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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hatte.
    »Marino«, sagte ich ruhig. »Bitte passen Sie auf sich auf.«
    »Kommen Sie mir bloß nicht schon wieder damit, daß ich mich falsch ernähre.«
    »Das macht mir die geringsten Sorgen«, sagte ich.

8
    Der Friedhof hinter der Third Presbyterian Church war ein hügeliges Gelände mit Grabsteinen aus poliertem Granit, umgeben von einem Maschendrahtzaun und einer dichten Reihe von Bäumen.
    Als ich ankam, war es Viertel nach sechs. Die Morgendämmerung kroch gerade über den Horizont, und es war so kalt, daß ich meinen Atem sehen konnte. Spinnennetze hingen schimmernd über dem feuchten Gras. Marino und ich waren auf dem Weg zu Emily Steiners Grab. Die Grabstätte befand sich in einer Ecke am Rand des Friedhofs, ganz in der Nähe der Bäume. Kornblumen mischten sich hier hübsch mit Klee und wilden Möhren. Emilys Stein war ein kleiner Marmorengel, und um ihn zu finden, brauchten wir nur dem scharrenden Geräusch von Schaufeln in Erde zu folgen. Neben dem Grab stand mit laufendem Motor ein Lastwagen mit Winde, seine Scheinwerfer beleuchteten zwei hagere alte Männer in Overalls bei der Arbeit. Die Schaufelblätter glänzten im Licht, das Gras in der Nähe war strohig und blaß, und ich roch die feuchte Erde, die am Fußende des Grabes aufgehäuft wurde. Marino knipste seine Taschenlampe an. Der Grabsteinengel stand traurig im Dämmerlicht, die Flügel nach hinten geschlagen, den Kopf im Gebet geneigt. Die Inschrift am Sockel lautete:
    Niemanden sonst gibt es auf der Welt mein war die einzige.
    »O je. Haben Sie eine Ahnung, was das bedeuten soll?« fragte Marino nah an meinem Ohr.
    »Vielleicht können wir den da fragen«, gab ich zurück. Ein riesiger Mann mit dichtem weißem Haar kam auf uns zu. Sein langer dunkler Mantel flatterte beim Gehen um die Knöchel, was aus der Entfernung fast ein wenig unheimlich aussah, so als schwebe er ein paar Zentimeter über dem Boden. Als er schließlich vor uns stand, registrierte ich einen Black-Watch-Schal um seinen Hals, schwarze Lederhandschuhe an den gewaltigen Händen und Gummiüberschuhe an den Füßen. Er war an die zwei Meter zehn groß und hatte einen Brustkorb vom Umfang einer Tonne.
    »Mein Name ist Lucias Ray«, sagte er und schüttelte uns zur Begrüßung enthusiastisch die Hände.
    »Wir fragten uns gerade, was die Grabinschrift wohl zu bedeuten hat«, sagte ich.
    »Mrs. Steiner hat ihr kleines Mädchen eben sehr geliebt. Es ist ein Jammer«, sagte der Beerdigungsunternehmer in einer schweren, gedehnten Sprechweise, die sich eher nach Georgia anhörte als nach North Carolina. »Wir haben ein ganzes Buch voller Sprüche, das man durchsehen kann, wenn man eine Inschrift sucht.«
    »Dann hat Emilys Mutter ihn aus Ihrem Buch?« fragte ich.
    »Um die Wahrheit zu sagen, nein. Ich glaube, sie sagte, er sei von Emily Dickinson.«
    Die Totengräber hatten ihre Schaufeln zur Seite gelegt. Es war jetzt hell genug, daß ich ihre Gesichter erkennen konnte, schweißnaß und zerfurcht wie ein Acker. Klirrend rollte die schwere Kette von der Winde ab. Dann stieg einer der Männer ins Grab. Er befestigte die Kette an Haken in der Grabkammer aus Beton, in die man Emilys Sarg eingelassen hatte, während Ray uns erzählte, daß zu der Beerdigung mehr Menschen gekommen seien als je zuvor zu einer Beisetzung in dieser Gegend.
    »Sie standen vor der Kirche, auf dem Rasen, und es dauerte fast zwei Stunden, bis alle am Sarg vorbeigezogen waren und der Toten die letzte Ehre erwiesen hatten.«
    »War der Sarg denn offen?« fragte Marino völlig überrascht. »Nein, Sir.« Ray blickte zu seinen Männern.
    »Mrs. Steiner wollte es zwar, aber ich habe ihr davon abgeraten. Ich sagte ihr, sie sei jetzt zu aufgewühlt, um eine solche Entscheidung zu treffen, und sie werde es mir später danken, daß ich ihr abgeraten hätte. Ihr kleines Mädchen war nämlich nicht in dem Zustand, der so etwas zugelassen hätte. Ich wußte, eine Menge Leute würden nur herkommen, um das ermordete Kind anzustarren. Aber auch bei geschlossenem Sarg gab es natürlich viele Gaffer, nachdem die Nachrichten soviel darüber gebracht hatten.«
    Der Dieselmotor des Lkw dröhnte los, und die Winde kreischte, als die Grabkammer langsam aus dem Boden gehievt wurde. Mit jeder Kurbeldrehung ruckte sie höher ins Freie. Erdbrocken rieselten an den Seiten hinab. Einer der Männer stand da wie ein Lotse auf der Rollbahn und dirigierte mit den Händen.
    Fast im selben Moment, in dem die Kammer ganz aus der Grube

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