Bodyfinder - Das Echo der Toten
Violet in die Augen, und plötzlich wurde sie ganz nervös. Sie wünschte verzweifelt, Jay wäre nicht weggegangen. »Ich hab mich gefragt, ob du vielleicht mit mir zum Homecoming gehst«, platzte er schließlich heraus.
Sie stand da und sah ihn an und hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Was sollte sie ihm bloß sagen?
Da klingelte es und sie zuckten beide zusammen.
Dankbar, einen Vorwand zu haben, das Gespräch zu beenden, sagte Violet: »Ich muss … können wir …« Sie zeigte zur Tür des Klassenzimmers und hatte das Gefühl, sich wie ein Idiot aufzuführen. Bekam sie nicht einen zusammenhängenden Satz heraus? Sie räusperte sich. »Können wir nach der Schule darüber reden?«
Grady wirkte erleichtert, für den Augenblick erlöst zu sein. »Ja, klar. Bis dann, nach der Schule.«
Er machte auf dem Absatz kehrt, und Violet schlüpfte in die Klasse in der Hoffnung, dass der Unterricht noch nicht begonnen hatte.
Aber das Glück war nicht auf ihrer Seite. Ihr Mathelehrer vermerkte ihr Zuspätkommen und Violets Gesicht fing an zu glühen.
»Was sollte das denn?«, flüsterte Jay.
Ihr schwirrte immer noch der Kopf. Sie hatte keine Ahnung, was sie Grady nach der Schule sagen sollte. »Ich glaub, Grady hat mich gerade gefragt, ob ich mit ihm zum Homecoming gehe«, sagte sie.
Jay sah sie argwöhnisch an. »Zum Spiel?«
Violet legte den Kopf schräg und gab ihm mit einem Blick zu verstehen, dass seine Frage ja wohl nicht ernst gemeint sein konnte. »Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass er den Ball meinte.«
Jay runzelte die Stirn. »Und was hast du gesagt?«
»Noch nichts. Es hat geklingelt, und wir haben vereinbart, dass wir später darüber reden.«
Der Lehrer schaute zu ihnen, und da Violet sich nicht noch mehr Ärger einhandeln wollte, schlug sie schnell ihr Mathebuch auf. Es fiel ihr schwer, sich auf den Unterricht zu konzentrieren.
Natürlich wollte sie am Ball teilnehmen. Die ganze Zeit hatte sie gehofft, dass Jay sie fragen würde. Sie würde den Abend lieber mit ihm verbringen als mit jedem anderen.Aber jetzt, da Grady sie gefragt hatte, musste sie die Möglichkeit, mit ihm hinzugehen, wenigstens in Betracht ziehen.
Warum auch nicht? Sie war mit Grady fast so lange befreundet wie mit Jay, und wenn es klar war, dass nicht mehr zwischen ihnen sein würde, konnte es lustig werden.
Als die Stunde zu Ende war, stürmte Jay so schnell aus der Klasse, dass Violet kaum mit ihm Schritt halten konnte.
»Wieso hast du es denn so eilig?«
Er wollte etwas erwidern, doch dann schien er es sich anders zu überlegen. »Ich hab’s nicht eilig. Ich will nur nicht, dass ich wegen dir zu spät zur nächsten Stunde komme.«
Violet schüttelte den Kopf, als sie Jay im Getümmel verschwinden sah. Was hatte er denn nun schon wieder? Erst Grady, dann Jay: Jungs waren manchmal ganz schön kompliziert.
Als die Schule aus war, fragte sich Violet, ob Jay wohl mit ihr nach Hause fahren würde. Den ganzen Tag hatte er sie links liegen gelassen. Sogar in der Mittagspause war er ihr aus dem Weg gegangen und hatte sich zu seinen Freunden gesetzt statt zu Chelsea und ihr. Sie erwog, einfach ohne ihn zu fahren, aber das brachte sie nicht übersHerz. Also saß sie fast zwanzig Minuten in ihrem Auto und wartete.
Als sie hörte, wie jemand ans Fenster der Beifahrertür klopfte, schaute sie auf und rechnete damit, Jay zu sehen.
Aber es war nicht Jay. Es war Grady, und auf einmal bereute Violet, dass sie nicht einfach ihrem ersten Impuls nachgegeben hatte und weggefahren war.
Sie kurbelte das Fenster herunter und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Hi«, sagte sie betont fröhlich. »Was gibt’s?«
»Du wartest doch nicht auf Jay, oder?«, fragte Grady.
»Irgendwie schon.« Plötzlich kam sie sich blöd vor, weil sie so lange im Auto gesessen hatte. »Wieso?«
Grady zögerte kurz, bevor er sagte: »Jay ist mit Lissy Adams und ein paar von ihren Freundinnen los.«
Violet hätte nicht verblüffter sein können. Wie betäubt saß sie da. Sie wusste nicht, was schlimmer war – dass Jay gefahren war, ohne ihr zu sagen, weshalb er ihr aus dem Weg ging, oder dass er zu Lissy Adams ins Auto gestiegen war.
Eigentlich spielte es auch keine Rolle, denn plötzlich war sie stocksauer auf ihn.
Schnell schob sie die Hände unter die Beine, damit Grady nicht sah, wie sie zitterten. Sie atmete einmal tief durch, dann verdrehte sie die Augen und sagte: »Wär ja nett gewesen, wenn er mir Bescheid
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