Bodycheck (German Edition)
finde, du solltest heute nicht mehr Auto fahren. Bleib lieber bei mir.»
«Klar, du hast ja das Gästezimmer.»
«Ich dachte eher nicht an das Gästezimmer …»
«Dann aber nix wie los. Die Rechnung bitte!», rief Dennis laut. Und leise zu Manfred gewandt: «Hast du ein Würstchen dabei?» Dennis lachte brüllend. Er war hackevoll.
Sie torkelten zurück, Manfred stützte Dennis, der kaum noch gehen konnte. Die wenigen Passanten schauten betreten vorbei oder wechselten sogar die Straßenseite. Dennis fragte lallend nach Würsten. Manfred machte die sanfte Kühle der Sommernacht etwas klarer im Kopf. Er wusste, was er jetzt noch wollte. Dennis kicherte blöd und klammerte sich Hilfe suchend an ihn.
17
In der Nacht zum Freitag tat Toralf kaum ein Auge zu. In den Phasen leichten Schlafs träumte er, wie er Birthe beim Pflücken der Eierpflaumen half. Sie füllte viele Stiegen, und Toralf trug jede Stiege einzeln zum Haus ihrer Eltern, um sie dort zu stapeln. Die Stiegen waren unendlich schwer, und er kam nur langsam voran. Plötzlich stand nicht mehr Birthe, sondern Regine in den Pflaumenbäumen. Regine schimpfte auf die Bäume und hielt ihm ihre rissigen Hände unter die Nase. Sie verströmten einen metallischen Geruch. Am Wochenende fahre ich wieder nach Wiesbaden, klagte sie.
Gegen vier Uhr stand er auf, draußen war es noch dunkel. Beim Anziehen fiel sein Blick wieder auf das blaue Kapuzenshirt. Ordentlich zusammengefaltet lag es an seinem Platz, wie frisch gewaschen und gebügelt. Man sah dem Shirt nicht an, dass er eine Nacht darin geschlafen hatte. Kurzerhand zog er es über und fühlte sich sofort besser. Er behielt das Shirt an und fuhr zur Firma. Das Tor war verschlossen. Der Chef und seine Frau lagen sicher noch im Bett. Er klingelte Sturm. Verschlafen öffnete der Chef, brummelte etwas von Frühstück und verschwand wieder. Voller Tatendrang belud Toralf schon mal den Lkw mit Material.
Der Chef nahm ihm sein frühes Auftauchen nicht übel. Sie hatten einen Neubau zwischen Demmin und Greifswald, das lag weit entfernt. War das Objekt erst einmal vollständig eingedeckt, würde für den Bauherrn die nächste Rate fällig. Der Chef lockte mit einem freien Montag, wenn diesen Freitag alles fertig würde. Das kam billiger, als Montag ein weiteres Mal den weiten Weg über Landstraßen zu fahren.
Toralf setzte sich hinter das Steuer des Lkws, und es ging los. Unterwegs stieg noch der zweite Geselle zu. Der Chef klönte eine Weile mit ihm, dann wandte er sich Toralf zu: «Du bist heute so schweigsam?! Es geht mich ja nichts an, aber ist alles in Ordnung mit dir?»
«Mir fehlt nix», mauerte Toralf.
Der Chef bohrte weiter. «Irgendwas mit deiner Alten?»
«Nein, was soll sein, ich hab keine Alte mehr.»
«Oh, alles klar …» Der Chef ließ ihn von nun an in Ruhe.
Es war schon beinahe neun Uhr, als sie endlich an der Baustelle ankamen. Toralf legte sofort los und schien wie besessen. Die drei arbeiteten schweigend nebeneinanderher. In der Mittagspause setzte sich der Chef mit dem anderen Gesellen in den Lkw. Toralf lehnte sich an eine fertige Dachgaube und packte die mitgebrachten Butterbrote aus. Die hatte seine Mutter gestern Abend vorsorglich geschmiert. Ach, es hatte doch was, noch zu Hause zu wohnen. Voller Appetit biss er in ein Schinkenbrot. Wie immer hatte sie den Schinken in Streifen geschnitten, damit er beim Abbeißen nicht die ganze Scheibe vom Brot zog. Toralf blinzelte in die Sonne. Saubere weiße Schäfchenwolken zogen vorbei. Die ganze Welt schien gut drauf zu sein. Er lehnte sich zurück und machte es sich, so gut es eben ging, gemütlich. Er stellte sich vor, wie Manfred mit seinem Lkw umherfuhr und Baustellen wie diese belieferte. Verschämt strich Toralf über das fremde Kapuzenshirt. Ach ja, Manfred …
Für eine Sekunde blitzte etwas wie Eifersucht auf. Ob der manchmal was mit Kunden am Laufen hat? Quatsch, dachte Toralf, wann hab ich schon mal jemanden auf einer Baustelle gesehen, den ich anziehend fand. Sein Blick schweifte suchend umher. Unten schlurfte ein Maurer über den Hof, dem hing der Bauch wie ein Geschwür über das Koppel. Toralf schüttelte sich innerlich. Andererseits, Ausnahmen mochte es immer geben.
Am späten Nachmittag legten sie noch eine Kaffeepause ein, weil sie weiterarbeiten wollten, bis alles erledigt war. Der Chef fuhr zur nächsten Bäckerei und spendierte eine Runde Butterkuchen. Als sie nach acht Uhr abends wieder in den Lkw stiegen, war Toralf zum
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