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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Zahnstocherlutscher verkaufte und für Emily Wildblumen pflückte, der in ihrer Schule die Böden putzte und den Müll wegräumte, und ich fragte mich, ob es überhaupt klug war, was ich hier tat.
    Ursprünglich hatte ich vor allem sehen wollen, wie die Lage von Creed Lindseys Haus zur Presbyterianerkirche und zum Lake Tomahawk war. Nun wußte ich das, und andere Fragen tauchten auf. Ich konnte nicht einfach von einem angeblich unbewohnten Haus wegfahren, in dem ein Feuer im Herd brannte. Mir gingen immer wieder Motes Worte durch den Kopf. Und dann waren da noch die Fireballs, die ich gefunden hatte. Sie waren eigentlich der Hauptgrund, warum ich mit diesem Creed reden mußte. Ich klopfte lange an die Tür und hatte den Eindruck, daß sich drinnen jemand bewegte, außerdem fühlte ich mich beobachtet. Doch keiner ließ mich herein oder antwortete auf mein Rufen. Das Fenster links war verschmutzt und ohne Drahtgitter. Hinter der Scheibe sah ich ein Stück dunklen Holzfußboden und eine kleine Tischlampe, die die Beine eines Holzstuhls beleuchtete.
    Zwar mußte eine eingeschaltete Lampe nicht bedeuten, daß auch jemand daheim war, doch ich roch den Rauch von verbrennendem Holz, und der hohe Stapel Anzündholz sah so aus, als wäre er frisch gespalten. Als ich noch einmal klopfte, hatte ich das Gefühl, daß die Holztür schon nach einem leichten Stoß nachgeben würde.
    »Hallo!« rief ich. »Ist jemand zu Hause?«
    Die einzige Antwort war das Rauschen der Bäume im Wind. Hier im Schatten war die Luft kühl, und es roch schwach nach Schimmel und Fäulnis. Die Hütte mit ihrem rostenden Dach und der verbogenen Fernsehantenne setzte sich offenbar aus einem oder zwei Räumen zusammen und stand mitten in einem schäbigen Wäldchen. Teils gnädig von Laub bedeckt, schien sich hier der Abfall vieler Jahre angesammelt zu haben, hauptsächlich verrottendes Papier, Milchbehälter aus Plastik und Colaflaschen, die schon so lange dort herumlagen, daß die Etiketten ausgebleicht waren.
    Aus der letzten Beobachtung folgerte ich, daß der Besitzer dieses Anwesens seine ungehörige Angewohnheit, den Abfall einfach aus der Tür zu werfen, aufgegeben hatte, denn frischen Müll entdeckte ich nicht. Plötzlich spürte ich, daß jemand hinter mir war und mich beobachtete. Der auf mich gerichtete Blick war so intensiv, daß sich mir die Haare auf den Armen aufstellten, als ich mich langsam umdrehte.
    Nicht weit von meiner hinteren Stoßstange entfernt, stand da ein Mädchen auf der Straße, völlig reglos, und starrte mich an wie ein Tier, das in der heraufziehenden Dämmerung aus dem Wald tritt. Das braune Haar hing ihr strähnig in das schmale, blasse Gesicht, und sie schielte ein bißchen. Ihre Glieder waren lang und schlaksig, und ich spürte, daß sie sich sofort davonmachen würde, wenn ich auch nur die kleinste Bewegung machte oder einen Laut von mir gab. Die ganze Zeit starrte sie mich weiter an, und ich erwiderte ihren Blick, als akzeptiere ich die Notwendigkeit dieser seltsamen Begegnung. Als sie ihre Haltung ein wenig veränderte, wieder Luft zu holen und zu blinzeln schien, wagte ich, sie anzusprechen.
    »Könntest du mir wohl helfen?« sagte ich freundlich und ohne Scheu.
    Sie schob die bloßen Hände in die Taschen eines dunklen Wollmantels, der ihr um einiges zu klein war. Darunter trug sie eine zerknitterte Popelinehose, die sie an den Knöcheln aufgerollt hatte, und braune, abgetragene Lederschuhe. Ich schätzte sie auf etwas über zehn, aber genau ließ sich das nicht sagen.
    »Ich bin nicht von hier«, versuchte ich es noch einmal, »und es ist sehr wichtig, daß ich Creed Lindsey finde. Das ist der Mann, der in dem Haus hier wohnt, zumindest glaube ich das. Kannst du mir helfen?«
    »Was willste denn von ihm?« Sie hatte eine helle Stimme, deren Klang mich an ein Banjo erinnerte. Es würde nicht leicht werden, auch nur ein Wort von dem, was sie sagte, zu verstehen.
    »Ich brauche seine Hilfe«, sagte ich ganz langsam. Sie kam ein paar Schritte näher, behielt mich dabei aber immer im Blick. Ihre Augenfarbe war blaßblau, was mit dem Silberblick irgendwie an eine Siamkatze erinnerte.
    »Ich weiß, er glaubt, die Leute suchen ihn«, fuhr ich so ruhig wie möglich fort. »Aber zu denen gehöre ich nicht. Überhaupt nicht. Ich bin nicht hier, um ihm irgendwelchen Ärger zu machen.«
    »Wie heißte denn?«
    »Mein Name ist Dr. Kay Scarpetta«, antwortete ich. Sie starrte mich noch intensiver an, so als hätte ich ihr gerade

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