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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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und ich das hier hinter uns bringen können«, sagte Dr. Jenrette in traurig-sanftem Ton. »Ich rufe Sie an, wenn wir fertig sind.«
    »Dr. Scarpetta«, - Ray fixierte mich - »ich muß schon sagen, seit die Feds in der Stadt sind, scheinen alle Leute ein bißchen weniger freundlich zu sein.«
    »Es handelt sich hier um Ermittlungen in einem Mordfall, Mr. Ray«, sagte ich. »Am besten wäre es vielleicht, die Dinge nicht persönlich zu nehmen, denn das ist gewiß nicht beabsichtigt.«
    »Komm, Billy Joe«, sagte der Direktor des Beerdigungsinstituts zu dem Mann mit dem Filzhut. »Gehen wir etwas essen.«
    Sie gingen hinaus, und Dr. Jenrette schloß die Tür ab. »Es tut mir leid«, sagte er und streifte sich Handschuhe über. »Lucias ist manchmal etwas anmaßend, aber er ist ein wirklich netter Mensch.«
    Fast rechnete ich damit, daß Emily nicht ordnungsgemäß einbalsamiert worden war oder die Ausstattung nicht dem entsprach, was die Mutter bezahlt hatte, doch als Jenrette und ich den Sargdeckel anhoben, sah ich auf den ersten Blick nichts, was nicht in Ordnung war. Das weiße Satinfutter war über dem Körper zusammengeschlagen, darauf lag ein Päckchen in weißem Seidenpapier mit einer rosa Schleife. Ich machte die ersten Aufnahmen.
    »Hat Ray das erwähnt?« Ich reichte Jenrette das Päckchen.
    »Nein.« Er sah es verblüfft an und drehte es nach allen Seiten.
    Als ich das Futter auseinanderschlug, strömte mir der starke Geruch der Balsamierungsflüssigkeit entgegen. Emily Steiner war gut erhalten. Sie trug ein langärmeliges, hochgeschlossenes Kleid aus blaßblauem Cordsamt, in ihr Haar waren Bänder aus demselben Material eingeflochten. Ein weißlicher Flaum, typisch für kürzlich Bestattete, bedeckte ihr Gesicht wie eine Maske und breitete sich auch schon auf ihren Handrücken aus. Die Hände lagen in Taillenhöhe fest um ein weißes Neues Testament gepreßt. Sie trug weiße Kniestrümpfe und schwarze Lackschuhe. Nichts von dem, was sie anhatte, schien neu zu sein. Ich machte weitere Aufnahmen.
    Dann hoben Jenrette und ich sie aus dem Sarg und legten sie auf den Tisch aus rostfreiem Stahl, wo wir sie auszogen. Unter dem niedlichen Kleinmädchenkleid traf den Betrachter das schreckliche Geheimnis ihres Todes um so heftiger. Menschen, die in Würde sterben, haben keine solchen Wunden. Jeder aufrichtige Pathologe wird zugeben, daß die künstlichen Veränderungen, die nach einer Autopsie entstehen, etwas Scheußliches sind. Die Chirurgie kennt keine Eingriffe am lebenden Patienten wie den Y-förmigen Schnitt, der genauso aussieht, wie er heißt. Das Skalpell wird von beiden Schlüsselbeinen zum Brustbein geführt und dann, unter Umgehung des Nabels, senkrecht den Bauc h entlang zum Schambein. Der Schnitt am Hinterkopf von einem Ohr zum anderen und das anschließende Aufsägen der Hirnschale sind genausowenig ein Vergnügen. Da Wunden bei einem Toten natürlich nicht mehr heilen können, müssen sie mit hochgeschlossenen Spitzenkragen und entsprechenden Frisuren verdeckt werden. Mit dem dicken Make Up des Leichenbestatters und der breiten Naht in der ganzen Länge ihres schmalen Körpers sah Emily aus wie eine traurige Stoffpuppe, die, ihrer Rüschenkleider beraubt, von ihrer herzlosen Besitzerin einfach in einer Ecke vergessen worden war.
    Laut trommelte das Wasser in das Edelstahlbecken, als Dr. Jenrette und ich den Hautbelag, das Make Up und die fleischfarbene Füllmasse abwuschen, die die Schußwunde an ihrem Hinterkopf abgedeckt hatte. Außerdem reinigten wir die Stellen an den Schenkeln, dem oberen Teil der Brust und den Schultern, an denen vom Mörder Hautteile herausgeschnitten worden waren. Wir entfernten die Augenkappen unter den Lidern und zogen Nähte. Aus der Brusthöhle stiegen scharfe Dämpfe auf, die unsere Augen tränen ließen, und unsere Nasen begannen zu laufen. Dann wurden die Organe, die dick mit Balsamierungspuder eingestäubt waren, herausgenommen und abgewaschen. Bei der Untersuchung des Halses fand ich nichts, was nicht schon mein Kollege festgehalten hatte. Dann schob ich einen dünnen Meißel zwischen die Backenzähne, um den Mund zu öffnen.
    »Er läßt sich nicht bewegen«, sagte ich frustriert. »Wir müssen die Kaumuskeln durchtrennen. Ich möchte mir die Zunge in ihrer anatomischen Position ansehen, bevor wir durch die Rachenhöhle zu ihr vordringen. Aber vielleicht gelingt uns das gar nicht.«
    Dr. Jenrette setzte eine neue Klinge an seinem Skalpell ein. »Wonach suchen wir

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