Bodycheck (German Edition)
Tankstelle, um Bier zu kaufen. Hier ging es immer recht lebhaft zu, denn die Anschlussstelle der Autobahn war nicht weit. Manfred parkte den Wagen gleich an der Einfahrt und ging zum Shop hinüber. In der Ecke fiel ihm ein kleiner athletischer Kerl an einem Alfa Romeo mit Delmenhorster Kennzeichen auf. Der studierte einen Stadtplan, den er auf dem Wagendach ausgebreitet hatte. Wie er sich bewegte, schien er Manfred einer Sprungfeder ähnlich. Er bemerkte Manfreds Blicke und drehte sich um. Manfred setzte ein Lächeln auf, schaute ihn direkt an und ging weiter.
Wenige Minuten später kehrte Manfred mit zwei Sechserpacks zurück. Die Sprungfeder stand immer noch dort. Am Rückspiegel des Alfa baumelten kleine Boxhandschuhe. Manfred änderte seine Richtung.
«Moin. Kann ich helfen, suchst du was Bestimmtes?»
Die Züge des Typen hellten sich auf.
«Ich suche die Märchenstraße, ziemlich alberner Name.»
Manfred bemühte erneut das Lächeln. «Stimmt, ziemlich albern. Doch heute ist dein Glückstag. Ich kenne die Straße. Fahr mir einfach nach.»
«Macht das nicht zu viele Umstände? Du scheinst ja noch einiges vorzuhaben.» Der Typ deutete auf die beiden Sechserpacks. Manfred ignorierte die Anspielung.
«Wenn es Umstände machen würde, tät ich es nicht. Ich wohne da. Was treibt dich dahin?»
«Wollte mir da eine Wohnung angucken.»
«Fahr immer hinterher. Meine Mühle ist ja nicht zu übersehen.»
Die Sprungfeder faltete den Stadtplan zusammen und schlüpfte ins Auto.
Wenige Minuten später waren sie am Ziel. Manfreds Wagen rollte in die Grundstückseinfahrt. Wie immer dieselte der Motor leicht nach. Vor dem Grundstück parkte der Alfa ein. Der Typ stieg aus und kam mit ausgestreckter Hand auf Manfred zu.
«Nochmals vielen Dank, Kumpel.»
Beim Gehen fielen die federnden Körperbewegungen noch mehr auf. Manfred registrierte schmale Hüften und einen V-förmigen Oberkörper. Das weiße Oberhemd ließ eine gut entwickelte Brust erahnen. Durch den dünnen weißen Stoff schimmerte ein ebenfalls weißes Trägerunterhemd. Der obere Hemdknopf war geöffnet und die Krawatte gelockert. So wie die Sprungfeder den Gartenweg daherkam, hätte Manfred sie vom Fleck weg ins Haus zerren mögen.
«Gern geschehen, ich heiß’ übrigens Manfred.»
«Dennis, angenehm», antwortete der andere und redete ohne Pause weiter: «Sag mal, ist es sehr persönlich, wenn ich dich frage, ob du Handwerker bist? Ich meine, wegen der Büx, die du anhast.»
«Ja …?»
«… meinst du, ich kann dich um einen Gefallen bitten?»
«Und zwar?»
«Ich guck mir hier eine Wohnung an, gleich, mit dem Makler. Ziehe nämlich demnächst nach Hamburg. Die Firma hat mich hergeschickt, ich bin Speditionskaufmann …»
«Hallo?», unterbrach Manfred den Redefluss.
«Ja?»
«Um welche Art Gefallen geht es?»
«Also wie gesagt, ich zieh ja nach Hamburg, und da guck ich mir diese Wohnung an. Ich dachte, wo du gewissermaßen vom Fach bist? Und außerdem sehen vier Augen mehr als zwei.»
«Soll ich mitkommen oder was?»
«Das hab ich doch grad gefragt!»
«Entspann dich, ich komme mit, ich habe sowieso gerade nichts Besseres vor.»
Wenn du nicht so niedlich aussehen tätest, würde ich dich Quasselstrippe zum Teufel jagen, dachte Manfred, mehr amüsiert als genervt.
Die Wohnung befand sich am anderen Ende der Straße. Beide gingen das Stück zu Fuß bis zu einem Mietshaus aus den Sechzigern. Der Makler in blauem Blazer mit Goldknöpfen wartete schon in der Wohnung. Dennis redete unablässig. Manfred kugelte mit den Augen, und der Makler lächelte matt. Er schaute sich um, wusste aber nicht so recht, was er sagen sollte. Die Wohnung war frisch renoviert und so weit in Ordnung. Dennis konnte hier ohne Weiteres sofort einziehen. Manfred staunte nur über den in seinen Augen recht hohen Mietpreis, sagte aber nichts weiter zu diesem Thema. Dem Makler war wichtig, mit wie vielen Personen Dennis einziehen würde und ob Kinder zur Familie gehörten. Die Aussicht auf einen einzelnen Mieter beruhigte den Mann. Beim Hinausgehen schaute Manfred noch auf die Namensschilder. Mit einer Ausnahme las er ausschließlich deutsch klingende Namen.
Langsam gingen sie zu Manfreds Häuschen zurück. Dennis war noch aufgekratzter als vorher. Manfred fragte sich, wie er den Kleinen zu sich ins Haus brächte, da stellte Dennis schon die entscheidende Frage: «Meinst du, ich kann bei dir mal für kleine Königstiger?»
«Königstiger? Na klar, wieso nicht.» Über
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