Body Farm
einem Papiertaschentuch und tupfte sich die Augen ab. »Ich habe sie eines Morgens vor der Tür gefunden. Das war, direkt nachdem Emily. Ich habe einfach angenommen, daß das arme kleine Ding an gebrochenem Herzen gestorben ist.« Sie hielt sich das Taschentuch vor den Mund und schluchzte.
»Ich hole Ihnen etwas zu trinken.« Marino stand auf und ging hinaus.
Die offensichtliche Vertrautheit Marinos mit dem Haus und seiner Besitzerin kam mir äußerst ungewöhnlich vor, und mein Unbehagen wuchs.
»Mrs. Steiner«, sagte ich vorsichtig und beugte mich vor. »Emilys Kätzchen ist nicht an gebrochenem Herzen gestorben. Jemand hat ihm den Hals umgedreht.«
Sie ließ die Hände sinken und holte tief und unter Schluchzen Luft. Mit weit aufgerissenen, rot geränderten Augen sah sie mich an. »Was soll das heißen?«
»Die Katze ist eines gewaltsamen Todes gestorben.«
»Ja, dann ist sie wohl von einem Auto überfahren worden. Es ist so traurig. Ich habe Emily gesagt, daß ich so etwas befürchtete.«
»Sie ist nicht überfahren worden.«
»Nehmen Sie an, es war einer der Hunde aus der Nachbarschaft?«
»Nein«, sagte ich. Marino kam mit etwas an, das wie ein Glas Weißwein aussah. »Das Kätzchen ist von einem Menschen umgebracht worden. Vorsätzlich.«
»Woher wissen Sie das denn?« Sie sah mich erschrocken an. Ihre Hände zitterten, als sie nach dem Weißwein griff und ihn auf den Tisch neben ihrem Sessel stellte.
»Es gibt eindeutige anatomische Hinweise darauf, daß der Katze der Hals umgedreht wurde«, erklärte ich in sehr ruhigem Ton weiter. »Ich weiß, wie schrecklich es für Sie ist, solche Dinge hören zu müssen, Mrs. Steiner. Aber es ist unbedingt notwendig, daß Sie die Wahrheit kennen, wenn Sie uns bei der Suche nach dem Täter helfen wollen. «
»Haben Sie eine Idee, wer der Katze Ihres kleinen Mädchens so etwas antun konnte?« Marino rutschte in seinem Sitz nach hinten und stützte die Unterarme auf die Knie, als wolle er ihr zeigen, daß sie sich sicher fühlen und auf ihn verlassen konnte.
Wortlos rang Mrs. Steiner um Fassung. Sie griff nach dem Weinglas und trank hastig ein paar Schlucke. »Ich weiß nur, daß ich ein paar Anrufe bekommen habe.« Sie holte tief Luft. »Sehen Sie her, meine Fingernägel sind ganz blau. Ich bin nur noch ein Wrack.« Sie streckte eine Hand aus, um zu zeigen, wie stark sie zitterte. »Ich kann nicht zur Ruhe kommen. Ich kann nicht mehr schlafen. Ich weiß nicht, was ich tun soll.« Sie brach wieder in Tränen aus.
»Es ist schon gut, Denesa«, sagte Marino mit warmer Stimme. »Lassen Sie sich nur Zeit. Wir haben es nicht eilig. Erzählen Sie mir von den Anrufen.«
Sie wischte sich über die Augen und fuhr fort. »Meistens waren es Männer, eine Frau war aber wohl auch dabei. Sie sagte, wenn ich ein Auge auf meine Kleine gehabt hätte, wie eine gute Mutter, dann wäre das nicht. Eine der Stimmen klang jung, wie von einem Jungen, der mir einen Streich spielen wollte. Er sagte etwas. was war das noch? Er habe Emily auf dem Fahrrad gesehen. Das war, nachdem. Also konnte sie es gar nicht gewesen sein. Doch der andere, der war älter. Er sagte, er sei noch nicht fertig.« Sie trank einen Schluck.
»Er sei noch nicht fertig?« fragte ich. »Hat er sonst noch etwas gesagt?«
»Ich erinnere mich nicht.« Sie schloß die Augen.
»Wann war das?« fragte Marino.
»Gleich nachdem man sie gefunden hatte. Am See.« Sie griff erneut nach dem Weinglas und stieß es um.
»Ich kümmere mich darum.« Marino stand abrupt auf. »Ich brauche eine Zigarette.«
»Wissen Sie, was er damit meinte?« fragte ich sie.
»Er bezog sich auf das, was passiert war. Und auf den Täter. Ich hatte das Gefühl, er wollte damit sagen, daß es mit den furchtbaren Dingen noch nicht vorbei sei. Und tags darauf, glaube ich, fand ich Socks.«
»Captain«, wandte sie sich an Marino, »könnten Sie mir wohl einen Toast mit Erdnußbutter oder Käse machen? Ich spüre, wie mein Blutzuckerspiegel sinkt.« Das Glas und die Weinlache auf dem Tisch neben sich schien sie vergessen zu haben.
Er ging wieder hinaus.
»Hat der Mann überhaupt etwas gesagt, als er in Ihr Haus eingebrochen war und Ihre Tochter entführen wollte?« fragte ich.
»Er sagte, er würde mich umbringen, wenn ich nicht genau täte, was er sagte.«
»Seine Stimme haben Sie also gehört.« Sie nickte und schaukelte in ihrem Sessel, ohne den Blick von mir zu wenden.
»Klang sie so wie die Stimme am Telefon, von der Sie gerade
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