätter schienen ausdrücken zu wollen, daß böse Dinge wie diese gar nicht passieren können. In Wirklichkeit gab es gar keine dunklen Kräfte, die in der Welt am Werk waren, und die schreckliche Wahrheit, auf die ich gestoßen war, war nur ein Hirngespinst. Doch immer befielen mich dieselben Zweifel, wenn das Wetter so traumhaft war, wenn Schnee fiel oder die Stadt weihnachtlich beleuchtet und von Musik erfüllt war. Ich würde weiterhin Morgen für Morgen ins Leichenschauhaus gehen, wo neue Fälle auf mich warteten, Vergewaltigte und Erschossene, Opfer von Unfällen, die aus reiner Unachtsamkeit entstanden.
    Bevor ich das Zimmer räumte, rief ich im FBI-Labor an.

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