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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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allen Gängen stehen Verkaufsautomaten.« Er zeigte nach draußen. »Und keine Meile entfernt gibt es einen Mr. Zip.«
    »Unser Wagen ist gerade wieder weg.« Marino starrte ihn wütend an. »Und? Meinen Sie, ich marschiere um diese Zeit eine Meile zu einer Klitsche, die sich Mr. Zip nennt?«
    Dem Jungen gefror das Lächeln auf den Lippen. In seinen Augen flackerte die Furcht auf wie kleine Kerzen, als er Wesley und mich hilfeheischend ansah. Doch wir waren zu kaputt, um ihm noch eine große Hilfe zu sein. Als Wesley dann noch seine blutige Hand mit der Strumpfhosenbandage auf den Counter legte, stand im Gesicht des Burschen nur noch der reine Horror.
    »Sir! Brauchen Sie einen Doktor?« Seine Stimme stieg um eine Oktave und überschlug sich.
    »Nein, nur meinen Zimmerschlüssel«, gab Wesley zurück. Der Junge drehte sich um und nahm nervös drei nebeneinander hängende Schlüssel von den Haken. Zwei fielen ihm dabei auf den Teppich, und als er sich bückte, um sie aufzuheben, ließ er einen noch einmal fallen. Schließlich reichte er sie uns. Die Zimmernummern waren in so riesigen Ziffern in die medaillonförmigen Plastikanhänger geprägt, daß man sie auf zwanzig Schritt Entfernung hätte lesen können.
    »Habt ihr in dieser Klitsche schon mal was von Sicherheitsmaßnahmen gehört?« fragte Marino in einem Ton, als hasse er den Jungen seit seiner Geburt. »Sie sollten die Zimmernummern auf ein Blatt Papier schreiben und es dem Gast so diskret in die Hand drücken, daß kein Schmarotzer mitkriegen kann, wo er seine Frau und seine Rolex unterbringt. Für den Fall, daß Sie keine Nachrichten mitbekommen: Vor ein paar Wochen erst hat es hier ganz in der Nähe einen Mord gegeben.«
    Der Rezeptionist sah Marino in sprachloser Verwirrung an. Er hielt ihm die Schlüssel nun wie ein belastendes Beweisstück hin.
    »Kein Minibarschlüssel? Das bedeutet wohl, daß wir auch den Drink im Zimmer zu dieser Stunde vergessen können, oder?« Marinos Stimme schwoll noch mehr an. »Schon gut. Ich will keine schlechten Nachrichten mehr hören.«
    Ein Gehweg führte zum Mittelteil des kleinen Motels. Hinter dünnen Vorhängen und verspiegelten Fenstern flackerte es blau von TV-Bildschirmen, und Schatten bewegten sich hin und her. Die abwechselnd roten und grünen Türen erinnerten mich an die Plastikhotels und -häuser bei Monopoly. Wir stiegen zum ersten Stock hinauf und fanden unsere Zimmer. Meines war ordentlich hergerichtet und gemütlich. Der Fernseher war in die Wand gedübelt, Wassergläser und Eiskübel hygienisch in Plastik verpackt. Marino begab sich ohne Gutenachtgruß zu seinem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Zum Teufel, welche Laus ist denn dem über die Leber gelaufen?« fragte Wesley und folgte mir in mein Zimmer.
    Ich wollte mich nicht über Marino unterhalten, zog einen Stuhl an eines der Doppelbetten und sagte: »Bevor ich irgend etwas tue, müssen wir erst einmal Ihre Wunden reinigen.«
    »Nicht ohne ein Schmerzmittel.«
    Wesley ging hinaus auf den Flur, füllte den Eiskübel und zog eine kleine Flasche Scotch aus seiner Reisetasche. Er goß uns zwei Gläser ein, während ich ein Handtuch auf dem Bett ausbreitete und Pinzette, Betadine-Päckchen und 5-0-Nylonfäden darauflegte.
    »Das wird jetzt weh tun, nicht?« Er sah mich an und nahm einen kräftigen Schluck Scotch.
    Ich setzte meine Brille auf und antwortete: »Es wird höllisch weh tun. Kommen Sie.« Ich ging ins Badezimmer. Ein paar Minuten lang standen wir nebeneinander am Waschbecken, während ich ihm die Wunden mit warmem Seifenwasser auswusch. Ich war so vorsichtig wie möglich, und er beklagte sich nicht. Aber ich konnte die feinen Muskeln in seiner Hand zucken spüren. Als ich im Spiegel einen Blick in sein blasses Gesicht warf, sah ich, wie er schwitzte. Seine Handfläche wies fünf klaffende Schnitte auf. »Sie können nur froh sein, daß Sie nicht die Speichenschlagader getroffen haben«, sagte ich.
    »Ich kann Ihnen nicht sagen, wie froh ich bin.« Ich sah mir sein Knie an und sagte: »Setzen Sie sich hier hin.« Ich klappte den Toilettendeckel herunter. »Soll ich meine Hosen ausziehen?«
    »Entweder das, oder wir schneiden sie ab.« Er setzte sich. »Ruiniert sind sie ohnehin.«
    Mit einem Skalpell schnitt ich den feinen Wollstoff des linken Hosenbeins auf. Wesley saß ganz ruhig mit weit ausgestrecktem Bein da. Der Schnitt an seinem Knie war tief. Ich rasierte die Haare rundherum ab und reinigte die Wunde gründlich. Um das

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